Miteinander reden ist Gold wert

Mitarbeitergespräche | Wer seine Mitarbeiter kennt, kann jeden Einzelnen entsprechend seinesPotenzials einsetzen. Regelmäßige Gespräche bieten dafür eine ausgezeichnete Grundlage.

Miteinander reden ist Gold wert

„Das kommt dem Betrieb zugute“, meint Michael Nonnengäßer. Für den Orthopädietechnikermeister ist dies ein entscheidender Grund, regelmäßig mit seinen Mitarbeitern zu sprechen und sie in Entscheidungsprozesse einzubinden. „Das schweißt nicht nur zusammen, es bringt auch mehr Zufriedenheit für den Einzelnen“, ist er überzeugt.

Seit 2002 führen Michael Nonnengäßer und sein Kompagnon Makram Tebbi im baden-württembergischen Donzdorf ihr eigenes Unternehmen. Von Anfang an haben sie auf eine gute Kommunikation mit ihren Mitarbeitern gesetzt. Dazu zählt am Jahresanfang das Jahresziel-Meeting, in dem Nonnengäßer und Tebbi die grobe Richtung für die anstehenden Monate vorgeben und gemeinsam mit ihren 14 Mitarbeitern Projekte und Ziele festlegen.

Feste Termine einhalten

Darüber hinaus gibt es in der zweiten Woche jedes Monats eine Besprechung mit allen Mitarbeitern. „Dieser Termin ist fest in unserem Outlook-Kalender eingetragen, jeder Mitarbeiter weiß darüber Bescheid“, sagt Nonnengäßer. Damit der Fixtermin effektiv abläuft, werden die Mitarbeiter eine Woche vorher über die Themen informiert und dazu angehalten, sich Verbesserungsvorschläge zu überlegen. „So können wir schnell auf Fehlentwicklungen im Betrieb reagieren, Probleme im Team aus dem Weg räumen und für unsere Kunden innovative Angebote und Lösungen schaffen“, beschreibt Nonnengäßer die durchweg positiven Erfahrungen, die er und Tebbi mit den Besprechungen gemacht haben.

Neben den Monatsbesprechungen führen die beiden Orthopädietechnikermeister mit ihren Mitarbeitern auch Einzelgespräche. Denn deren Persönlichkeitsentwicklung liegt ihnen am Herzen. Nur so lässt sich der Qualitätsstandard halten, den sich Nonnengäßer und Tebbi vorgenommen haben. „Damit jeder weiß, wo er steht und wie er von außen gesehen wird, braucht jeder ein qualifiziertes Feedback“, weiß Michael Nonnengäßer aus eigener Erfahrung. Deshalb geht es bei ihm in den Einzelgesprächen um Leistungseinschätzung, den Umgang mit Kunden, das Verhalten im Team, persönliche Ziele, Fortbildung und natürlich das Gehalt.

Auch diese Gespräche und ihr grober Inhalt werden den Mitarbeitern mindestens eine Woche vorher angekündigt, damit sie sich vorbereiten können. Durch den engen Kontakt mit ihren Mitarbeitern haben die beiden Chefs ein feines Gespür dafür entwickelt, wie sie ihre Mitarbeiter zum größten Nutzen für den Betrieb einsetzen und voranbringen können.

Offen nach Lösungen suchen

Maler- und Lackierermeister Kay Oberger aus Stuttgart schwört ebenfalls auf einen guten Draht zu seinen Mitarbeitern. Auch er lädt sie, seitdem er das Unternehmen 1999 von seinem Vater übernommen hat, jedes Jahr zu einem Eröffnungsplenum ein, in dem es immer um ein bestimmtes Thema geht. In diesem Jahr erarbeiteten er und seine Mitarbeiter unter Anleitung eines externen Experten einen Abnahmebogen, auf dem die Kunden ihre Zufriedenheit mit den Leistungen des Betriebs angeben sollen. Auch Rollenspiele, in denen die Mitarbeiter lernen, auf bestimmte Situationen beim Kundenkontakt richtig zu reagieren, hatte Oberger schon auf seiner Agenda für dieses Treffen. Jeden ersten Montag im Monat findet zudem ein Mitarbeitergespräch statt.

Was zunächst als Monolog des Chefs begann, hat sich inzwischen zu einem regen fachlichen Austausch der Mitarbeiter untereinander entwickelt. Gibt es ein Problem, spricht sich das Team inzwischen oft selbständig ab. Das verschafft dem 38-Jährigen mehr Luft für konzeptionelle Dinge. „Ein netter Nebeneffekt“, schmunzelt Oberger. Was die Vergütung der Zeit angeht, die die Mitarbeiter in Besprechungen verbringen und nicht beim Kunden, hält es Oberger so, dass er eine Hälfte bezahlt, die andere Hälfte bringt der Mitarbeiter privat ein. „Das ist durchaus fair“, sagt Oberger, „denn die Mitarbeiter profitieren von den Treffen ebenso wie der Betrieb.“

„Mit-Denker“ motivieren

Wie wichtig regelmäßige Mitarbeitergespräche sind, ergab eine Online-Umfrage der Deutschen Gesellschaft für Personalführung e. V. in Düsseldorf. Nach Einschätzung von 29 Prozent der befragten Unternehmer bleibt mehr als die Hälfte des Mitarbeiterpotenzials unentdeckt. Dass zwischen einem Drittel und der Hälfte des Potenzials nicht erkannt wird, meinen 33 Prozent der Befragungsteilnehmer. 38 Prozent sind der Ansicht, dass weniger als ein Drittel des Potenzials unerkannt bleibt.

Aus Gesprächen mit zahlreichen Unternehmern geht daher hervor, dass sie zunehmend Mitarbeitergespräche nutzen –in der Gruppe oder unter vier Augen. „Sie bieten auf jeden Fall mehr Chancen für den Betrieb als sie Zeit kosten“, so ein Firmenchef im Gespräch mit handwerk magazin. Zudem würden sie motivierend auf die Mitarbeiter wirken, weil der Unternehmer signalisierte „Ich nehme mir Zeit für dich und nehme dich ernst!“ So würden sie die Basis für eine vertrauensvolle Zusammenarbeit bilden.

Positiver Effekt dabei: Die Mitarbeiter lernen sich besser einzuschätzen und erfahren zudem, was ihr Chef konkret von ihnen erwartet und was sie zum Unternehmenserfolg beitragen. So werden Mitarbeiter zu „Mit-Wissern“ und „Mit-Denkern“, die aktiv bei der Gestaltung zukünftiger Aufgaben mitwirken und die Möglichkeit erhalten, eigene Interessen, Ziele sowie Vorstellungen in ihre Arbeit einzubringen. Darin liegt eine Chance für Chefs: Sie wissen, wie ihre Mitarbeiter ticken, auch persönlich. Sie können Aufgaben und Verantwortung delegieren und sich damit Luft schaffen, beispielsweise für die strategische Ausrichtung ihres Unternehmens und für die Akquise neuer Aufträge.

Andrea Lexhaller

gudrun.bergdolt@handwerk-magazin.de