Mobile Payment Mobiles Bezahlen - das Handy als Geldbörse

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Smartphone übers Terminal halten und die Rechnung ist beglichen – der Einstieg von Apple und Google sorgt beim ­Bezahlen per Handy auch in Deutschland für neuen Schwung. Vorteil für Händler: es lassen sich mehr Kunden in kürzerer Zeit bedienen, und das sperrige sowie teure Bargeldhandling entfällt.

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    mobile Payment
    © xsw/iStockphoto.com
    Beträge bis 25 Euro können Kunden jetzt fast überall bequem per Smartphone bezahlen.
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    Bäckermeister Rüdiger Born
    © Bäckerei Born
    Bäckermeister Rüdiger Born hat sich wegen der Vorteile für seinen Betrieb am Pilotprojekt der Volks- und Raiffeisenbanken zum Mobile Payment beteiligt.

Zahlen mit dem Smartphone? In den vier Filialen der Bäckerei Born in Homburg (Ohm) ist dies seit Juni 2018 möglich. Das traditionsreiche Handwerksunternehmen, das 1657 gegründet wurde, ist Kunde der Volksbank Mittelhessen, die zu den ersten Anbietern von Mobile Payment in Deutschland zählt. Inhaber Rüdiger Born verspricht sich jedoch viel von dem neuen Angebot. „Mobiles Bezahlen wird dem bargeldlosen Einkaufen weiteren Auftrieb geben“, ist er zuversichtlich. „Ich bin ein überzeugter Anhänger solcher Lösungen, weil Wechselgeld-, Diebstahl- und andere Risiken wegfallen.“

Vor rund 18 Monaten hat Born an allen Kassen EC-Terminals eingerichtet und bietet jedem Kunden mit Karte bargeldlose Zahlungen an. Mit der Volksbank rechnet er diese per monatlicher Pauschale ab. „Der Verbraucher kann auch Cent-Beträge begleichen, ohne dass für mein Unternehmen zusätzliche Transaktionskosten anfallen“, schwärmt Born. Die Kunden reagieren trotzdem zurückhaltend. Während jüngere Verbraucher immer häufiger Karte oder Smartphone statt Geldbörse ziehen, zahlen Ältere dagegen lieber weiterhin mit Scheinen und Münzen.

Smart shoppen per App

Solche Erfahrungen teilt Born mit vielen Einzelhändlern. Mit bargeldlosem Bezahlen tun sich viele Deutsche weiterhin schwer. Dem Statistischen Bundesamt zufolge nutzen 28 Prozent der Verbraucher so gut wie nie und 15 Prozent höchstens einmal in der Woche ihre Girocard oder Kreditkarte. Für das mobile Bezahlen per Smartphone können sich gerade mal drei Prozent begeistern. Allerdings haben bis zum Sommer 2018 Prepaid- und Wallet-Lösungen diesen Markt dominiert. Bei der ersten Variante lädt der Nutzer ein Guthaben auf eine Bezahl-App und stellt mit einem automatischen Nachladungstool sicher, dass immer genug Geld auf dieser vorhanden ist. Bei der zweiten Variante gibt er nach der Registrierung beim Kartenanbieter seine Bankdaten per Scan oder manuell in sein Gerät ein und speichert seine bevorzugten Bezahlmethoden ab. Solche Prozesse machen neue Apps überflüssig. Der Nutzer muss lediglich die Lösung seiner Bank aufs Smartphone laden. Wenn er im Laden das Display seines kleinen Alleskönners aktiviert und diesen über ein Terminal mit Near Field Communication (NFC) hält, wird das Geld nach Eingabe der PIN direkt von seinem Konto abgebucht und der Bezahlvorgang durch ein akustisches oder optisches Signal bestätigt. Im Kern ist ein solches Mobile ­Payment eine Variante der kontaktlosen Kartenzahlung. Auch Girocards und Kreditkarten der neuesten Generation sind mit einem NFC-Chip ausgerüstet. Wenn der Kunde seine Karte übers Terminal hält, wird der Bezahlvorgang ausgelöst. Auf dem Konto des Empfängers geht das Geld spätestens am nächsten Tag ein.

Google und Apple mischen mit

Jetzt haben Google und Apple den Mobile Payment-Markt richtig in Schwung gebracht. Seit Juni bzw. Dezember 2018 können Banken die Bezahlservices der Online-Riesen mit einer eigenen App nutzen. Allerdings machen bislang nur einige größere Banken und einige kleinere Finanzdienstleister bei Apple Pay oder Google Pay mit. Die meisten Banken wollen eigene Bezahllösungen bieten. Vorreiter waren die Sparkassen, Anfang August zogen die Volks- und Raiffeisenbanken nach. Beim Start von Apple Pay im Dezember 2018 waren Deutsche Bank, HypoVereinsbank und Santander dabei, weitere Bankpartner sollen folgen. Vor allem Apple hatte die Einführung von Apple Pay zuletzt stark forciert. Weil der Konzern die Schnittstellen seines iOS-Betriebssystems nicht für Drittunternehmen freigeben will, konnten die bisher am Markt vorhandenen Mobile-Payment-Produkte ausschließlich mit Android-Geräten genutzt werden.

Bis 25 Euro ohne Pin bezahlen

Die Vorbehalte vieler Verbraucher gegen bargeldloses Bezahlen sind der Finanzwirtschaft bekannt. Trotzdem zeigen sich viele Institute überzeugt, dass vor allem Jüngere schnell Gefallen daran finden werden. „Wir folgen lediglich den Gewohnheiten vieler Kunden, die ihr Smartphone immer griffbereit haben“, erklärt Andreas Martin, Vorstand des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken. Vor allem das einfache Verfahren soll die Kunden überzeugen.

Für Kleinbeträge unter 25 Euro müssen sie keine PIN eingeben. Und wenn sie ihr Geld lediglich von einem einzigen Konto abbuchen lassen, müssen sie an der Kasse ausschließlich das Display ihres Smartphones und nicht die App aktivieren. An der Technologie sollte Mobile Payment also nicht scheitern. Die weitaus meisten Smartphones sind NFC-fähig. Gleiches gilt für die Terminals: Drei von vier Geräten können mit dieser Technologie arbeiten, die meisten übrigen Geräte sind nach einem Update einsatzbereit.

Je mehr Verbraucher auf Karten- und Smartphone-Zahlungen umsteigen, desto schneller rechnet sich das bargeldlose Zahlen für den Händler. Denn er muss Gebühren zahlen. Pro Transaktion werden Beträge im Promille-Bereich abgerechnet, hinzu kommen die Kosten für das Terminal. Während erstere durch eine EU-Verordnung gedeckelt sind, können Verkaufs- und Mietpreise sowie die Gebühren variieren. Der Handelsverband Deutschland rät deshalb zu Verhandlungslösungen: „Eine interessante Option sind Flatrates“, sagt Experte Ulrich Binnebößel. Eine solche Lösung in Höhe von rund 20 Euro hat Rüdiger Born mit der Volksbank Mittelhessen vereinbart. Und dabei auch die Ausgaben für den Bargeldverkehr berücksichtigt. „Für Abhebungen, Tauschvorgänge und Einzahlungen fallen weit höhere Kosten als für Kartenzahlungen an“, versichert der Bäckermeister.