Grunderwerbsteuer: Steuererhöhung? Ohne mich!

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Grunderwerbsteuer

Immer mehr Bundesländer erhöhen die Grunder­werbsteuer. Doch mit der richtigen Strategie lässt sich die Belastung deutlich senken. Wie Käufer den Fiskus ausbremsen.

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    Viele Immobilienkäufer wissen nicht, dass sie die Grunderwerbsteuer ganz legal reduzieren können.
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    „Manchmal entfällt die Hälfte des Kaufpreises auf steuerfreie Betriebsvorrichtungen.“ Nico Schley, ­Rechtsanwalt bei Osborne Clarke.
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    Wer richtig rechnet und die verschiedenen Strategien zur Senkung der Steuerlast durchspielt, gewinnt Klarheit.
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    Immer dreister langt der Staat beim Immobilienerwerb zu. (Stand: April 2015)

Auf der Internetseite des Berliner Maklerbüros Part-B tickt neuerdings ein „Echtzeitzähler“. Er zeigt, wie viel Grunderwerbsteuer der Staat seit Jahresbeginn in Berlin, München, Hamburg, Düsseldorf, Köln, Frankfurt, Stuttgart und Dresden kassiert hat. Und die Summe steigt mit atemberaubender Geschwindigkeit, bereits Mitte Februar wurde die Marke von 100 Millionen Euro geknackt.

Kein Wunder: In fast allen Bundesländern ist die Grunderwerbsteuer in den vergangenen Jahren deutlich – und zum Teil mehrfach – gestiegen. Zu Jahresbeginn erhöhten Nordrhein-Westfalen und das Saarland auf satte 6,5 Prozent, wodurch sie zum bisherigen alleinigen Spitzenreiter im Steuerranking, Schleswig-Holstein, aufschlossen.

Im bundesweiten Durchschnitt fordert der Fiskus damit inzwischen ganze 5,2 Prozent – im Jahr 2006 waren es lediglich 3,5 Prozent. Wer eine Immobilie für 500 000 Euro kaufte, musste damals überall im Land 17 500 Euro an das Finanzamt überweisen. Doch dann durften die Bundesländer plötzlich selbst über den Satz bestimmen, heute sind deshalb bis zu 32 500 Euro fällig.

Zu den vielerorts in Deutschland massiv gestiegenen Immobilienpreisen gesellt sich also eine immer höhere Steuerlast. Das sind insgesamt keine guten Zeiten für Käufer. Immerhin: Es gibt drei Strategien, mit denen sie die Grunderwerbsteuer deutlich senken können. In einigen Sonderfällen lässt sich die Abgabe sogar vollständig umgehen.

1. Einrichtungsgegenstände gesondert abrechnen

Die simpelste Methode zur Reduzierung der Steuerlast: Suchen Sie in der gewünschten Immobilie nach Einrichtungsgegenständen, die kein „wesentlicher Gebäudebestandteil“ sind. Denn wenn dieses „Inventar“ im Kaufvertrag gesondert und mit eigenen Preisen ausgewiesen wird, darf das Finanzamt dafür keine Grunderwerbsteuer fordern.

Und die Liste von Gegenständen, die die Steuerlast senken, ist lang. Dazu gehören beispielsweise Einbauküchen, Möbel, Markisen oder Saunen. Auch Gartengeräte oder Haushaltsaccessoires, die der Käufer übernimmt, können gesondert ausgewiesen werden.

Einsparpotenzial bei Gewerbeimmobilien

„Wer gezielt sucht, wird fast immer fündig und kann die Grunderwerbsteuer oft um mehrere Tausend Euro senken“, sagt Nico Schley, Experte für Steuerrecht bei Osborne Clarke in Köln. Besonders hoch sei das Sparpotenzial bei vielen Gewerbeimmobilien.

Denn laut der „Gleich lautenden Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder zur Abgrenzung des Grundvermögens von den Betriebsvorrichtungen“ vom 5. Juni 2013 gehören etwa Hebebühnen, Lastenaufzüge, Ladeneinrichtungen, Förderbänder, Regale und bewegliche Innenwände zum steuerfreien Inventar. Das gilt auch für Fotovoltaik-Anlagen – außer bei sogenannten Indach-Anlagen, bei denen die Module zugleich als Dachziegel fungieren.

„Bei Gewerbeimmobilien kann es vor­kommen, dass mehr als die Hälfte des Kaufpreises auf Betriebsvorrichtungen entfällt“, sagt Schley. Dementsprechend lässt sich auch die Grunderwerbsteuer deutlich reduzieren. 2.

