Betriebsübernahme Die 5 teuersten Fehler bei der Nachfolge

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Nachfolge

Fehler kosten Geld. Weil Verschwendung nicht sein muss, hat handwerk magazin exklusiv bei den Beratern der Handwerkskammern nachgefragt, welche Versäumnisse die teuersten sind.

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    © Christian Mader
    Entspannte Übergabe Tilo Kraus (re.), Geschäftsführer von Schaal Bad + Design in Leonberg, ist zwar erst 48 Jahre, hat aber mit Stephan Schraitle als zweitem Geschäftsführer seine Nachfolge schon geregelt.
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    © Chart: Peter Diehl
    Geld und Gefühle bestimmen die Hitliste der teuersten Fehler im Nachfolgeprozess. Was bei Kaufpreis und Finanzierung offensichtlich ist, wird im Umgang mit Mitarbeitern und Kunden oft unterschätzt. Doch gelingt es dem Nachfolger nicht, das notwendige Vertrauen aufzubauen, kann dieses Versäumnis oft sogar unbezahlbar sein.
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    © Koerber
    „Um Klarheit zu schaffen, muss es einen festen Termin zum Ausstieg des Seniors geben.“ Nils Koerber, ­Nachfolgeberater bei K.E.R.N. in Bremen.
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    © Chart: handwerk magazin
    Das Vertrauen zu den Mitarbeitern und Kunden aufzubauen ist für den Nachfolger die vordringlichste Aufgabe.
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    © Darius Ramazani
    Harmonische Familienlösung Laura Günther hat das Elektrohaus in Köln ­gemeinsam mit Bruder Martin von ihrem Vater gekauft. Auf die Übernahme haben sich die Ge­schwister intensiv vor­bereitet und Fördermittel zur Finanzierung genutzt.

Tilo Kraus und Stephan Schraitle sind gute Freunde und ein perfektes Team. Die beiden Handwerksmeister führen erfolgreich die Firma Schaal Bad + Design mit 29 Mitarbeitern in Leonberg. „Wir haben unsere Aufgabenbereiche klar getrennt, stimmen uns bei wichtigen Entscheidungen immer ab und legen großen Wert auf eine offene Kommunikation“, erklärt Kraus. Vor vier Jahren hat er das Unternehmen von seinem ehemaligen Chef Wolfgang Schaal übernommen. „Der Senior fragte mich schon vor rund zehn Jahren, ob ich sein Nachfolger werden wollte“, erinnert sich der Unternehmer. Also führte er ihn langsam, aber sicher in die Geschäftsführung ein.

Übernahme in Schritten

2006 kaufte der 48-Jährige 50 Prozent des Unternehmens, die andere Hälfte folgte dann fünf Jahre später. Im Sommer 2011 kam Stephan Schraitle als zweiter Geschäftsführer mit ins Boot. Die beiden Unternehmer kennen sich bereits seit Jahrzehnten. Schraitle ist Heizungstechnikmeister. „Aufgrund unserer unterschiedlichen Ausbildung ergänzen wir uns fachlich perfekt“, sagt Schraitle.

Jedes Jahr werden rund 20 000 Firmen an Nachfolger übergeben, wie das Bonner Institut für Mittelstandsforschung in einer neuen Studie ermittelt hat. In 54 Prozent der Fälle steigt ein Mitglied der Familie als Übernehmer ein. Nur 29 Prozent der Firmen gehen an einen externen Nachfolger. 17 Prozent der Unternehmen übernimmt ein Mitarbeiter.

Die perfekte Nachfolge ist dabei eher die Ausnahme als die Regel. Franz Falk, Geschäftsführer der Handwerkskammer Stuttgart, erklärt: „Wir erkennen, dass viele Firmenchefs das Zepter nicht aus der Hand geben wollen und ihre Nachfolgeplanung zu spät beginnen.“

Übergabe ohne Zeitdruck

Damit gehen sie ein hohes Risiko ein. Denn vielfach vergehen Jahre, bis die Übergabe in trockenen Tüchern ist. Das gilt sowohl für Übernahmen innerhalb der Familie als auch wenn externe Interessenten oder eigene Mitarbeiter einsteigen. Entscheidend für eine erfolgreiche Stabübergabe wird es sein, dass die Parteien die Nachfolge detailliert und ohne zeitlichen Druck vorbereiten. Fehler in der Planung können teuer werden und die Existenz der Firma gefährden. handwerk magazin hat Experten der Kammern befragt, wo die größten Risiken liegen. Mit den Tipps auf diesen Seiten sind Jungunternehmer auf der sicheren Seite.

