Mit guten Taten werben

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Corporate Citizenship | Auch Handwerksbetriebe können durch bürgerschaftliches Engagement auf sich aufmerksam machen. Das hebt das Image und kommt auch bei den Mitarbeitern gut an.

Mit guten Taten werben

E Ein stinkendes Klassenzimmer brachte Lehrer und Schüler der Pestalozzi Grund- und Hauptschule in Stutensee bei Karlsruhe beinahe zum Verzweifeln. Doch die Maler- und Lackiererinnung Karlsruhe wusste Rat und ließ sich nicht lange bitten. Mit einer speziellen Farbe, die Gerüche nicht nur bindet, sondern photokatalytisch umwandelt, wurde der Raum neu gestrichen, und weg war der Gestank. Das Ganze war für die Schule kostenlos, die Farbe stiftete der Hersteller, und die Lehrlinge einiger Innungsbetriebe machten die Arbeit. Der Oberbürgermeister von Stutensee war begeistert und sagte zu, bei der anstehenden Erweiterung der Schule das heimische Handwerk nicht zu vergessen.

Bäckermeister Rolf Härdtner aus Neckarsulm macht nicht viele Worte, wenn er darauf angesprochen wird, warum er der Heilbronner Tafel und drei weiteren Sozialeinrichtungen jeden Morgen die Möglichkeit einräumt, sich bei ihm kostenlos mit Brot und Brötchen für ihre bedürftige Klientel einzudecken. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Neckarsulm wurde 1937 von seinem Vater gegründet und beschäftigt heute rund 900 Mitarbeiter in etwa 85 Filialen im Raum Heilbronn/Neckarsulm und in Dresden. Nach dem Krieg, zur Zeit der Brotmarken, waren tagtäglich lange Schlangen vor der Backstube zu sehen. Härdtners Vater verschenkte Brot, wenn er konnte. Die Tradition prägt bis heute. Kommt ein Mitarbeiter zu Rolf Härdtner und berichtet von seinen Bemühungen, irgendwo Not lindern zu wollen, kann er sich der tatkräftigen Unterstützung seines Chefs sicher sein.

Arm wie Kirchenmäuse

Zwei Beispiele, wie sich Unternehmer für das Gemeinwohl engagieren. Denn längst sind die Kommunen Deutschlands arm wie die Kirchenmäuse. Landauf, landab regiert der Rotstift. In den Schulen fällt der Putz von der Decke, und in den Kindergärten rosten die Spielgeräte vor sich hin. Gemeindebibliotheken werden geschlossen, die kleinen Dorfmuseen dichtgemacht. Soziale und kulturelle Einrichtungen, früher mit dem öffentlichen Füllhorn verwöhnt, darben erkennbar. Das hat Konsequenzen für die Menschen, vor allem im ländlichen Raum. Ihre Lebensqualität sinkt spürbar.

Parallel dazu aber steigt die Zahl der Unternehmer, die nicht viele Worte machen, sondern als „gute Bürger“ einfach anpacken, wenn Hilfe nötig ist – allen voran die in ihrer Region fest verwurzelten Mittelständler. Das Institut für Mittelstandsforschung Bonn fand heraus, dass sich im Laufe des Jahres 2003 im Durchschnitt jedes fünfte mittelgroße Unternehmen – exakt 22,8 Prozent – an Corporate-Citizenship-Aktivitäten beteiligte. „Die generelle Bereitschaft zum gesellschaftlichen Engagement“, so Mittelstandsforscher Frank Maaß, „liegt aber noch deutlich über diesem Anteil.“ Zählt man die Unternehmen noch hinzu, die sich auf Geld- oder Sachspenden beschränken, das sogenannte Corporate Giving, kommt man auf einen Anteil von rund 40 Prozent im Mittelstand. Interessant sei überdies, dass der Anteil der Unternehmen, die aktiv Corporate Citizenship betreiben, von 2001 bis 2003 leicht gewachsen ist, während im gleichen Zeitraum die Bereitschaft zur ausschließlichen Vergabe von Spenden deutlich zurückging.

