Ausbildungsberatung: Werben um Migranten

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Duran Dolu sieht seine Aufgabe darin, Perspektiven aufzuzeigen, aber auch zu fordern. Der Politologe mit türkischen Wurzeln ist Ausbildungsberater bei der Handwerkskammer für München und Oberbayern und wirbt um potentiellen Handwerkernachwuchs – in Schulen, türkischen Communities und Moscheen. handwerk magazin hat Dolu bei einem Schulbesuch begleitet.

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    Ausbildungsberater Duran Dolu (steht) von der HWK München klärt über Handwerksberufe auf in einer Deutschförderklasse in der Hauptschule in der Simmernstraße in München.
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    Auszubildender Hasan Yalcin (mitte) erzählt den jungen Migranten über seine Ausbildung als Rollladen- und Sonnenschutzmechatroniker.
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    Duran Dolu erklärt den jungen Migranten das Bildungssystem in Deutschland und beantwortet Fragen.

Dragana Grujic ist 15 Jahre alt, schwarze Haare, dunkle Augen. Sie kam vor zehn Monaten von Bosnien nach Deutschland. Ihr Vater sei vor sechs Jahren nach Deutschland gekommen und habe nun sie und ihre restliche Familie nachgeholt, erzählt sie. Sie ist eine von über 20 Schülern der Hauptschule an der Simmernstraße in München (Schwabing), die eine Deutschförderklasse besuchen. Dolu steht heute vor ihnen, will den jungen Leuten, die aus Afghanistan, Vietnam, Ukraine oder Bosnien kommen, „Mut machen“, wie der Ausbildungsberater sagt. Nach dieser Klasse werden sie in eine neunte Regelklasse Hauptschule wechseln. „Und dann?“, fragt Dolu in die Runde. Wie geht es weiter für die jungen Leute in Deutschland? Um diese Frage zu beantworten, ist er heute hier.

Hasan Yalcin begleitet Dolu an diesem Freitag. Der 16-Jährige ist bereits einen Schritt weiter – seit August 2010 macht er eine Ausbildung zum Rollladen- und Sonnenschutzmechatroniker. Er selbst ist in Deutschland geboren und aufgewachsen, seine Eltern stammen aus der Türkei. „Ich wollte eigentlich erst Kfz-Mechatroniker lernen“, erzählt der Münchner, habe aber keine Stelle gefunden. Die jetzige Ausbildung mache aber auch Spaß.

Ausbildungswege aufzeigen

Über das Schulsystem in Deutschland informiert Dolu die Klasse, und wie wichtig eine Ausbildung ist, um hier leben zu können. „Ungelernte haben keine Chance in Deutschland eine Arbeit zu finden“, erklärt er den jungen Migranten. „Um hier arbeiten zu können, ist deshalb die deutsche Sprache sehr wichtig.“

Die jungen Leute hören zu, stellen Fragen. Einige wollen Ingenieur oder wie Dragana Grujic Ärztin werden. Ziele, die sie aus ihren Heimatländern mitgenommen haben. „Es ist eine sehr leistungsfähige und lernwillige Klasse“, sagt Lehrerin Marei Heller-Liedke. Sie hätten gute Noten. Lediglich die Sprachkenntnisse würden noch nicht reichen.

Der Ausbildungsberater dämpft jedoch erstmal die Erwartungen, zeigt aber auch Möglichkeiten auf – über eine Handwerksausbildung: „Nach einer guten Ausbildung kann jeder noch das Abitur nachholen“, sagt er. Dass es mittlerweile möglich ist, nach einem Meister auf eine Hochschule zu gehen ist für sie auch etwas Neues. Wie das genau gehe, wollen einige wissen und wie man eine Ausbildungsstelle hier finde. „Auf die Leute zugehen, persönlich zum Beispiel um ein Praktikum fragen“, rät er allen.

Junge Migranten für Handwerksberufe begeistern

Dolu versucht zusammenzubringen, was bisher selten zusammenfand – junge Migranten und Handwerksbetriebe. Der Besuch von 9. Regelklassen in Hauptschulen gehört deshalb zu seinen Aufgaben. Auch in diesen Klassen sitzen viele Jugendliche mit Migrationshintergrund, die teilweise in Deutschland geboren wurden. Wie der Azubi Yalcin, der ihn an diesem Tag begleitet. Seine Eltern kommen aus der Türkei.

Türkische Migranten sind auch Dolus hauptsächliche Klientel, die er für das Handwerk gewinnen will. „Über 60 Prozent der türkischen Jugendlichen in München besuchen eine Hauptschule“, erklärt der Ausbildungsberater. Im Gegensatz zu vielen deutschen Jugendlichen nehmen nach Dolus Erfahrung türkische Jungen und Mädchen die Ausbildung nicht ernst genug. Ein Entwicklungssprung folge erst mit 18 oder später. Überbehütet von den Eltern stolpern sie mehr oder weniger ins Berufsleben.

Auch Yalcin hatte die Suche anfangs nicht ernst genug genommen. „Anfangs hat mich das gar nicht interessiert“, erzählt er. Er habe geschriebene Bewerbungen auch teilweise gar nicht weggeschickt. Die Stelle habe er schließlich mit Hilfe der Agentur für Arbeit gefunden. „Nach einer Woche Probearbeiten hat mein Chef mich schließlich genommen und die Ausbildung ist wirklich interessant.“

Deshalb sei auch das Gespräch mit den Eltern wichtig, um sie für Anforderungen in der Arbeitswelt zu sensibilisieren. Vor kurzem war er bei einem Elternabend. „Von 30 Schülern sind 17 Eltern gekommen“, erzählt Dolu. Das Angebot werde angenommen. Unterhalten wird sich auf türkisch, um erste Berührungsängste anzubauen. „Es gibt aber auch Eltern, die wollen, dass man mit ihnen deutsch spricht.“ Sie seien interessiert, wollen dass ihre Kinder beruflich etwas erreichen.

Die Arbeit zeige Erfolg, so Dolu. Was noch fehle, seien die Betriebe, die sich noch mehr öffnen müssten. Nach Ansicht Dolus könnten auch die Betriebe von Lehrlingen von ihrer Zweisprachigkeit profitieren, etwa neue Zielgruppen für sich erschließen.