Internationale Handwerksmesse 2020 IoT: Kreativ und spielerisch das Internet der Dinge kennenlernen

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Internationale Handwerksmesse

Im Internet der Dinge (IoT) entwickeln Werkzeuge, Maschinen und selbst Steine und Wände auf der Baustelle ein Eigenleben und kommunizieren eigenständig miteinander. Auf der Internationalen Handwerksmesse (IHM) zeigen Handwerker, dass sie die neue Technologie spielend meistern – indem sie sich auf Experimente einlassen und kreativ werden.

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    Hackathon
    © Hackathon
    Mit Hilfe von sogenannten Hackathons uns Selbstchecks können Sie konkrete und nützliche Anwendungen der IoT-Technologie kennenlernen.
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    Patriick Nitschke
    © Patriick Nitschke
    Patriick Nitschke, Universität Koblenz, IoT im Handwerk?

Fragte man vor zwei, drei Jahren Handwerker, was sich ihrer Meinung nach mit dem Internet der Dinge Sinnvolles in einer Werkstatt oder auf der Baustelle anstellen ließe, dann blickte man meist in ratlose Gesichter. Das Internet der Dinge, im Englischen Internet of Things (IoT) – das war zunächst vor allem ein Trend, den man aus den Medien kannte, und mit dem sich Industrieunternehmen auseinandersetzten. Doch inzwischen ist klar: Die Technologie bringt auch viele spannende Anwendungsmöglichkeiten für Unternehmen im Handwerk mit sich.

Hinter dem Schlagwort verbirgt sich eine intelligente Sensortechnologie, die dafür sorgt, dass nicht länger nur Menschen miteinander über das Internet interagieren – sondern dass auch die Dinge in ihrer realen Umgebung ein digitales Eigenleben bekommen. Das kann man sich in etwa so vorstellen: Werkzeuge und Maschinen in einer Produktionshalle teilen sich gegenseitig in Echtzeit mit, wie hoch ihre Auslastung gerade ist, ob es bei einzelnen produzierten Teilen Qualitätsschwankungen gibt oder ob im Lager noch ausreichend Platz für die hergestellten Produkte verfügbar ist – und passen die jeweils eigene Aktivität automatisch an die Daten der anderen Maschinen an.

Ist IoT wirklich intelligent genug für die Handwerkspraxis?

Alles schön und gut – aber was soll das alles mit dem Handwerker-Alltag auf der Baustelle, beim Kunden vor Ort oder in der Werkstatt zu tun haben, wo die Arbeitsabläufe nun einmal sehr viel weniger standardisiert sind als in einer Industrie-Produktionshalle? Wer heute an ein und derselben Werkbank einen Fensterrahmen baut, morgen eine Tür und übermorgen einen Schrank, und dazu jedes Mal anderes Werkzeug benutzt, der profitiert recht wenig von Dingen, die automatisiert ganz bestimmte und komplexe, Routinen steuern. Wer auf wechselnden Baustellen unterwegs ist, muss oft improvisieren. Und wer beim Kunden mal mehr, mal weniger moderne Heizanlagen oder Elektrogeräte vorfindet, kann sich nicht auf einheitliche technische Standards und Schnittstellen verlassen.

Die Frage, die sich viele Handwerker stellen, lautet daher: Sind die intelligenten Dinge wirklich intelligent genug   für das Handwerk? Bieten sie auch außerhalb maximal automatisierter und standardisierter Fabrikumgebungen einen echten Mehrwert? Muss der Schraubenzieher Grips haben? Muss die Bohrmaschine mit dem Werkzeugkasten reden können?

Mit Hackathons konkrete und nützliche Andwendungen der Technologie kennenlernen

Hat es also wirklich Sinn, überall dort, wo Handwerker unterwegs sind, Sensoren zu verbauen und die Dinge in ihrer Arbeitsumgebung miteinander zu vernetzen? Hat es also wirklich Sinn, überall dort, wo Handwerker unterwegs sind, Sensoren zu verbauen und die Dinge in ihrer Arbeitsumgebung miteinander zu vernetzen? Lässt sich die Technik auch außerhalb von durchgetakteten Industrieumgebungen sinnvoll einsetzen? „Die Frage ist berechtigt“, sagt Patrick Nitschke, der an der Universität Koblenz zum Einsatz von komplexen IoT-Technologien forscht und dabei auch mit Handwerkskammern und Handwerksunternehmen zusammenarbeitet. „Denn IoT braucht, um zu funktionieren und einen Mehrwert zu bringen, ein paar grundsätzliche Voraussetzungen.“ An erster Stelle sind das eine für den Anwendungsfall angemessene Stromversorgung und eine angemessene Internetverbindung. „Ebenso wichtig: Die Erhebung und Auswertung der notwendigen Daten muss rechtlich erlaubt sein.“ Aber vor allem: „Erst wenn man die eigenen Prozesse und Abläufe gut kennt und offen ist dafür, bestehende Abläufe zu hinterfragen und auch mal etwas anders zu machen, kann man das Potenzial von IoT-Anwendungen für das eigene Geschäft erkennen“, sagt Nitschke. Und erst dann lässt sich wirklich beurteilen, ob die Technologien einen Mehrwert bieten können.