Zudem gibt es Spielraum, den Kaufpreis für das steuerfreie Inventar großzügig anzusetzen – und im Gegenzug den Preis für die Immobilie zu reduzieren. Verkäufern ist es schließlich in aller Regel egal, wofür sie das Geld bekommen; Hauptsache, der Gesamtpreis stimmt.

Allerdings sollte es niemand übertreiben. „Beim Preis für Betriebsvorrichtungen sollten sich Käufer und Verkäufer an den jeweiligen Anschaffungskosten orientieren und je nach Alter Abschläge vornehmen“, rät Schley. Wenn der Preis nicht völlig außer Verhältnis zum Verkehrswert stehe, hätten die Grunderwerbsteuer-Stellen der Finanzämter in der Regel keine Einwände. Und es ist noch aus einem weiteren Grund sinnvoll, Betriebsvorrichtungen im Kaufvertrag gesondert auszuweisen. „ Sie können dann deutlich schneller abgeschrieben werden“, sagt Schley. Das senke die laufende Steuerlast von Unternehmen deutlich.

Wer Betriebsvorrichtungen ohne gesonderten Ausweis als Teil der Gewerbeimmobilie kauft, muss sie dagegen – genau wie die Immobilie selbst – meist über 33 Jahre abschreiben. Somit können nur drei Prozent pro Jahr steuermindernd geltend gemacht werden.

2. Erst Grundstück kaufen, dann bauen

Das hört sich doch gut an: Wer erst ein Grundstück kauft und es dann bebauen lässt, muss auf die Baukosten womöglich keine Grunderwerbsteuer zahlen. Dafür gilt es jedoch zwei Probleme zu lösen:

  • Gerade in Ballungsgebieten sind unbebaute Grundstücke rar. Man muss also erst mal fündig werden.
  • Häufig sind es Projektentwicklungs- und Baufirmen, die sich solche Areale sichern – sei es in Ballungsgebieten oder anderswo. Doch die wollen oft nicht nur verkaufen, sondern gleichzeitig einen Bauvertrag abschließen.
    Das kostet jedoch den Steuervorteil. Denn wenn der Verkäufer des Grundstücks und die Baufirma zusammengehören, unterstellen die Finanzbehörden ein „ einheitliches Vertragswerk“ – mit der Folge, dass auch die Baukosten der Grunderwerbsteuer unterliegen. Dafür müssen Verkäufer und Baufirma nicht mal zur selben Firmengruppe gehören. „Laut aktueller Rechtsprechung reicht es, wenn sie in irgendeiner Form zusammenarbeiten“, sagt Schley. „Es ist nicht mal nötig, dass die Kooperation für den Käufer erkennbar ist.“

Klare Trennung der Verträge

Ulrich Viefers, Steuerberater der Wirtschaftskanzlei WWS in Mönchengladbach, rät deshalb, „ Grundstückskauf und Bebauung vertraglich klar zu trennen“. Wichtig sei, selbst eine Baufirma zu suchen und zu prüfen, ob sie mit dem Verkäufer kooperiert. „Käufer sollten sich im Zweifel zusichern lassen, dass keine Geschäftsbeziehung besteht“, so Viefers.

Außerdem sei es gefährlich, Kauf- und Bauvertrag zur selben Zeit am selben Ort abzuschließen. Selbst wenn es sich um unterschiedliche Vertragspartner handele, könnten die Finanzbehörden Absprachen unterstellen, warnt Viefers. Zwischen den beiden Vertragsschlüssen sollte deshalb einige Zeit vergehen, ratsam sind mehrere Wochen.

Wie streng die Regeln sind, zeigt auch ein aktuelles Urteil des Finanzgerichts München (4 K 1039/12). Demnach reicht es nicht, wenn im Kaufvertrag für das Grundstück vereinbart wird, dass zwischen dem Kauf und der „beabsichtigten Baumaßnahme kein rechtlicher Zusammenhang besteht“. Denn die Richter entdeckten mehrere Indizien für ein „strukturiertes Zusammenwirken“ von Grundstücksverkäufer und Baufirma – unter anderem die Tatsache, dass in den Preislisten der Baufirma die Grundstückspreise genannt waren.