Freiheit und Verantwortung

Etwa zehn Milliarden Euro geben deutsche Firmenchefs nach Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln (IW) jährlich für das Gemeinwohl aus. Stellvertretend für viele Projekte sei der jährlich ausgeschriebene Wettbewerb „StartSocial“ genannt. Diese Initiative der Wirtschaft zur Förderung sozialer Ideen und Projekte wurde 2001 ins Leben gerufen und steht seitdem unter der Schirmherrschaft des Bundeskanzlers. Daneben gibt es noch den vom DIHK zusammen mit anderen Spitzenverbänden der Wirtschaft getragenen Wettbewerb „Freiheit und Verantwortung“, der unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten steht. Die jüngste Initiative auf dem Gebiet von Corporate Citizenship heißt „Ethics in Business“ und richtet sich vorrangig an Mittelständler. Ende 2005 wurde erstmals der Deutsche Preis für Wirtschaftsethik an eine Reihe mittelständischer Unternehmen für ihr gesellschaftliches Engagement verliehen.

Vor zwei Jahren rief Michael Grübel seine Aktion „Michael Grübels helfende Hände“ ins Leben. Der Bielefelder Firmenchef führt einen Trocknungsfachbetrieb, dessen acht Mitarbeiter sich um Wasser- und Feuchtigkeitsschäden von Gebäuden kümmern. Regelmäßig rücken sie einzeln oder in kleinen Teams aus, um Malerarbeiten in einem Altenheim auszuführen, den Sand auf dem Spielplatz eines Kindergartens auszutauschen oder eine Palisadenwand zu setzen. „Altruismus allein ist der falsche Ansatz“, sagt Unternehmer Grübel. „Um ein guter Bürger zu sein, muss ich sowohl für meinen Betrieb als auch für die Gesellschaft denken und handeln.“

Mit der Idee eines Umweltpaktes hatten „Die Möbelmacher“ aus Kirchensittenbach im Nürnberger Land ebenfalls eine neuartige Marketingidee. „Wir haben den ökologischen Ansatz um das Prinzip der Nachhaltigkeit bereichert und als unsere Unternehmensphilosophie definiert“, erklärt der geschäftsführende Gesellschafter Herwig Danzer. Damit sei das Unternehmen mit seinen 17 Mitarbeitern konsequent in der Region verwurzelt worden. Dieser Umweltpakt, an dem heute neben den „Möbelmachern“ Naturschutzverbände, das Forstamt und auch Forstbetriebe beteiligt sind, setze sich nicht nur mit Worten, sondern sehr tatkräftig für die Region und seine Produkte, vor allem natürlich das Holz, ein. Mit verschiedenen kulturellen und sozialen Veranstaltungen wird der Versuch unternommen, beim Kunden das Verständnis für ganze Wirtschaftskreisläufe zu wecken und natürlich auch ihre Entscheidungen in diesem Sinn zu beeinflussen.

Joachim Kreuz geht mit seinem Sanitär- und Heizungsbetrieb in Schallstadt bei Freiburg einen anderen Weg. „Nichts ist schlimmer als Arbeitslosigkeit“, sagt der Chef der Kreuz GmbH. Dagegen müsse man etwas unternehmen. Deshalb gibt er langzeitarbeitslosen Jugendlichen eine Ausbildungschance in seinem Betrieb. Kreuz sieht das Handwerk in der Pflicht, „jedem zumindest eine Chance zu geben“. Das koste viel Zeit und auch Nerven. Der Erfolg aber sei überwältigend: „Es ist ein großartiges Gefühl, wenn man sieht, wie ein junger Mensch zu sich selbst findet, und man weiß, man hat ein wenig dazu beigetragen.“

Reinhard Myritz

reinhold.mulatz@handwerk-magazin.de