Die erste Regel lautet: Die Position des anderen respektieren und offen kommunizieren. „Übergeber setzen sich meist zu wenig mit der Situation des potenziellen Nachfolgers auseinander und können auftretende Probleme nicht nachvollziehen. Gleiches gilt allerdings auch für die Übernehmer“, weiß Manja Bonin, Abteilungsleiterin der Unternehmensberatung der Handwerkskammer Cottbus. Eine Nachfolge kann nur gelingen, wenn beide Parteien aufeinander zugehen und auch Kompromissbereitschaft zeigen. Ansonsten wird es schwer, zum erfolgreichen Abschluss zu kommen.

Das wird auch seine Zeit brauchen: „Allein die Feinjustierung der Übergabemodalitäten und gegebenenfalls die Vorbereitung der Finanzierung nimmt bis zu ein Jahr in Anspruch“, sagt Nils Koerber, Inhaber von K.E.R.N und Partner, einer der größten Beraterfirmen für Nachfolge im Mittelstand mit bundesweit 11 Filialen. Bis die Planung komplett abgeschlossen ist, vergehen mitunter mehrere Jahre. Unternehmer Wolfgang Schaal in Leonberg hat bereits mit Anfang 50 die Planung begonnen. Beim Verkauf der letzten Anteile war er 62 Jahre alt. Als Geschäftsführer ist er bis heute eingetragen. „Doch aus dem Tagesgeschäft hält er sich komplett heraus“, so Kraus. Er steht seinen Partnern nur noch beratend zur Seite. „Wir diskutieren mit ihm wichtige unternehmerische Fragen, die Entscheidung liegt am Ende immer bei uns“, erklärt Nachfolger Schraitle. Alle Beteiligten sehen das als gute Lösung. Der Senior behält den Überblick, wie sich sein Lebenswerk weiter entwickelt. Die Nachfolger profitieren von seinen Erfahrungen.

Fester Termin für den Ausstieg

Mehr Engagement des Altunternehmers sollte es allerdings auch nicht sein: Der Nachfolger wird in der Regel einiges im Betrieb verändern wollen. Vielen Senioren fällt es schwer, das zu akzeptieren. „Wenn Übergeber und Nachfolger für einen überschaubaren Zeitraum gemeinsam operativ tätig sind, ist das noch in Ordnung“, so Koerber. Es sollte allerdings ein fester Termin für den Ausstieg des Seniors vereinbart werden. Hintergrund: Lieferanten, Kunden und nicht zuletzt das Team brauchen einen klar definierten Ansprechpartner. Es ist fatal, wenn bei den Mitarbeitern der Eindruck entsteht, der Nachfolger braucht Hilfe und ist nicht in der Lage, die Firma allein zu führen. Mitarbeiter verlieren das Vertrauen in ihren Arbeitgeber, Fachkräfte wandern ab (siehe „Mitarbeiter“).

Das Risiko ist besonders hoch, falls ein Familienbetrieb in die Hände der Kinder übergeht. Die Eltern sollten in der Lage sein, die Rolle von Vater oder Mutter in die eines Geschäftspartners zu verwandeln. Die Lösung aus dem eigenen, oftmals unbewussten Rollenverhalten von Eltern und Kindern ist die größte Herausforderung bei einer internen Nachfolge. „Im Idealfall absolviert der Nachfolger zumindest eine externe Ausbildung in einem anderen Betrieb“, meint Experte Koerber.

Nachfolger nicht drängen

Der Junior darf nicht in die Position des Chefs gedrängt werden. Die Firmenübergabe sollte seinem Berufswunsch entsprechen. Er sollte selbst den Wunsch hegen, die Aufgabe anzunehmen. „Geht die Initiative von den Eltern aus, läuft am Ende oft etwas schief“, weiß Franz Falk von der Handwerkskammer Stuttgart. Überdies sollten die Geschwister frühzeitig in die Planungen involviert werden, um jeglichen Auseinandersetzungen und Zwietracht von vornherein aus dem Weg zu gehen.

