Krankmeldung: Detektiveinsatz ist oft illegal

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Arbeitsrecht und Detektive

Arbeitgeber dürfen ihre Mitarbeiter nicht ins Blaue hinein durch Detektive bespitzeln lassen. Das hat das Bundesarbeitsgericht entschieden.

Vorsicht beim Einsatz von Detektiven: Arbeitgeber dürfen ihre Mitarbeiter nicht ins Blaue hinein bespitzeln lassen. Das hat das Bundesarbeitsgericht entschieden. - © © Africa Studio - Fotolia.com

Der Fall

In dem zugrunde liegenden Fall meldete sich eine Sekretärin der Geschäftsleitung ein halbes Jahr nach ihrer Einstellung für zwei Monate krank. Dabei legte sie nacheinander sechs Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vor. Zunächst litt sie unter Bronchialerkrankungen, später unter den Folgen eines Bandscheibenvorfalls. Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen waren ordnungsgemäß von Fachärzten ausgestellt worden.

Dennoch bezweifelte der Arbeitgeber den zuletzt von der Mitarbeiterin telefonisch mitgeteilten Bandscheibenvorfall und beauftragte einen Detektiv mit der Observation der Sekretärin. Diese erfolgte an vier Tagen in einem Zeitraum von zwei Wochen. Der Detektiv beobachtete und filmte unter anderem das Haus der Sekretärin, sie und ihren Mann mit Hund vor dem Haus und den Besuch der Sekretärin in einem Waschsalon. Der dem Arbeitgeber übergebene Observationsbericht enthielt elf Bilder, neun davon aus Videosequenzen.

Nachdem die Sekretärin von ihrer Bespitzelung erfahren hatte, forderte sie von ihrem Arbeitgeber ein Schmerzensgeld, dessen Höhe sie in das Ermessen des Gerichts stellte. Sie hielt 10 500 Euro für angemessen. Sie habe erhebliche psychische Beeinträchtigungen erlitten, die ärztlicher Behandlung bedürften.

Das Urteil

Das Bundesarbeitsgericht (Az.: 8 AZR 1007/13) sprach ihr letztlich einen Betrag von nur 1000 Euro zu. Dabei folgte das Gericht der Festsetzung durch das Landesarbeitsgericht Hamm. Allerdings betonten die Erfurter Richter ausdrücklich, dass die Observation einschließlich der heimlichen Aufnahmen rechtswidrig war. Der Arbeitgeber habe keinen berechtigten Anlass zur Überwachung gehabt.

Der Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen sei weder dadurch erschüttert worden, dass diese von unterschiedlichen Ärzten stammten, noch durch eine Änderung im Krankheitsbild oder weil ein Bandscheibenvorfall zunächst hausärztlich behandelt worden war.

Die Praxisfolgen

Wie Videoaufnahmen zu beurteilen sind, wenn ein berechtigter Anlass zur Überwachung gegeben ist, ließ das Gericht ausdrücklich offen. Arbeitgebern ist aber auch dann anzuraten, Vorsicht walten zu lassen. Denn oft reicht bereits die Zeugenaussage des Detektivs vor Gericht als Beweismittel aus. Gleichwohl angefertigte Videoaufnahmen könnten deshalb unverhältnismäßig und damit kontraproduktiv sein.

Der Tipp

„Der Streitfall ist sehr praxisrelevant, denn es kommt häufig vor, dass für eine sogenannte Krankenkontrolle ein Detektiv eingeschaltet wird“, erläutert Fachanwalt für Arbeitsrecht Wolfgang Lipinski von der Kanzlei Beiten Burkhardt. Allerdings hält er es für ausgesprochen schwierig, den Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auf diese Weise zu erschüttern. Effektiver ist es laut Lipinski, den betreffenden Mitarbeiter betriebsbedingt zu kündigen und ihm aus Gründen der Planungssicherheit eine moderate Abfindung zu zahlen.