Kolumne „Eigels Erfa-Erkenntnisse“ Generationenkonflikt: Wie vermeide ich Grüppchenbildung, Frau Eigel?

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Eigels Erfa-Erkenntnisse und Unternehmensberater

Andrea Eigel leitet zahlreiche Erfa-Gruppen – und ist somit ganz nah dran am Handwerk. In ihrer neuen Kolumne beantwortet die erfahrene Beraterin Fragestellungen aus der Praxis. Folge 2: Generationenkonflikt.

Eigels Erfa-Erkenntnisse Folge 2: Generationenkonflikt
Ein Generationenkonflikt ist von Vorurteilen geprägt. - © M-SUR - stock.adobe.com

So mancher Konflikt in Unternehmen lässt sich auf die Art und Weise der Kommunikation zurückführen. Viel zu oft sind Gespräche von Vorurteilen und von Schubladendenken geleitet – vor allem unter Mitarbeitenden, die verschiedenen Generationen angehören. Dabei ist eine konstruktive und zielführende Kommunikation nur möglich, wenn im Gegenüber der einzelne Mensch gesehen wird: ein Mensch mit seinem eigenen Charakter, seinen individuellen Eigenschaften und Fähigkeiten. Wer diese offene Haltung einnimmt, statt Etikettierungen vorzunehmen, hat den Schlüssel zur Lösung von Generationenkonflikten in der Hand – in jedem Betrieb.

Problem: Schlechte Stimmung im Betrieb

Wie komme ich darauf? Vor einigen Wochen kam der Chef eines Handwerksbetriebs mit 20 Mitarbeitenden auf mich zu und bat mich, ihm zu helfen. Die Stimmung in seiner Belegschaft sei schlecht, die Arbeitsmoral ließe zu wünschen übrig. Ich ließ mir die Situation schildern und wie es dazu gekommen war. Wie sich herausstellte, setzt sich die Belegschaft des Unternehmens vor allem aus Vertretern zweier Altersgruppen zusammen. Zum einen den Erfahrenen und Altgedienten, zum anderen sehr jungen Mitarbeitenden, die entweder noch in der Ausbildung sind oder diese erst vor Kurzem abgeschlossen haben. Eine Mittelschicht im Hinblick auf Alter und Erfahrungshorizont gibt es im Betrieb nicht, so entstanden zwei Lager.

Vorsicht vor Vorurteilen und Klischees

Die schlechte Stimmung war im Wesentlichen durch einen Generationenkonflikt im Team zu erklären. Viel ist derzeit in den Medien zu lesen über die verschiedenen Altersgruppen, die heute den Arbeitsmarkt bestimmen: Babyboomer, die Generationen X, Y und Z und bald sogar die Generation Alpha tummeln sich dort. Jede dieser Generationen ist mit anderen Rahmenbedingungen aufgewachsen und hat daher eigene Merkmale und Bedürfnisse. Jede Generation hat mittlerweile ihr eigenes Etikett. Solche Etiketten greifen Medien gerne auf und spitzen diese öffentlichkeitswirksam zu.

Einige Sachverhalte und Zusammenhänge werden dabei oft verkürzt dargestellt, andere Informationen bleiben unerwähnt. Was daraus schnell entsteht, sind Verallgemeinerungen – mit Auswirkungen auf unsere Wahrnehmung und unseren Umgang miteinander. Das Problem dabei: Hinter all den Vorurteilen, Klischees und Stereotypen sehen wir oft den individuellen Charakter und Eigenschaften des einzelnen Menschen nicht mehr. Und beileibe nicht alle Etiketten treffen tatsächlich auf jeden einzelnen Vertreter seiner Generation zu.

"Typisch Generation Z"

Im dargestellten Handwerksbetrieb war schnell zu erkennen, dass Verhaltensweisen von Kollegen, die nicht den eigenen Gewohnheiten entsprachen, sofort negativ interpretiert wurden. Die Belegschaft warf sich gegenseitig Vorurteile vor, die meist weder der Sache, noch den Menschen gerecht wurden. Ein typisches Beispiel, von dem der Chef erzählte, war das Arbeitsende auf der Baustelle. Die jüngeren Mitarbeitenden wollten jeden Tag pünktlich Feierabend machen. Einige der älteren Kollegen dagegen setzten immer wieder durch, offene Arbeiten noch am selben Tag zu erledigen. Deshalb musste das gesamte Baustellenteam unangekündigte Überstunden machen. Wenn „die Jungen“ auf geregelte Arbeitszeiten mit einem planbaren Feierabend bestanden, unterstellten „die Älteren“ ihnen schnell mangelnde Motivation – „Typisch Generation Z“ eben.