So lief das beim Elektrohaus Günther in Köln. Martin und Laura Günther übernahmen die Firma mit 23 Mitarbeitern vor zwei Jahren von ihrem Vater Heribert Günther. Der Senior ist gleich nach der Übergabe ausgeschieden. Die Nachfolge wurde innerhalb der Familie abgesprochen. Laura und Martin Günther haben den Betrieb von ihrem Vater wie unter Dritten gekauft. „Eine vorweggenommene Erbfolge kam nicht infrage, weil wir noch drei Geschwister haben“, so die Firmenchefin. Mit der Lösung zeigten sich alle zufrieden. Die 34-Jährige bereitete sich auf die Übernahme intensiv vor. Nach ihrem Studium arbeitete sie zunächst sechs Jahre in Festanstellung im Betrieb. Ihr Bruder sammelte nach seiner Meisterprüfung in Elektrotechnik und dem Studium der Dipom-Ingenieur Elektrotechnik und Master Sc. bei externen Arbeitgebern Berufserfahrung. Entsprechend reibungslos lief der Einstieg als neuer Chef. Die Mitarbeiter brachten den beiden gleich Respekt entgegen und akzeptierten die Nachfolger ohne Wenn und Aber. Als schwierig erwies es sich beim Firmenübergang allerdings, die Finanzierung des Kaufpreises zu stemmen. „Das Problem war, dass wir über wenig Eigenkapital verfügten“, erinnert sich Günther. Die Hausbank schaltete Förderbanken ein, die Haftungsfreistellungen übernahmen.

Eigenkapital gefragt

Kein Einzelfall: Die Nachfolgefinanzierung wird häufig zum Problem. Aus mehreren Gründen: Zum einen erwarten die Banken im Normalfall mindestens 20 Prozent, besser 30 Prozent Eigenkapital. Zu viel für die meisten jungen Übernehmer. Zum anderen scheuen die Banken das Risiko. Das heißt, es werden hohe Sicherheiten fällig. Viele Nachfolger bringen diese aber eben nicht mit.

Die Übernehmer haben aber die Chance, von zahlreichen Förderprogrammen, öffentlichen Bürgschaften bis hin zur Aufnahme eines Gesellschafters zu profitieren. Die Bank wird das Vorhaben anhand des Businessplans allerdings kritisch prüfen. Kreditnehmer legen dar, dass sie Zins und Tilgung aus den prognostizierten Erträgen leisten können. Damit stellen sie gegenüber der Bank ihre betriebswirtschaftlichen Kenntnisse sowie eine realistische Einschätzung ihrer Marktchancen unter Beweis.

Neben dem Eigenkapital spielt auch der Unternehmenswert eine wesentliche Rolle. Bei einer hohen Investitionssumme benötigt das Kreditinstitut mitunter ein unabhängiges Gutachten. Stellt sich heraus, dass der Kaufpreis relativ hoch bemessen ist, versuchen die Banken oft, den Verkäufer mit ins Boot zu holen. Er sollte dann einen Teil des Kaufpreises stunden und damit das Risiko mittragen.

Mix verschiedener Geldgeber

Clevere Nachfolger nehmen eine solche Situation als Warnung und verhandeln nach. Nachteilige Übergabekonditionen sowie ein zu hoher Kaufpreis zählen nämlich zu den teuersten Fehlern der Nachfolgeplanung. Schließlich erhöht sich damit das Kreditvolumen. Berater stellen auch immer wieder fest, dass Nachfolger auf Fördermittel verzichten oder eine falsche Finanzierungsstrategie wählen. Im Idealfall läuft diese auf einen Mix verschiedener Geldgeber hinaus, und der Jungunternehmer sichert sich geförderte Darlehen. So lief das auch bei den Unternehmern Kraus und Schaitle in Leonberg.

Kaufpreis: Wertgutachten vom Experten einholen

Der Verkäufer will sich sein Lebenswerk hoch bezahlen lassen. Der Übernehmer orientiert sich am Risiko der Übernahme. Kluge Nachfolger beauftragen daher einen Experten damit, den Wert des Unternehmens zu ermitteln – um ihre Position bei den Verhandlungen um den Kaufpreis zu stärken.

Kaufpreis und Wert

Der Kaufpreis und der Wert des Unternehmens sind zwei verschiedene Größen. Auf den Kaufpreis müssen sich der Altunternehmer und der Übernehmer oftmals in zähen Verhandlungen einigen. Der Wert des Unternehmens ergibt sich in der Regel aus den prognostizierten Erträgen der nächsten Jahre. Zwölf Prozent der befragten Unternehmensberater sehen einen zu hohen Kaufpreis als einen teuren Fehler bei der Nachfolge.

