Mitarbeiter: Vorausschauend planen

Zugehörige Themenseiten:
Auftragsspitzen

Das Arbeitsrecht bietet Handwerksunternehmern beste Chancen, um den Betrieb sicher durch schwierige Zeiten zu führen – vorausgesetzt, sie drehen an den richtigen Stellschrauben.

© Illustration: Rüdiger Trebels

Eigentlich ist es ganz einfach: Bei Auftragsflauten möchte der Betriebsinhaber seiner Mannschaft ungern kündigen. Und das nicht deshalb, weil er ein Gutmensch ist, sondern aus einer gesunden Portion Egoismus heraus. Denn ohne das Know-how seiner Mitarbeiter wird der nächste Aufschwung nicht gelingen. Umgekehrt gilt: Kommt es zu Auftragsspitzen, will sich der Betriebsinhaber nicht gleich langfristig an neue Mitarbeiter binden, da unklar ist, ob das Wachstum von Dauer sein wird. Der Münchener Fachanwalt für Arbeitsrecht Wolfgang Lipinski, Partner der Kanzlei Beiten Burkhardt, kennt das Problem aus zahlreichen Beratungsgesprächen: „Idealerweise stellt sich der Arbeitgeber rechtlich so auf, dass er Konfliktfelder antizipiert. Leider wird das Recht als strategisches Instrument von der Arbeitgeberseite nicht immer ausreichend wahrgenommen und genutzt.“

In Handwerksbetrieben ohne Betriebsrat kann der Chef bis zu einem gewissen Grad das Gesetz des faktischen Zwangs bei den Arbeitszeiten ausüben. Überzieht er allerdings, sind die Mitarbeiter schnell ausgebrannt. In Betrieben mit fünf ständigen Mitarbeitern kann die Belegschaft einen Betriebsrat wählen. Die Ausgestaltung der Arbeitszeit gehört dann zu den nach dem Betriebsverfassungsgesetz mitbestimmungspflichtigen Themen. Kommt es wegen der Auslastung der Belegschaft zu Bearbeitungsstaus, kann der Betriebsrat den Arbeitgeber auflaufen lassen. Dann muss der Arbeitgeber meist faule Kompromisse eingehen. „Koppelungsgeschäfte“ nennen das Arbeitsrechtsexperten. „Du gibst mir 200 zusätzliche Arbeitsstunden in diesem Monat, dafür garantiere ich Dir, während der nächsten 12 Monate die Leiharbeitsquote nicht über ein Prozent anzuheben.“

Einigungsstelle nutzen. Handwerksunternehmern, die derlei Kuhhändel kategorisch ablehnen, bleibt noch ein Ass, das erstaunlich selten gezogen wird: die Anrufung der Einigungsstelle nach dem Betriebsverfassungsgesetz. Die Einigungsstelle besteht aus einer gleichen Anzahl von Beisitzern, die vom Arbeitgeber und Betriebsrat bestellt werden, und einem unparteiischen Vorsitzenden. Wolfgang Lipinski, der Arbeitgeber wie Coca-Cola, aber auch viele kleinere und größere Mittelständler, insbesondere in den Einigungsstellenverfahren gegenüber dem Betriebsrat vertritt, hat eine gute Nachricht für Handwerksunternehmer: „In der überwiegenden Zahl der Fälle bekommen die Arbeitgeber vor der Einigungsstelle recht.“

Kluge Betriebsvereinbarung schließen. Ob Auftragsspitze oder Flaute – Handwerksunternehmer sind gut beraten, wenn sie in ruhigen Zeiten mit dem Betriebsrat eine kluge Betriebsvereinbarung aushandeln, die ihnen bei der Einrichtung von Arbeitszeitkonten und Schichtplänen entsprechend großzügig bemessene Puffer bei den Arbeitszeiten gewährt, um im Markt flexibel agieren zu können.

Leiharbeiter einsetzen. Gerade zur Bewältigung kurzfristiger Auftragsspitzen ist die Einschaltung einer Leiharbeitsfirma ein ideales und juristisch komplikationsfreies Mittel, um zusätzliche personelle Ressourcen zu heben, ohne sich langfristig zu binden – vorausgesetzt, der Verleiher verfügt über adäquat ausgebildetes Personal.

Kollegen helfen gern. Die gelegentliche Arbeitnehmerüberlassung zwischen Arbeitgebern ist nicht erlaubnispflichtig. Das gilt bei einmaliger Überlassung von Mitarbeitern an ein anderes Unternehmen, um eine kurzfristig aufgetretene Auftragsspitze abzuarbeiten. Die Kollegenhilfe ist aber erlaubnispflichtig, wenn die Überlassungstätigkeit von vornherein auf Dauer angelegt ist. Auch Betriebe desselben Wirtschaftszweigs können mit Kollegenbetrieben ohne Weiteres Personal austauschen, wenn ein Tarifvertrag dies vorsieht. Schließlich bedarf auch ein Arbeitgeber mit weniger als 50 Beschäftigten keiner Erlaubnis, der zur Vermeidung von Kurzarbeit oder Entlassungen an einen Arbeitgeber einen Arbeitnehmer, der nicht zum Zweck der Überlassung eingestellt und beschäftigt wird, bis zur Dauer von zwölf Monaten überlässt. Voraussetzung: Die Überlassung muss vorher schriftlich der Bundesagentur für Arbeit angezeigt werden. Auf Unternehmensgröße und Branche des Unternehmens, an das ein Arbeitnehmer entliehen wird, kommt es nicht an.

Befristete Arbeitsverhältnisse schaffen. Arbeitgeber, die sich derzeit über volle Auftragsbücher freuen, aber nicht wissen, wie lange das Hoch anhält, sollten neue Mitarbeiter vor allem im Bereich von Arbeiten, die weniger Qualifikationen erfordern, befristet einstellen. Ab kommendem Jahr gilt zwar auch hier das Mindestlohngesetz. Nach derzeitigem Gesetzgebungsstand sollen aber Langzeitarbeitslose bis zu einem halben Jahr vom Mindestlohn befreit werden können. Arbeitgeber können so neue Mitarbeiter ohne größeres wirtschaftliches Risiko testen.