Recycling: Geld verdienen mit Wertstoffen

Elektrohandwerker Hans J. Behrens will Altmetalle künftig sammeln und gewinnbringend entsorgen. Denn: Knappe Rohstoffe machen auch Abfall aus Handwerksbetrieben wertvoll. Wer jetzt mit Altmetallen und anderen Stoffen in die Kreislaufwirtschaft einsteigt, eröffnet sich ein interessantes Zusatzgeschäft.

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    Altmetalle verwerten
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    Elektrohandwerker Hans J. Behrens will Altmetalle künftig sammeln und gewinnbringend entsorgen.
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    Sekundärrohstoffen bei der Kupferproduktion
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    Der Anteil an Sekundärrohstoffen bei der Kupferproduktion steigt seit Jahren beständig.
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    Hjalmar Vierle
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    „Die Rohstoffpreise schwanken von Bundesland zu Bundesland.“ Hjalmar Vierle, Entsorgungsverband des Norddeutschen Handwerks.
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    Handel mit Wertstoffen
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    „Wer Wertstoffe sammelt, muss auch davon profitieren.“ Hans J. Behrens (li.), Elektro-, Heizung- Sanitärunternehmer mit Mitarbeiter Niklas Glazier.

Wertstoffe zu Geld machen

Seit einem Jahr sammelt Hans J. Behrens, Inhaber eines Elektro-, Heizungs- und Sanitärbetriebs in Worpswede, für Lightcycle, ein Gemeinschaftsunternehmen der Leuchtenindustrie, verbrauchte Energiesparlampen, LEDs und Leuchtstoffröhren ein. Zwar bekommt er dafür noch kein Geld von dem Entsorger, aber Behrens weiß von Lightcycle-Chef Stephan Riemann, dass neun von zehn Kunden, die eine Leuchte entsorgen, anschließend dort ein Neuprodukt kaufen, wo sie das alte entsorgt haben.

Das rege Interesse seiner Kunden hat Behrens auf den Geschmack gebracht. Er könnte auch andere Altprodukte wie Batterien, Messingarmaturen, Kupferrohre und andere Metallprodukte sammeln und entsorgen, dann aber für Geld. Mit Unternehmen, die Wertstoffkreisläufe für solche Produkte organisieren, müsse über die genauen Konditionen verhandelt werden, fordert Behrens. „Die Industrie zahlt für viele Altmetalle bares Geld“, sagt der Handwerksunternehmer. Davon müsse auch der Handwerksbetrieb profitieren, der Wertstoffe sammelt oder zurücknimmt.

Diese klare Ansage hat Hand und Fuß. Tatsächlich leisten viele Entsorgungs- und Recyclingunternehmen für Altmetalle und andere Sekundärrohstoffe Rückvergütungen, wenn bestimmte Voraussetzungen in puncto Qualität und Volumina erfüllt sind (siehe Tipps auf Seite 22). Viele Handwerksbranchen, bei denen unterschiedliche Wertstoffe als Abfall anfallen, können diese gewinnbringend verkaufen.

5000 Euro pro Tonne Kupfer

Die Industrie forciert Recyclinglösungen nach Kräften: Weil Rohstoffe und anderen Produktionsmaterialien immer teurer werden, ist sie für Angebote aus zweiter Hand besonders aufgeschlossen. Vor allem Metalle werden wegen der ständig steigenden Weltmarktpreise stark nachgefragt. Für Kupfer, Messing, Aluminium oder Blei aus Altbatterien sind Rückvergütungen mittlerweile nahezu selbstverständlich. So gibt es für eine Tonne Altkupfer schon mal 5000 Euro auf die Hand. Eine Tonne Aluminium kann zwischen 850 und 1000 Euro abwerfen, je nachdem, welche Preise Weltmarkt und Wechselkurse für die dollarnotierten Metalle anzeigen.

Für ausgediente Automobil-Produkte gibt es ebenso Bares. Außer Motoröl und Bremsflüssigkeit können Alufelgen, Reifen und Bremsscheiben verkauft werden - allerdings mit ungewissen Gewinnaussichten. „Bei Altöl wechseln ständig die Preise“, sagt Wolfgang Deml, Inhaber eines Kfz-Betriebs in München. „Bei Altreifen wechselt hingegen die Situation: Mal erhalten wir eine Vergütung, mal müssen wir für die Entsorgung zahlen, je nachdem wie sich der Markt entwickelt.“ Auch andere Sekundärrohstoffe unterliegen den Gesetzen von Angebot und Nachfrage. Wenn die Verkäufe von Neuprodukten abstürzen, bleiben auch die Anbieter von Altprodukten auf diesen sitzen oder müssen sich mit geringeren Vergütungen begnügen. Bei vielen Wertstoffen hängt deren Höhe auch von den regionalen Entsorgungs- und Recyclingstrukturen ab. Je stärker örtliche Weiterverarbeiter Holz, Kunststoffe und andere Sekundärrohstoffe nachfragen und je intensiver der Wettbewerb der Dienstleister ist, desto mehr fällt für den Anbieter ab.