Holen Sie ein neutrales Gutachten ein

Deshalb sollten Übernehmer in jedem Fall von einem unabhängigen Experten ein Wertgutachten einholen – zum Beispiel von einem erfahrenen Steuer- oder Unternehmensberater. Die Experten der Handwerkskammern erstellen die Expertise kostenlos. Die meisten Berater arbeiten nach dem sogenannten AWH-Verfahren. Das Kürzel steht für Arbeitsgemeinschaft der Wert ermittelnden Betriebsberater im Handwerk. Die Gewinne der letzten Jahre werden analysiert und um Einmaleinflüsse bereinigt. Es geht darum, die Erträge der nächsten Jahre zu prognostizieren und daran den Wert zu bemessen.

Wie sieht die Perspektive aus?

Der Wert wird sich je nach Perspektive des Auftraggebers verändern – das Resultat weicht oft um mehr als 20 Prozent voneinander ab. Deshalb sollten zwei Gutachten vorliegen.

Gutachten auch bei vorweggenommener Erbfolge

Ein unabhängiges Gutachten sollte auch bei Übernahme innerhalb der Familie vorliegen. Zum einen, damit sich kein Mitglied des Clans bei einer vorweggenommenen Erbfolge benachteiligt fühlt. Zum anderen, um den Status quo des Betriebes zu bestimmen. Eine Wert­expertise zeigt die Schwachstellen der Firma auf. Kluge Nachfolger nutzen das, um die richtigen Weichen für eine positive Entwicklung zu stellen.

Mitarbeiter: Verschaffen Sie sich Respekt

Das Team muss mitziehen. Wenn die Mitarbeiter den Eindruck bekommen, dass der neue Chef seiner Aufgabe nicht gewachsen ist, wandern Fachkräfte ab. Wie Nachfolger vorgehen, um die Mannschaft zu überzeugen.

Zeigen Sie Führungskompetenzen

Wenn Firmen übernommen werden, verunsichert das immer auch die Mitarbeiter. Welche Veränderungen plant der Neue? Was zählt in der Zusammenarbeit? Wird er mit seiner neuen Aufgabe Erfolg haben? Ziel sollte es sein, den Mitarbeitern die Unsicherheit zu nehmen. Denn nur dann werden sie die neue Führung akzeptieren und motiviert volle Leistung bringen. Schließlich kann es extrem teuer werden, wenn langjährige erfahrene Fachkräfte aus dem Unternehmen ausscheiden. Ihr Know-how geht für den Betrieb und dessen Wertschöpfung unwiederbringlich verloren. Es wird in der Regel teuer sein, sie zu ersetzen.

Setzen Sie auf offene Kommunikation

Wichtig ist es deshalb, gegenüber den Mitarbeitern die Nachfolgeplanung offen zu kommunizieren. Im Idealfall wird dazu eine Betriebsversammlung oder eine Betriebsfeier organisiert, an der möglichst alle im Team teilnehmen. Der Nachfolger stellt sich vor und erklärt, was er vorhat. Zudem sollten Einzelgespräche mit dem neuen Chef möglich sein. Bei einer externen Übergabe geht es darum, sich kennenzulernen und von vornherein durch einen kooperativen Führungsstil die Weichen für eine erfolgreiche Zusammenarbeit zu stellen. Die Mitarbeiter sollten vor den Kunden und Lieferanten Kenntnis von der Nachfolge erhalten.

Agieren Sie langfristig

Bei der Nachfolge in der Familie besteht oft das Problem, dass viele Mitarbeiter den Junior von klein auf kennen. Er sollte bereits vor der Staffelübergabe mit Führungsaufgaben im Unternehmen betreut sein oder durch eine externe Tätigkeit das notwendige betriebswirtschaftliche Wissen sowie seine Führungskompetenz unter Beweis gestellt haben. Dabei kann der Senior unterstützen, indem sich der Junior frühzeitig gleichberechtigt in die Firma einbringen kann. Der übernehmende Nachwuchs erhält im Idealfall über einen Zeitraum von fünf bis zehn Jahren die Möglichkeit, eine Unternehmerpersönlichkeit zu entwickeln.