Werbung auf Rädern

Fahrzeugwerbung | Unterwegs sein auf Deutschlands Straßen und dabei fürs Unternehmen werben. Einfacher kann Marketing nicht sein.

Werbung auf Rädern

„Wenn der Handwerker bei meinem Nachbarn ist, muss er ja gut sein.“ So denken viele Passanten, wenn sie ein Firmenfahrzeug vor dem Haus nebenan stehen sehen. Dachfensterspezialist Robert Bliemel aus Gräfelfing werkelt drinnen.

Bliemels Transporter ist sehr einfach gestaltet: Einbaubetrieb Bliemel Dachfenster, Telefonnummer, Ort. Fertig. Aber es wirkt. Fremde Leute rufen an und sagen, sie hätten den Transporter auf der Straße gesehen und bräuchten ein neues Fenster. Oder Bliemel ist beim Kunden, und Leute aus der Nachbarschaft klingeln und wollen sich informieren. Deswegen hat er mittlerweile meist einen Schwung Flyer dabei, wenn er zum Kunden rausfährt. „Auf diese Weise habe ich schon viele neue Aufträge bekommen.“

Wie sieht’s mit den Kosten aus? „Ich hatte einmalige Werbungskosten von circa 800 Euro. Die hatte ich nach kurzer Zeit wieder drin“, sagt Bliemel. Und er ist der festen Überzeugung, eine Werbung auf dem Firmenfahrzeug muss nicht aufwändig sein, um aufzufallen. Er wollte bewusst eine einfache Gestaltung, denn „wenn wir auf der Autobahn fahren, sollen Kunden die Informationen schnell erfassen können. Da haben sie keine Zeit, einen ganzen Roman zu lesen.“

Diese klassische Form von Fahrzeugbeschriftung ist weitverbreitet und eigentlich ein Muss. „Es ist unstrittig, dass es für jedes Unternehmen sinnvoll ist, zumindest an eigenen Fahrzeugen auf die eigene Firma aufmerksam zu machen“, sagt Marketingprofessor Franz-Rudolf Esch von der Uni Gießen (siehe Interview Seite 36). Erstens, um in der Region aufzufallen. Und zweitens, um von Bestandskunden wiedererkannt zu werden. Robert Bliemel ist überzeugt von dieser Methode: „Ich würde bei einem neuen Auto sofort wieder auf diese Art Werbung machen.“

Warum gerade diese Werbeform sinnvoll ist? Weil Betrachter nicht einfach wegklicken oder abschalten können, so die Werbeagentur Medieninsel in Lindau. Sprich: Rollende Werbung wird wahrgenommen. Das ist nicht zwangsläufig so, wendet Marketingexperte Esch ein: „Ob man mit rollender Werbung Kunden erreicht, hängt davon ab, wie aufmerksamkeitsstark und plakativ sie ist.“

Auffallen ist alles

Da Menschen schon so reizüberflutet sind durch Fernsehen, Zeitungen, Zeitschriften und Internet, wird es für jeden Werbenden immer schwerer, zu seiner Zielgruppe durchzudringen. Daher wird zunehmend im direkten Lebensumfeld der Zielgruppe geworben. Das geht von der Werbung in der U-Bahn und Bushaltestelle über die Rückseite von Kinokarten und Popcorntüten bis hin zu Werbung auf Fahrzeugen. Erfolg versprechen auffällige Motive an Orten, die von der angepeilten Zielgruppe oft besucht werden. Dabei sollen lieber weniger Leute aufs Fahrzeug gucken, dafür aber die richtigen.

Logo auf fremden Autos

Man kann auch andere für sich werben lassen. Diese Methode nutzt Dachfensterspezialist Bliemel. Auf seinem knallroten Mini steht der Firmenname seines Lieferanten Roto Dach- und Solartechnologie neben seinem eigenen. „Roto hat uns gefragt, ob wir wegen unserer guten Kooperation den Mini leasen wollen“, sagt Ehefrau Angela Bliemel. Davon profitieren beide Seiten: Firma Bliemel bekommt den Mini zu günstigen Leasingraten. Je mehr Roto-Dachfenster Bliemel verkauft, desto niedriger die Leasingrate. Für Roto aus Bad Mergentheim ist es schlicht Werbung.

Problematische Werbeform

Eine andere Variante ist, Privatpersonen in eigener Sache mit Werbung durch die Gegend fahren zu lassen. Diese ist vor allem im Internet verbreitet. Hier ist Vorsicht geboten. Viele Portale werben damit, dass Agenturen monatlich einige Hundert Euro bezahlen, wenn man mit Werbung herumfährt. Kann gut gehen, muss aber nicht. Aufpassen muss man dann, wenn solche Vermittler vorab eine Bearbeitungsgebühr erheben.

Auch Manfred Kohl vom Werbemittelhersteller Logo Werbestudio in Halle ist skeptisch. „In der Praxis hat sich diese Werbemethode nicht bewährt“, so Kohl. Unternehmer gehen nicht das Risiko ein, einen wildfremden Privatmann für sich werben zu lassen. Lieber fragt ein Unternehmer Freunde und Bekannte oder Taxiunternehmen, ob die einen Firmenaufkleber auf ihrem Auto anbringen.

Adrienn Sümeg

redakteur@handwerk-magazin.de