Kongress "Building Information Modeling 2019" BIM: "Das ist nur ein Teil des Kulturwandels im Bau"

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Nicolai Fall ist Referent beim 4. Münchner BIM-Kongress am 9. Juni und Geschäftsführer der INKoBau Ingolstädter Kommunalbauten GmbH. Die kommunale Tochterfirma ist für mehrere bauliche Großprojekte in Ingolstadt verantwortlich und setzt bei einem aktuellen Neubauprojekt BIM konsequent ein.

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Nicolai Fall ist Referent beim 4. Münchner BIM-Kongress am 9. Juni und Geschäftsführer der INKoBau Ingolstädter Kommunalbauten GmbH - © privat
Herr Fall, in Ingolstadt verantwortet die INKoBau den Neubau eines achtgeschossigen Gebäudes für ein Gründerzentrum, das vorab komplett mit BIM entworfen wurde. Warum haben Sie sich für diese Methode entschieden?

Zwei Aspekte haben bei dieser Entscheidung eine wesentliche Rolle gespielt. Zum Einen handelt es sich bei dem Projekt um ein digitales Gründerzentrum, das sich dem Megatrend Digitalisierung stellt, der ein wichtiger Baustein der Zukunftsstrategie Ingolstadts ist. Zum Anderen sind öffentliche Bauten nicht zuletzt aufgrund von Kosten- und Terminüberschreitungen im Fokus der Öffentlichkeit. Im Rahmen einer Risikoanalyse sind wir zu der Überzeugung gekommen, dass sich ein Versuch lohnt, die BIM-Methodik als Steuerungswerkzeug zu nutzen, um Risiken rechtzeitig zu erkennen und gegensteuern zu können. Ein zusätzlicher Pluspunkt ist die Möglichkeit, die Modelle im Rahmen von Präsentationen etwa im Rahmen von Bürgerbeteiligungen zu nutzen. Wir sehen das Projekt als Musterprojekt, um Vor- und Nachteile zu analysieren und für zukünftige Projekte zu lernen.

Wie fällt Ihre Zwischenbilanz aus: War die Entscheidung für BIM richtig, und warum?

Die Entscheidung ist sicher richtig, ich denke man braucht praktische Erfahrungen beim Einsatz der Methodik. Kleinere Probleme, wie der Umstand, dass bis zur Projektfreigabe durch die zuständigen Gremien mit verschiedenen Varianten geplant werden musste, schmälern aus meiner Sicht die Vorteile nicht. Die Methodik verbessert die Kommunikation im Projektteam, ein weiterer Hauptvorteil ist die Transparenz und der notwendige offene Umgang im Projekt auch mit Fehlern. Dieser offene Umgang ermöglicht einen zielgerichteten Einsatz der Ressourcen. Weitere Vorteile sind der einheitliche Datenbestand, auf den alle Projektbeteiligten zurückgreifen und die Tatsache, dass wichtige Informationen früher und für alle zugänglich zur Verfügung stehen.

Neben Neubauprojekten verantworten Sie auch einige Gebäudesanierungen. Soll auch bei diesen Bestandsbauten BIM zum Einsatz kommen?

Das Gesamtprojekt besteht aus einem Neubauund der Sanierung des Kavalier Dalwigk. Der Kavalier Dalwigk ist Teil der ab 1828 in Ingolstadt errichteten Landesfestung Bayern. Die Kombination aus Alt- und Neubau war ebenfalls ein Grund, dieses Projekt als Versuchsprojekt zu verwenden. Für ein abschließendes Urteil ist es noch zu früh, klar ist aber, dass es in diesem Bereich Grenzen gibt und ein gewisses Augenmaß notwendig ist. Es ist im Einzelfall zu klären, was sinnvoll und notwendig ist. Eine Kernfrage ist hier unter anderem, wie detailliert eine Modellierung des Altbestands notwendig ist. Sehr positiv war für uns der Einsatz der Modelle bei der Erarbeitung und Vorstellung des Sanierungskonzeptes.

Was erwarten Sie in Zeiten von BIM von den Unternehmen, mit denen Sie arbeiten?

Die Bereitschaft, offen gegenüber einem Einsatz der Methodik zu sein und dadurch hoffentlich eine Win-Win-Situation für alle Projektbeteiligten zu schaffen. BIM soll zu einem offenen, lösungsorientierten und fairen Umgang im Projekt beitragen.

Ist es für alle Beteiligten nicht ein enormer Aufwand, die großen Mengen an BIM-Daten zu erfassen – und lohnt sich der Aufwand am Ende?

Ich denke eine Aufwandsbetrachtung darf nicht auf ein Projekt bezogen werden. Ziel muss es sein, die gewonnenen Daten und Erfahrungen bei anderen Projekten zu nutzen, wie ein modelliertes Bauteil oder einen Kalkulationsansatz. Sicher ist es auch nötig, laufend zu hinterfragen, ob die Erfassung möglicher Daten auch einen Mehrwert generiert.

Ist BIM grundsätzlich bei jedem Bauvorhaben das Mittel der Wahl, oder ist es – etwa bei Einfamilienhäusern – auch mal, als ob man mit Kanonen auf Spatzen schießen würde?

BIM ist ja nur ein Teil des laufenden Kulturwandels im Baubereich, grundsätzlich geht es in Richtung Industrialisierung von Bauprozessen. Auch bei Einfamilienhäusern sehe ich hier ein großes Potential, verstärkt wird der Trend sicher noch durch Randthemen wie Fachkräftemangel oder Qualität.

Vielen Dank für das Gespräch!
  • 4. Münchner BIM-Kongress - Das jährliche Forum für Planer, Bauherren und Bauunternehmer. 25. Juni 2019, Oskar-von-Miller Forum, München, https://bimkongressmuc.de

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