Transport- und andere Zusatzleistungen können die Preise ebenfalls beeinflussen. Von einem „permanent schwimmenden Markt“ spricht Hjalmar Vierle, Geschäftsführer des Entsorgungsverbands des Norddeutschen Handwerks (ENH). „In Schleswig-Holstein können für einen Rohstoff ganz andere Rückvergütungen anfallen als in Baden-Württemberg“, sagt der Marktkenner.

Großes Interesse am Handwerk

Trotz dieses Auf und Ab am Markt steigt das Interesse an Rohstoffen ständig. Neben bundesweiten Unternehmen wie Interseroh, Remondis oder Reverse Logistics Group (RLG) haben auch zahlreiche regionale Dienstleister kollektive Rücknahmesysteme aufgebaut. An Handwerksbetrieben zeigen diese Unternehmen neuerdings verstärktes Interesse, egal ob SHK-, Elektro-, Kfz- oder Metallbetriebe sowie Bauhandwerker, bei denen Fensterglas, Dämmstoffe oder Altholz anfallen. „Wir sehen enormes Potenzial im Handwerk“, ermuntert RLG-Geschäftsführer Patrick Wiedemann zur Teilnahme an Wertstoffkreisläufen: „Vor allem Nichteisenmetalle und Altöl werden verstärkt nachgefragt.“

Abfall online verkaufen

Seit Kurzem können solche Stoffe auch auf Onlineportalen verkauft werden. Als Pionier tritt die Plattform Recommerce24 des Münchner Dienstleisters CCR auf. Gesammelt wird in eigenen CCR-Behältern. Wenn der Pilotbetrieb in Südbayern auf Touren gekommen ist, will das Portal, das sich ausdrücklich an Handwerksbetriebe wendet, in den bundesweiten Wertstoffhandel einsteigen.

Das rege Interesse an Sekundärrohstoffen überrascht nicht. Mit wiederverwerteten Metallen und Kunststoffen kann die Industrie jährlich Primärrohstoffe von über zehn Milliarden Euro ersetzen, meldet der Bundesverband der deutschen Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft (BDE). Neun von zehn Entsorgungs- und Recyclingunternehmen sprechen von steigenden Umsätzen und Erträgen.

Für die guten Zahlen sorgt nicht zuletzt der Gesetzgeber. Das 2012 novellierte Kreislaufwirtschaftsgesetz (KrWG) strebt nicht nur für Papier und Glas, sondern auch für Metalle und Kunststoffe bis 2020 eine Recyclingquote von 65 Prozent an. Für Bau- und Abbruchabfälle sind sogar 70 Prozent vorgesehen. Das geht weit über die EU-Abfallrahmenrichtlinie hinaus, die sich mit 50 Prozent begnügt. Das Bundesumweltministerium begründet diese Verschärfung mit dem „hohen Recyclingniveau“ der deutschen Wirtschaft. Tatsächlich kann hierzulande so ziemlich jeder sortierbare Abfall wiederverwendet werden - also auch Schaumdosen, Altfette und Lösungsmittel, die bei einzelnen Handwerksbetrieben in größeren Mengen anfallen. Die Industrie forciert Recyclinglösungen nach Kräften.

Entsorgungsaufwand entscheidet

In der Praxis stehen und fallen Vergütungen mit dem Aufwand für Entsorgung und Recycling. Wo Wertstoffe getrennt, zerlegt und geschreddert werden müssen, bleibt für finanzielle Erstattungen wenig Spielraum. Wohl auch deshalb gibt es für Altleuchten und Lampen derzeit noch kein Geld. In naher Zukunft könnten jedoch auch für Leuchten und andere Elektronikprodukte Vergütungen anfallen, egal bei welchem Anbieter sie entsorgt werden. Für Elektroschrott erwarten Marktkenner in den nächsten Jahren eine besonders stark steigende Nachfrage. Denn eine novellierte EU-Richtlinie, die 2014 in nationales Recht umgesetzt werden muss, schraubt die Wiederverwertungsquoten für Elektronikprodukte einschließlich Fotovoltaikanlagen auf bis zu 65 Prozent hoch. Außerdem arbeiten Wirtschaft und Forschung mit Hochdruck an neuen Recyclingmöglichkeiten für weitere Metalle wie seltene Erden. Diese extrem teuren Metalle werden in Kleinstmengen in nahezu allen Smartphones, Notebooks, LED-Leuchten, Leuchtstofflampen und Elektromotoren verbaut.

Wer wie HandwerksunternehmerBehrens jetzt in die Kreislaufwirtschaft einsteigt, investiert in jedem Fall in ein künftiges Profitcenter. Das neue Kreislaufwirtschaftsgesetz hilft ihm dabei sogar und schützt ihn vor Konkurrenz. Denn Behrens darf Leuchten laut Gesetz nur dann zurücknehmen, wenn er solche Produkte auch verkauft.