Wenn die Versicherung mauert

Schadensfall | Immer wieder weigern sich Versicherer, im Ernstfall zu zahlen. Bei solchen Streitigkeiten steht der Unternehmer aber nicht automatisch auf verlorenem Posten. Wird rechtzeitig professionelle Hilfe und Sachverstand von außen geholt, ist noch einiges zu retten.

Wenn die Versicherung mauert

Peter Schwarzt ist zuversichtlich. „Wir bauen. Das neue Gebäude soll noch in diesem Jahr fertig werden“, erklärt der Seniorchef der Schwarzt GmbH im niedersächsischen Lamspringe zufrieden. Vor drei Jahren war die alte, 3000 Quadratmeter große Produktionshalle seiner Verpackungsfirma fast vollständig abgebrannt. Auch die Maschinen der mittelständischen Firma, die für zahlreiche Kunden vor allem Markenartikel verpackt und die dafür notwendigen Kunststoffverpackungen selbst herstellt, fielen den Flammen zum Opfer. Das zweite Gebäude auf dem Gelände – ein Neubau, geschützt durch eine Brandmauer – blieb zum Glück verschont. „Nur weil damals die Feuerwehrleute wirklich gut gelöscht haben, konnte es gerettet werden“, erinnert sich Schwarzt.

Von seiner Versicherung hätte der Unternehmer in dieser existenziellen Notlage – bei einem Millionenschaden für den Betrieb – eigentlich die für solche Fälle vertraglich abgesicherte Finanzspritze erwartet. Doch die Gesellschaft, bei der Inventar, also auch die Maschinen, und Betriebsunterbrechung versichert waren, blockte und attackierte ihren Kunden sogar. „Die haben einfach behauptet, wir hätten die Halle selber angesteckt“, sagt Seniorchef Schwarzt mit einer Stimme, der noch heute die Fassungslosigkeit und Empörung anzumerken ist. Auch als die Staatsanwaltschaft, die in solchen Fällen grundsätzlich erst einmal ermittelt, das Verfahren längst eingestellt hatte, blieb die Gesellschaft bei ihrer Anschuldigung und die Schwarzt GmbH ohne finanzielle Entschädigung.

Ohne die Beratung und den Einsatz eines unabhängigen Experten wäre Peter Schwarzt auf seinem Schaden sitzen geblieben und hätte für den Familienbetrieb Insolvenz anmelden müssen. Ihr wirtschaftliches Überleben verdankt die Schwarzt GmbH dem öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen sowie Versicherungsberater Friedhelm Peter aus Sarstedt.

Mehr als zwei Jahre Streit

Friedhelm Peter kümmerte sich unter anderem um die Korrespondenz mit der Versicherung, die schnell mehrere Ordner füllte. „Wie hätte ich das ohne fachkundige Unterstützung schaffen sollen – neben dem Wiederaufbau der Firma? Das war für mich fast ein Neuanfang“, so Schwarzt. Mit dem Gebäudeversicherer kam so relativ schnell eine Einigung zustande. „Wir haben uns angemessen verglichen. Rund fünf Monate nach dem Brand“, einnert sich der heute 68-jährige Seniorchef.

Erst zwei zermürbende Jahre später war auch die andere Gesellschaft, bei der Inventar und Betriebsunterbrechung versichert waren, zu einem Vergleich bereit – aber nicht zu der gerichtlich empfohlenen Zwei-Drittel-Lösung. „Das wären 800000 Euro von unseren beanspruchten 1,2 Millionen Euro gewesen“, so Schwarzt. „Die haben sich aber nicht darauf eingelassen und hin- und hergefeilscht. Bis wir bei 600000 Euro gelandet sind, die im Frühjahr 2007 überwiesen wurden.“ Und er ergänzt: „Wir haben uns gesagt: Besser 50 Prozent jetzt als vielleicht 80 oder 90 Prozent in vier oder fünf Jahren nach weiteren Gerichtsverfahren.“ Größere finanzielle Rücklagen, um solche existenzbedrohenden Notfälle zu überbrücken, hat das mittelständische Unternehmen nicht. „Und das nutzen die Gesellschaften natürlich aus. Sie können warten, wir nicht“, lautet das nüchterne Fazit von Schwarzt.