Viele Handwerkskammern setzen vor allem auf sogenannte „Hackathons“, um Handwerkern das Thema IoT näher zu bringen. Dabei ist das Ziel, innerhalb kurzer Zeit ganz konkrete, nützliche Anwendungen der Technologie zu entdecken und umzusetzen. Experten für IoT, die sich mit der Sensortechnologie auskennen, unterstützen Handwerker dabei. „Bei diesen Veranstaltungen stellen wir fest, dass Handwerker eigentlich sehr schnell auf Ideen kommen, wie intelligente, vernetzte Dinge ihnen helfen können“, sagt Nitschke. „Klar ist aber auch: IoT-Lösungen aus der Industrie lassen sich nicht einfach übertragen. Die Anwendungen müssen sich an die Bedürfnisse der Handwerker anpassen.“

Lästige Routineaufgaben mit IoT automatisieren

Potenzial haben die Technologien vor allem dort, wo lästige Routineaufgaben im Handwerkeralltag Zeit und Geld verschlingen. Ein Beispiel: Ein Tischler fertigt eine Holztreppe für einen Neubau. Vor dem Produktionsprozess muss er mehrmals pro Woche immer wieder auf die Baustelle fahren, um die an der Einbaustelle herrschenden Feuchtigkeitswerte zu messen – erst wenn ein bestimmter Wert erreicht ist, kann er mit der Arbeit beginnen. Mit Anfahrtszeit sind damit mehrere Arbeitsstunden vertan. „Gemeinsam mit einem erfahrenen Schreiner haben wir ein Messgerät entwickelt, das stattdessen die Feuchtigkeitsdaten vor Ort auf der Baustelle regelmäßig misst und die Daten in die Werkstatt schickt.“

Eine vergleichsweise simple Lösung, die sich mit vorhandenen Technologien leicht bauen lässt. „Das recht einfache Beispiel zeigt das Potenzial: Statt wertvolle Zeit einer Fachkraft zu verschwenden, lässt sich der Prozess automatisieren“, sagt Nitschke. Noch einen Schritt weitergedacht: „Warum sollten Handwerker solche Lösungen nicht auch als Dienstleister anderen Handwerkern anbieten – und sich so ein neues Geschäftsfeld erschließen?“ Auch Maler haben etwa regelmäßig Bedarf an Daten über Feuchtigkeitsverhältnisse auf der Baustelle. Wenn alle beteiligten Gewerke an einem Neubau einfach bei Bedarf auf Echtzeitdaten zu aktueller Feuchtigkeit und Temperaturvon der Baustelle zugreifen können und vielleicht automatisch benachrichtigt werden, wenn ein Idealwert für den nächsten Arbeitsschritt erreicht ist, macht das die Koordination von Bauprojekten einfacher.

Überwachung und Fehleranalyse mit IoT

In eine ähnliche Richtung denken bereits viele Werkzeughersteller. Sie sind überzeugt: Auf dem Bau und in der Werkstatt, wo Fachkräfte und Zeit immer knapp sind, können intelligente Werkzeuge schnell ihren Nutzen beweisen. Wenn das Spezialwerkzeug per Sensortechnik meldet, auf welcher Baustelle es sich gerade befindet, wo die Ersatzteile sind und ob es bald gewartet werden muss, spart das Nerven, Zeit und Geld. Sind Werkzeuge und Maschinen noch dazu in der Lage, auch ungeübte Benutzer durch einzelne Arbeits- oder Wartungsschritte zu führen, braucht das Unternehmen womöglich weniger erfahrene Fachkräfte.

