Handwerkskonjunktur Prognose 2022: Großer Sprung im Jahr des Tigers?

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Mitten in der vierten Corona-Welle fällt eine 2022er-Umsatzprognose schwer. Und auch der ­Fachkräftemangel könnte für Bremsspuren sorgen.

Konjunktur im Jahr des Tigers
Ein gutes 2022er-Omen? Der Tiger steht für Mut, Abenteuerlust und Selbstbewusstsein. - © AB Photography/AdobeStock

Mut, Selbstbewusstsein und Abenteuerlust – das Jahr des Tigers, wie es der chinesische Kalender am 1. Februar einläutet, bringt ja schon ein paar nützliche Charakterzüge für 2022 mit. Denn dass das dritte Pandemie-Jahr für Handwerksunternehmerinnen und -chefs weiter herausfordernd bleiben wird, dafür muss man kein Prophet sein. Schließlich gilt es, zwischen Corona-­Beschränkungen, Umbau der Wirtschaft in Richtung Klimaneutralität und demografischem Wandel den Betrieb weiter auf Kurs zu halten.

Da würde man sich als Betriebs­inhaber natürlich wenigstens ein – auf die Konjunktur bezogen – ruhigeres Fahrwasser wünschen. Die Krux: Umsatz­prognosen fürs Jahr 2022 sind laut ­Holger Schwannecke, Generalsekretär des Zen­tralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH), derzeit ein Blick in die Glaskugel (siehe Interview unten). Ein Plus von vier Prozent steht im Raum. Ob sich diese Prognose lange halten lässt – ungewiss.

Doch wer Schwannecke kennt, weiß, dass er ein paar klare Empfehlungen fürs politische Berlin parat hat: „Wenn die wirtschaftliche Erholung im Handwerk andauern soll, muss die Ampel-Regierung schnell für eine Verstetigung des Erholungsprozesses sorgen: Sie muss für unsere Betriebe langfristig Planungs­sicherheit in Bezug auf Arbeitsvorgaben und Schutzkonzepte in der Pandemie schaffen.“ Zudem seien die derzeitige Unsicherheit und der Zick-Zack-Corona-Kurs Gift für die zarte Konjunkturerholung. „Auch weil die aus dem Takt geratenen Logistikketten sich so nicht normalisieren können“, führt er weiter aus.

Megathema: Fachkräftesicherung

Hört man sich in Handwerksbetrieben um, bekommt man immer ein Schlagwort als „Pain Point“ präsentiert: den Fachkräftemangel. Auch Schwannecke beschreibt die Fachkräftesicherung als „das Mega­thema für das Handwerk“. Eine Mammutaufgabe, die dem ZDH-General­sekretär mit Blick auf den ­konjunkturellen Aufschwung und die ­Zukunftsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Sorgen bereitet. „Der Mangel an qualifizierten Fachkräften kann auch im nächsten Jahr zur Bremse eines sonst noch stärkeren Umsatzwachstums im Handwerk werden. Die ­Betriebe suchen schon jetzt wieder händeringend nach qualifizierten Fachkräften“, sagt er. Zumal die Pandemie nichts am hohen Bedarf geändert habe. „Qualifizierte Fachkräfte werden nach der akuten Krise in allen Wirtschaftsbereichen gebraucht, um Deutschland wirtschaftlich wieder auf Kurs zu bringen und besonders auch, um die Zukunftsfelder wie Energie- und Mobilitätswende, Klimaschutz, Wohnungsbau, digitalen wie analogen Infrastrukturausbau zu gestalten.“ So dürfe der Klimaschutz nicht daran scheitern, „dass diejenigen fehlen, die ihn umsetzen“.

Materialmangel und Co.

Damit nicht genug. Auch die ­Liefer- und Materialengpässe verur­sachen bei Unternehmern Sorgenfalten. Schwan­necke: „Hier muss die Politik alle ihr zur Ver­fügung stehenden Möglichkeiten etwa bei öffentlichen Aufträgen nutzen.“ Und der ZDH-­Generalsekretär hat noch einen ­dritten Punkt parat: „Bezogen auf die langfristigen Herausforderungen ­einer finanziell prekären Lage der Sozialversicherungssysteme und einer international immer weniger wettbewerbsfähigen Besteuerung von Betrieben und Unternehmen muss die Ampel endlich grundsätzliche politische Struktur­reformen angehen.“

Aus Sicht der Tier-Jahre am besten sofort. Der Hase, heißt es, schätze Veränderungen nicht so. Und der folgt 2023 auf den Tiger.

Gewerbegruppen: Geschäftslage im 3. Quartal 2021

Die Grafik zeichnet ein eindeutiges Bild: Die große Mehrheit in den Bau- und Ausbau­gewerken bewertete ihre Geschäftslage im dritten Quartal 2021 mit „gut“. Anders im Kfz-Gewerbe und den persönlichen Dienstleistungen: Hier waren es nur 34 und 30 Prozent.

ZDH Konjunkturbericht 2/2021
© handwerk magazin/ZDH

Holger Schwannecke: "Glaskugel-Blick"

Wie fällt Ihre 2021er-Prognose aus?

Holger Schwannecke: Vor der Zuspitzung der Corona-Lage hat sich für das Jahr 2021 mit einem Umsatzwachstum von rund zwei Prozent ein überraschend gutes Ergebnis abgezeichnet. Dieses hat einmal mehr die Tatkraft unserer Branche und ­ihrer Fähigkeit verdeutlicht, flexibel zu agieren und die sich bietenden ­Geschäftsmöglichkeiten zu nutzen. Trotz immenser Herausforderungen bei der Materialbeschaffung haben unsere Betriebe bis zuletzt alle Register gezogen und die mit jeder wegfallenden Corona-Einschränkung sich ergebenden Chancen genutzt. Viele konnten ihr Ergebnis stabil halten oder sogar leicht zulegen. Gedämpft wird der konjunkturelle Aufwärtstrend von den fehlenden Fachkräften und Auszubildenden. Auch angesichts von wieder bestehenden und noch drohenden Corona-Einschränkungen kommt die Erholungsdynamik aktuell ins Stocken und die tatsächliche Umsatzentwicklung im Jahr 2021 könnte geringer als prognostiziert ausfallen.

Und was erwarten Sie für 2022?

Holger Schwannecke: Für 2022 haben wir – Stand Ende Oktober – für das gesamte Handwerk ein Plus von vier Prozent erwartet. Allerdings sind Umsatzprognosen im Moment sprichwörtlich ein Blick in die Glaskugel. Zu groß sind die Unsicherheiten wegen der besorgniserregenden Entwicklung der Pandemie, der Dauer der Lieferkettenprobleme und den immer größeren Fachkräfte­engpässen.

Gesamthandwerk: Prognose für den 2022er-Start

Das Gesamthandwerk blickt ein wenig verhalten in die Zukunft. 88 Prozent der befragten Unternehmen rechnen mit einer guten oder befriedigenden Geschäftslage. Zumal die anhaltenden Lieferengpässe die weitere konjunkturelle Erholung bremsen dürften.

Gesamthandwerk Prognose für den 2022er-Start
© handwerk magazin/ZDH