Konzepte: Schlachten und Schlemmen

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Metzger

Eine junge Generation von neugierigen Gourmets zelebriert in selbst organisierten Dinnerclubs das Metzger-Handwerk. Der neue Food-Lifestyle möchte mehr erfahren und von den Meistern lernen.

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    © Hendrik Haase, aus Crafted Meat, Copyright Gestalten 2015
    Lode van Zuylen von „Lode & Stijn“ erläutert den Gästen des „Schlachtfestes“ die Vorspeise aus Innereien.
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    „Wenn wir unser Wissen und die Erfahrung teilen, entsteht etwas Magisches.“ Kate Hill, Gründerin des Projekts „Grrls Meat Camp“ in Camont in der französischen Gascogne.
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    Das Kochteam der Kantine Neun ist ebenfalls Teil des Schlachtfestes Berlin (oben). Koreanisch inspirierter Wrap mit sous vide gegarter Rinderbrust beim Schlachtfest Berlin (links). Gute Wurst darf beim Schlachtfest natürlich nicht fehlen: Blutwurst, Leberwurst und Knacker vom „Saussageman that never Sleeps“ (rechts).

Bauer Matthias Ruof schaut schon etwas überrascht, wer da in Sneakers und mit Sonnenbrille aus den Autos klettert. Mit zwei Bussen ist die Crew des Dinnerclubs „Schlachtfest Berlin“ von der Hauptstadt auf den Müritzhof in Mecklenburg-Vorpommern gefahren. Die Clique junger Gourmets und Fleischliebhaber will sich anschauen, wie und wo die Tiere leben, die einige Tage später von „Nose to tail“ in der Kreuzberger Markthalle Neun serviert werden sollen. Neben Köchen und Metzgern  sind auch viele Gäste, die beim Event des Schlachtfestes eingeladen sind, mit zum Ursprung des gemeinsamen Mahles gekommen.

Heute geht es nicht nur darum, auf der Weide kleine Lämmer zu streicheln, sondern im Schlachthaus beim Schlachten dabei zu sein. Und den Metzgern beim anschließenden Zerlegen zu helfen. Die jungen Food-Begeisterten aus Berlin wollen überall dabei sein, bevor sie wieder in die Großstadt fahren, um dort über 100 Gästen ein 5-Gänge-Menü zu servieren. Fotos von der Landpartie werden sofort auf Facebook gepostet. Jeder soll daran teilhaben können.

Diese Art von kulinarischen Zusammenkünften findet man nicht nur hierzulande, sondern auch international. Ihre Gemeinsamkeit: Es geht nicht nur um den Genuss an der Tafel, sondern auch um die handwerklichen Schritte, die notwendig sind, um ein Tier fachgerecht zu zerlegen und daraus leckere Stücke Fleisch und Wurst zu machen.

Die neuen Dinnerclubs

Die drei jungen Schweizer Valentin Diem, Laura Schächli und Fanny Eisl von Hood Food stellen das Schwein in den Mittelpunkt ihrer Dinnerclubs: Vom „Schnörrli bis zum Schwänzli“. Nichts soll umkommen. Sie arbeiten mit regionalen Metzgern zusammen, um etwa vergessene Blutwurstrezepte wieder populär zu machen. Bei Offal Wonderful in Kalifornien steht das „fünfte Viertel“, also die Innereien, im Mittelpunkt des Dinnerclubs, der seit 2014 auf der Llano Seco Ranch stattfindet. Das Event Pigstock TC im im US-Staat Michigan erstreckt sich gleich über mehrere Tage und wird so für die Teilnehmer zum Festival rund um das Handwerk des Metzgers. Das angebotene Programm reicht hier vom Kennenlernen der unterschiedlichen Schweinerassen, über die fachkundige Anleitung beim Zerlegen und der Herstellung von Wurst und Schinken bis zur anschließenden Zubereitung des Fleisches.

Während sich viele Esser weit vom Ursprung und der Entstehung ihrer Lebensmittel entfernt haben, wächst gleichzeitig die Faszination über die Herkunft und das Handwerk hinter den geliebten Spezialitäten. Immer mehr Kunden interessieren sich dafür, wie aus einer Schweinehälfte eine Bratwurst entsteht und wo das Filet eines Rindes eigentlich sitzt. Eine riesige Chance für das Handwerk, Vertrauen zurückzugewinnen und Kunden für den ehrlichen Genuss zu begeistern.

Meat-Schools mit Handwerksmeister

Die Kurse in der 2014 gegründeten Handwerkstatt der Herrmannsdorfer Landwerkstätten sind oft schon Wochen im Voraus ausgebucht. Gleich neben der hofeigenen Warmfleischmetzgerei in Glonn bei München lernen die Gäste in den Räumen der „Akademie für gute Lebens-Mittel“, wie die zahlreichen Spezialitäten entstehen, für die man die Herrmannsdorfer in und um München so schätzt. Was liegt näher, als dieses Wissen direkt von den Handwerksmeistern selbst zu erlernen, die gleich nebenan ihrem Tagwerk nachgehen? Zu Beginn des Wurstkurses tritt Metzgermeister Jürgen Körber mit einer Schweinehälfte auf der Schulter in den Raum. Am Schluss der Vorlesung mit großem Praxisanteil sitzen die Teilnehmer an der langen Tafel der Akademie und mampfen ihre erste selbst hergestellte Bratwurst.

In England und den USA, aber auch hierzulande sind solche „Meatschools“ bei vielen junge Betrieben bereits fester Bestandteil des Konzepts. Bei Underground Meats in Madison, Meat Hook in New York oder Cannon & Cannon in London gehören nicht nur Bratwurst und Schnitzel, sondern auch das nötige Know-how über Entstehung und Herkunft zum ständigen Angebot der Metzgerei. Gegen diese tiefgehenden und gleichzeitig äußerst genussvollen Seminare wirkt der alte Kochkurs fast profan.

Dass Kurse rund um das Tier, dessen Zerlegung und handwerkliche Verarbeitung schon längst keine reine Männerangelegenheit mehr sind, zeigt das Projekt „Grrls Meat Camp“. Bei diesen regelmäßigen Treffen in den USA und Frankreich kommen Bäuerinnen, Metzgerinnen, Köchinnen und Interessierte zusammen, um voneinander zu lernen und Frauen in der Fleischwelt eine Stimme zu verleihen. „Wenn Frauen gegenseitig Wissen und Erfahrung teilen, sich unterstützen und zusammenarbeiten, entsteht etwas Magisches“, sagt die Gründerin Kate Hill. Ganz zu schweigen von ungemein leckeren Pasteten und fantastischen Würsten, die bei diesen kulinarischen Retreats entstehen und auf Facebook zu bewundern sind.

Metzger und Gourmet

Metzgermeister Carsten Scheller aus Hannover bezeichnet sich als Metzger und Koch. In seinem 2012 eröffneten Gaumenwerk verbindet er diese beiden Leidenschaften. Direkt neben seiner Metzgerei finden für Interessierte neben Wurst-, Koch- & Grillkursen auch Verkostungen von Wein und feinen Ölen statt. Seine Kunden lernen so nicht nur die Handwerkskunst des Metzgers kennen, sondern auch das kunstvolle Zubereiten und das Genießen von wertvollen Lebensmitteln. Ein Eintauchen mit allen Sinnen in die Welt des Handwerks. Welche bessere Werbung, kann es für das Lebensmittelhandwerk geben?