Oft bleibt nur eine Klage

Inzwischen kann der Unternehmer aus Niedersachsen wieder nach vorne blicken. Die 40 Mitarbeiter seiner Verpackungsfirma sind weiter in Lohn und Brot. Die Bank gibt wieder Kredit. Und auch eine neue Versicherungsgesellschaft wurde mithilfe des Beratungs- und Sachverständigenbüros von Friedhelm Peter (www.sv-peter.de) gefunden. „Schadenersatzansprüche werden von den Versicherern oft einfach bestritten“, beobachtet Friedhelm Peter. Dann steht die Existenz der Firma auf dem Spiel. Wenn sich gar nichts mehr bewegt, muss der Betrieb klagen. Wie im Fall der Firma Schwarzt, die Versicherungsberater Peter bei der Durchsetzung ihrer Schadenersatzansprüche rund drei Jahre lang durch viele Untiefen gelotst hat.

„Die Betriebe trifft ein Großschaden unvorbereitet. Und dann stehen sie einer Wissensmacht gegenüber, die ihr Know-how weniger für die Interessen ihrer eigentlichen Klientel einsetzt als vielmehr für das eigene Unternehmen“, stellt der auf Sach- und Betriebsunterbrechungsschäden spezialisierte Berater fest.

Der Versicherer muss zahlen

Das wäre auch einem hochspezialisierten Schweißfachbetrieb mit rund 50 Mitarbeitern beinahe zum Verhängnis geworden. Über vier Millionen Euro Schadenersatz sollte die Firma einem großen Autohersteller zahlen. Der Grund: fehlerhafte Schweißnähte an von der Firma umgearbeiteten Transportgehängen für die Rohkarossen. Für den Austausch und die erforderliche Stabilisierung der Gehänge musste der Betrieb unterbrochen werden. „Nicht versichert“, meinten die zuständige Versicherung und der betreuende Makler, mussten sich jedoch vom sofort eingeschalteten externen Fachmann eines Besseren belehren lassen. Werner Fütterer, Sachverständiger und Versicherungsberater speziell für Haftpflichtschäden (wfuetterer@versicherungsberatung-wfuetterer.de), wies der Gesellschaft in zähen Prüfungen und Verhandlungen nach, dass es sich erstens um einen Produkthaftpflichtschaden handelte, den der Schweißfachbetrieb sehr wohl versichert hatte. Und dass zweitens in dem Fall auch die Kosten bis hin zum Abtransport in die Werkstatt einschließlich Nachbearbeitung zu ersetzen sind. Vom Experten in die Enge getrieben, hatte die Gesellschaft zunächst nur das Aus- und Wiedereinklinken am Transportband bezahlen wollen – maximal 70000 Euro. Am Ende wurden daraus 100000 Euro und damit rund zwei Drittel des versicherten Schadens.

Doch selbst wenn die Versicherung sich zahlungswillig zeigt, sind häufig noch viele Punkte strittig: Müssen etwa bei zeitweiliger Stilllegung des Geschäftsbetriebs tatsächlich alle Mitarbeiter bis auf Weiteres entlassen werden? Oder lässt sich der Betrieb möglicherweise doch provisorisch weiterführen? So richtete beispielsweise ein abgebranntes Hotel einen Notbetrieb unterm Zeltdach ein, der zumindest einen Teil der erforderlichen Personalkosten wieder einspielte. Das Stammpersonal stand so bei Wiedereröffnung weiter zur Verfügung. „Es gibt immer Alternativen zu radikalen Lösungen“, sagt Versicherungsberater Peter, der hier als Sachverständiger beteiligt war. Er wolle den Versicherern gar nicht den guten Willen zu zahlen absprechen, allerdings stünden die Gesellschaften selbst unter Druck. Der Gesamtschaden im zweistelligen Millionen-Euro-Bereich des abgebrannten Hotels wurde hier übrigens in rekordverdächtigen vier Monaten abgewickelt und vom Versicherer anstandslos bezahlt.

Ohne Fakten gehts nicht

Wunder kann aber auch ein externer Sachverständiger für Versicherungsfragen nicht vollbringen. Da sei man schon auf die tatkräftige Mithilfe des betroffenen Unternehmens angewiesen, so Fütterer. Und Friedhelm Peter rügt: „Manche Firmenchefs leben in dem Irrtum, sie könnten auf kaufmännische Tugenden wie sachgerechte Buchführung verzichten und brauchten keine weiteren Nachweise zu liefern.“ So funktioniert das im Streitfall aber nicht. Das Anfangsangebot der Versicherung kann ein Sachverständiger nur dann hochhandeln, wenn er harte Fakten in der Hand hat, die die Forderungen des Geschädigten rechtfertigen – sonst wird es schwierig .
Carla Fritz

cornelia.hefer@handwerk-magazin.de