Auch in der Heizungs- und Klimatechnik arbeiten viele Hersteller an Anlagen, die Handwerkern die Arbeit erleichtern: Die Heizanlage, die eigenständig Fehleranalysen und Wartungsintervalle steuert und Leckagen meldet, hilft etwa dem Sanitär- und Klimatechniker bei der Arbeit. Und auch wenn Handwerker jederzeit auf Daten zum aktuellen Materialbestand in Liefer- und Baustellenfahrzeugen ebenso wie im Lagerregal zugreifen können und Nachbestellungen automatisiert erfolgen, ist das ein konkreter Mehrwert im Alltag. „Je mehr Dinge und Geräte mit smarten Sensoren ausgestattet sind, desto selbstverständlicher wird es auch für Handwerker werden, die zur Verfügung stehenden Daten und automatisierten Funktionen zu nutzen.“

Hürde für fächendeckenden IoT-Einsatz ist derzeit noch die schlechte Netzinfrastruktur

Alles weit entfernte Zukunftsmusik? Eher nicht. Sowohl die nötige Sensortechnik als auch die immer intelligenter werdenden Maschinen sind bereits entwickelt und einsatzbereit. Den IoT-Trend bremsen könnte allerdings ein anderer Faktor: Die nötige Netzinfrastruktur. Denn von flächendeckend optimaler Internetanbindung ist Deutschland noch weit entfernt. IoT-Forscher Nitschke ist da allerdings optimistisch: „Wir müssen nicht warten und hoffen, dass es bald ein flächendeckendes 5G-Netz gibt, damit IoT im Handwerk einsetzbar wird“, sagt er. Denn auch alternative regionale Netzwerke, die auf die Bedürfnisse von Unternehmern zugeschnitten sind, werden derzeit allerorts eingerichtet. Ein Beispiel ist das sogenannte LoRaWAN-Netz, ein offener und sicherer Funkstandard, den Unternehmer zur Datenübertragung nutzen können. Unternehmer können eigene sogenannte Gateways für Funkübertragungen aufbauen oder vorhandene Kanäle mitnutzen.

Folgende Gewerke profitieren am meisten von IoT:

Welche Handwerks-Branchen werden wohl am schnellsten und konsequentesten auf die smarte Sensortechnologie setzen? Sinnvolle IoT-Einsatzmöglichkeiten finden sich quer durch alle Branchen, bei Dachdeckern , SHK-Handwerkern , Schreinern , Gerüstbauern ebenso wie bei Bäckern oder Metzgern.

Auf Branchenschauen wie der Internationalen Handwerksmesse IHM in München zeigen von Jahr zu Jahr mehr Unternehmer und Dienstleister, wie kreative IoT-Anwendungen im Handwerk zum Einsatz kommen können. Eine aktuelle Studie belegt ebenfalls, dass Mittelständler in Deutschland sich immer intensiver mit dem Thema befassen. Demnach setzen bereits knapp 60 Prozent der befragten Mittelständler auf einfache IoT-Anwendungen wie Remote Monitoring und Remote Control – sie überwachen und steuern also ihre Maschinen, Fahrzeuge und Anlagen mittels IoT-Technologien aus der Ferne. Die Steigerung der Effizienz ist für die meisten Unternehmen der Hauptgrund, solche Projekte anzustoßen. Sie analysieren etwa Sensordaten, um Energie einzusparen, Produktionsausfällen vorzubeugen, Prozesse zu automatisieren oder Geräte zu optimieren.

Mit Selbstchecks können Sie Ihr IoT-Potenzal herausfinden

Bleibt die Frage: Hat das auch im eigenen Unternehmen Sinn? IT-Dienstleister bieten Unternehmen bereits einen einfachen ersten „ Selbst-Check an: Ist mein Unternehmen bereit für einen sinnvollen Einsatz der Technologie?

Wer beim Thema IoT durchstarten will, findet schnell Unterstützung und Kooperationspartner. An entsprechenden Hackathons, Workshops und Seminaren für Handwerker, die zu IoT-Meistern werden wollen, herrscht kein Mangel, da viele Handwerkskammern das Potenzial erkannt haben und die Kompetenzen für das Internet der Dinge vermitteln wollen.

Am Ende hängt die Antwort auf die Frage, in welchen Branchen der IoT-Trend am schnellsten vorangeht, vor allem vom Faktor Kreativität und von der Bastel- und Experimentierfreude der Handwerker ab. IoT-Experte Nitschke ist überzeugt: „Wenn sich in einer Branche einige treibende Personen und Unternehmen finden, die zeigen, was möglich ist, kann es ganz schnell gehen.“

© Deutsche Telekom &PAC a teknowlogy Group Company 2019
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