- Interview „Häuptling statt Captain”

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Arist von Schlippe, Psychotherapeut am Wittener Institut für Familienunternehmen, erklärt, welche Werte bei der Führung im Handwerk zählen.

Der Wittener Mittelstandsforscher Arist von Schlippe - © Schlippe
- Interview

„Häuptling statt Captain”

handwerk magazin: Warum sind die Chefs von Handwerksbetrieben eigentlich so oft Patriarchen alter Schule?

Arist von Schlippe: Im Handwerk ist das sogenannte „Captain-Modell“ vorherrschend. Handwerkliche Betriebe sind kleine Einheiten,
in denen der Chef leicht in ein bestimmtes Verhaltensmuster gerät, in dem er alle Verantwortung an sich zieht. Das entlastet die Angestellten zwar. Auf diese Weise entsteht mit der Zeit aber ein autoritärer Führungsstil.

Und der ist ein Problem?

Ja. Denn der Kapitän darf nicht krank werden. Gerade in Betrieben mit 20 bis 40 Mitarbeitern, wo viele Management-Aufgaben anfallen, man aber kaum delegieren kann, reiben sich solche Chefs total auf. Die Gefahr: Wenn Angestellte Entscheidungen nicht verstehen, schwindet die Bindung an die Firma.

Wie macht man es besser?

Indem man die Firma als Team sieht. Alle sind gemeinsam für den Erfolg verantwortlich. Dafür muss der Chef aber auch jedem signalisieren: Deine Meinung ist mir wichtig. Nicht wie ein Captain, sondern eher wie ein Indianerhäuptling: Der hält mit allen Kriegsrat, hört jeden an. Er hat dann zwar das letzte Wort, doch weiß jeder, dass er wahrgenommen und respektiert wurde.

Man begegnet den Leuten also auf Augenhöhe…

Genau. Der Chef zeichnet sich nicht durch Macht aus, sondern durch Stärke und den Respekt, den man ihm entgegenbringt. Moderne Führung gründet auf dem Konzept der Präsenz. Am Chef kommt man nicht vorbei, er ist aber interessiert an Zustimmung.

Nun muss im Alltag oft schnell entschieden werden. Wie geht das in diesem Modell?

Man sollte Mitarbeitern klare Kompetenzen und Verantwortlichkeiten zuweisen, auf Arbeitsteilung achten. Dann entscheiden sie selbst. Wenn etwa in einem Familienbetrieb beide mitarbeitenden Ehepartner, Brüder oder Cousins das Sagen haben, kann es sein, dass dies irgendwann in Streit mündet.