Weit auseinander gingen nach Aussage des Chefs auch die Vorstellungen von Kommunikation. Blieb zum Beispiel das von den Auszubildenden erhoffte Feedback aus, kreideten diese „den Alten“ gerne Unfreundlichkeit und fehlende Führungskompetenz an. Über Hintergründe für die verschiedene Sichtweisen sprachen die Arbeiter nicht. Verständnis für die Einstellung und das Verhalten der jeweils anderen Gruppe war daher nicht vorhanden, die Stimmung im Betrieb verschlechterte sich zusehends, eine Grüppchenbildung entstand. Wie ließ sich hier die Situation verbessern?

Problemlösung für den Generationenkonflikt: Ein klärender Teamworkshop

  1. Miteinander statt übereinander reden: In einem Arbeitsteam treffen immer Menschen mit unterschiedlichen Eigenschaften, Stärken und Sichtweisen aufeinander. Können die Teammitglieder die Unterschiedlichkeit akzeptieren und für sich nutzen, führt das zu guter Teamleistung und guter Stimmung. Es war zu erkennen, dass das Hauptproblem im fehlenden gegenseitigen Verständnis für das Verhalten der anderen und andersdenkenden Mitarbeitenden bestand. Gesprochen wurde im Unternehmen zwar viel über die anstehenden Projekte und fachliche Themen, nicht aber über die persönlichen Befindlichkeiten und die Stimmung im Team. Die passende Lösung für diesen Betrieb war daher ein Teamworkshop.
  2. Individualität erkennen und verstehen: Im gemeinsamen Workshop ging es nicht nur um die verschiedenen Altersgruppen und die Hintergründe ihrer unterschiedlichen Arbeits- und Kommunikationsvorstellungen, sondern auch um individuelle Charakterzüge von Menschen. Die Teilnehmenden lernten, warum die Zusammenarbeit und das Gespräch mit manchen Menschen so viel leichter zu sein scheint, als mit anderen. Warum es zu Missverständnissen und Konflikten zwischen Teammitgliedern kommen kann. Und dass bestimmte Verhaltensweisen nicht gezeigt werden, um andere zu ärgern, sondern eben typisch für diesen Menschen sind. Ziel des Workshops war es, dass die Mitarbeitenden andere Meinungen, Haltungen und Verhaltensweisen verstehen, aushalten und respektieren. Und dass sie künftig mit weniger Empfindlichkeit kommunizieren.
  3. Eigenes Verhalten reflektieren und verändern: Ein derartiger Workshop verbessert aber nicht nur das Verständnis für andere, sondern ist natürlich auch ein wichtiger Spiegel für jeden Teilnehmenden selbst. Er hilft, die eigene Haltung, das eigene Verhalten und die eigenen Marotten zur erkennen, einzuschätzen und wo nötig auch zu korrigieren.

Fazit: Offene Kommunikation im Betrieb etablieren und üben, üben, üben!

Im Betrieb entstehen unweigerlich Fronten zwischen den Altersgruppen, die zu einem Generationenkonflikt führen können. Vor allem wenn jede Gruppe und jeder einzelne auf seine Sicht- und Verhaltensweisen beharrt. Das Ergebnis sind oft schlechte Stimmung im Betrieb und ein unangenehmes Arbeitsklima. Handwerksunternehmen, die sich gut entwickeln und deshalb Fachkräfte binden und finden wollen, setzen auf eine entsprechende offene Kommunikationskultur. In ihr haben Pauschalurteile und Schubladendenken keinen Platz. Stattdessen wird hier gefördert, sich gegenseitig zu respektieren, einander zuzuhören und zu verstehen, was den Kollegen oder die Kollegin wirklich bewegt. Dieser offene Austausch muss im Handwerksbetrieb gelebt und eingeübt werden – in Teambesprechungen, bei Mitarbeitergesprächen oder auch bei den täglichen Baustellen-Feedbacks. Mit dieser offenen Kommunikation können wir alle dazu beitragen, dass wir bei allen Unterschieden einander zugewandt bleiben. Das ist essenziell für den Zusammenhalt im Betrieb wie auch in unserer Gesellschaft.

Über Kolumnistin Andrea Eigel:

Andrea Eigel unterstützt Unternehmerinnen, Unternehmer und Führungskräfte im Handwerk dabei, Kunden und Mitarbeitende zu gewinnen und nachhaltig zu binden – und dabei auch selbst bei Lust und Laune zu bleiben.

Sie hält Vorträge, macht Workshops und Coachings, moderiert Veranstaltungen und leitet seit vielen Jahren Erfa-Gruppen. Nebenberuflich ist sie Dozentin an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg.

Andrea Eigel schreibt die Kolumne "Eigels Erfa-Erkenntnisse"
Andrea Eigel schreibt die Kolumne "Eigels Erfa-Erkenntnisse" - © Kaleidoskop Marketing-Service GmbH