Vorteil für private Immobilienkäufer

Allerdings besteht zumindest bei privaten Käufern Hoffnung, dass sich die Regeln ­zugunsten der Käufer verändern. Das Niedersächsische Finanzgericht moniert bei „einheitlichen Vertragswerken“ eine unzulässige ­Doppelbesteuerung, weil Bauleistungen dann sowohl der Grunderwerb- als auch der Mehrwertsteuer unterliegen .

Die Richter haben deshalb bereits im Jahr 2013 den Bundesfinanzhof eingeschaltet, der nun bald über die Frage entscheiden dürfte (Aktenzeichen: II R 22/13). „Betroffene sollten mit Verweis auf das anhängige Verfahren binnen vier Wochen Einspruch gegen ihren Grunderwerbsteuerbescheid einlegen“, rät Viefers.

Für Unternehmer, die Gewerbeimmobilien bauen, sei das aber in aller Regel keine Option, sagt er. Sie können sich die auf Bauleistungen gezahlte Mehrwertsteuer schließlich als Vorsteuer erstatten lassen – eine Doppelbesteuerung liegt somit sowieso nicht vor. Umso wichtiger ist es also, darauf zu achten, dass kein „ einheitliches Vertragswerk“ vorliegt.

3. Share Deal: Objektgesellschaft statt Immobilie kaufen

Komplette Steuerfreiheit winkt mit Share Deals, bei denen Unternehmen nicht die Immobilie direkt, sondern eine Objektgesellschaft kaufen. Der Haken an der Sache: Share Deals lohnen sich nur bei großen Immobilien, weil der Betrieb einer Objektgesellschaft für bürokratischen Aufwand und Kosten sorgt – vor allem, weil Jahresabschlüsse und Steuererklärungen zu erstellen sind.

Lange galt deshalb die Maxime, dass sich diese Gestaltungen erst ab Kaufpreisen im zweistelligen Millionenbereich lohnen. Doch angesichts deutlich gestiegener Grunderwerbsteuersätze von bis zu 6,5 Prozent kommt das Modell nun auch für kleinere Immobilien infrage – und damit für immer mehr Mittelständler. „Bei einem Steuersatz von 6,5 Prozent wie in Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und dem Saarland sparen Käufer mit einem Share Deal 325 000 Euro, wenn der Kaufpreis fünf Millionen Euro beträgt“, sagt Schley von Osborne Clarke. Das mache die Transaktions- und die laufenden Verwaltungskosten – etwa für Steuererklärungen und Jahresabschlüsse allemal wett.

Nur 94,9 Prozent der Objektgesellschaft kaufen

Wenn Unternehmen eine Objektgesellschaft kaufen, der – einzig und allein – die gewünschte Immobilie gehört, können sie die Grunderwerbsteuer vermeiden. „ Voraussetzung ist, dass sie maximal 94,9 Prozent der Anteile erwerben“, sagt Rechtsanwalt Nico Schley von Osborne Clarke.
Bis zum 5. Juni 2013 konnten sich Unternehmen trotzdem problemlos die volle Kontrolle über die Immobilie sichern. Und zwar, indem sie die restlichen 5,1 Prozent über eine Zwischengesellschaft kauften. An dieser durften sie zwar wiederum nur 94,9 Prozent halten. Aber unter dem Strich gehörten ihnen trotzdem nahezu 100 Prozent der Objektgesellschaft.

Auch mittelbar gehaltene Anteile werden berücksichtigt

Das funktioniert jedoch nicht mehr. Um das Steuersparmodell – den sogenannten „Real-Estate-Transfer-Tax“-Blocker – zu erschweren, werden bei der Prüfung der 94,9-Prozent-Grenze nun auch mittelbar gehaltene Anteile voll berücksichtigt. Unternehmen müssen deshalb fremde Investoren ins Boot holen, die die restlichen 5,1 Prozent übernehmen. „Häufig bleibt der Verkäufer an der Objektgesellschaft beteiligt“, berichtet Schley. Auch Family Offices oder Pensionsfonds würden bisweilen Anteile übernehmen.

Investoren dürfen Mitspracherecht nicht verlieren

Viele Unternehmen versuchen aber, die Mitspracherechte der Investoren auf ein Minimum zu reduzieren – vor allem durch entsprechende Regelungen im Gesellschaftervertrag. Immobilien-Experte Schley warnt Steueroptimierer aber eindringlich davor, übers Ziel hinauszuschießen. „Wenn Investoren gar nichts mehr zu sagen haben, akzeptiert das Finanzamt solche Deals nicht.“ Dann geht der Schuss also nach hinten los.