Vorsprung durch Service

Kundenorientierung | Wer sich vom Wettbewerb absetzen will, muss längst mehr bieten als guteProdukte. Dass Betriebe dabei auch mit vermeintlich einfachen Serviceleistungen punkten können, zeigt das Beispiel des Autohauses Pattusch in Dresden.

Vorsprung durch Service

Schon wieder Zeit, die Reifen zu tauschen!? Gerade für Unternehmen bedeutet der halbjährliche Wechsel von Winter- und Sommerpneus „eine logistische Herausforderung“, wie Jörg Pattusch, Inhaber des Autohauses Pattusch in Dresden, weiß. Schließlich gehe der Geschäftsbetrieb weiter, auch wenn alle Firmenfahrzeuge binnen weniger Wochen in die Werkstatt müssten.

Müssen sie wirklich? Diese Frage stellte der VW- und Audi-Händler vor etwa vier Jahren sich und seinen etwa 150 Mitarbeitern. „Wir bieten unseren Kunden schon seit langem beispielsweise einen Hol- und Bringdienst an“, erklärt Ausbildungs- und Schulungsleiter Mike Weinhold. Dieser erspare den Kunden zwar den Weg in das Autohaus an der Kesselsdorfer Straße, nicht aber ihren Fahrzeugen. Außerdem sei das Abholen und Zurückbringen häufig mit Extrakosten verbunden. „Nun wollten wir noch einen weiteren Schritt auf unsere Kunden zugehen mit einem mobilen Räderservice“, erklärt der Kfz-Meister.

Um erste Erfahrungen zu sammeln, gewannen die Dresdner zunächst interessierte Großkunden für einen Pilotversuch. Mit Wagenheber, Drehmomentschlüssel und Werkstattwagen ergründeten Teammitglieder vor Ort die Kundenwünsche und entwickelten erste Ansätze, wie sich diese ohne Qualitätseinschränkungen umsetzen ließen. „Uns war klar, dass der Wagenheber auf Dauer keine Lösung sein konnte, allein schon aus Effektivitätsgründen“, bekennt Weinhold. Doch die gesammelten Erfahrungen erwiesen sich für den späteren Bau eines Spezialanhängers von unschätzbarem Wert.

Das 2006 gemeinsam mit einem sächsischen Fahrzeugbauer entwickelte mobile Reifen-Center verfügt neben einer beweglichen Auffahrrampe über Hebebühne, Kompressor und Notstromaggregat und beherbergt alle erforderlichen Werkzeuge. Damit bietet es den Mitarbeitern professionelle Bedingungen wie in der stationären Werkstatt, „bis hin zu Ergonomie und Arbeitsschutz“, wie Weinhold unterstreicht.

Arbeiten, wo der Kunde ist

Wenn das Pattusch-Team mit diesem Anhänger vorfährt, spart es nicht nur seinen Kunden Zeit und Geld, sondern minimiert beiläufig auch den Organisationsaufwand im eigenen Haus. „Die Außendienstler mancher Firmen kommen zum Beispiel eher selten nach Dresden und wenn, dann bleibt oft nicht genügend Zeit für einen Werkstattbesuch“, erklärt Mike Weinhold: „Heute fahren wir zum Beginn einer Außendienst-Tagung auf den Parkplatz, und am Nachmittag sind alle Fahrzeuge umgerüstet.“

„Service heißt, Kunden zu begeistern“, bekräftigt Harald Siebert von der Landes-Gewerbeförderungsstelle des nordrhein-westfälischen Handwerks (LGH). Die Einrichtung unterstützt Handwerksbetriebe auf diesem Gebiet seit Jahren mit vielfältigen Beratungsangeboten im Rahmen der „Dienstleistungsinitiative Handwerk“. Ein Resultat dieser Arbeit ist das Zertifikat „Service-Star“: eine Auszeichnung, für die Unternehmen ihre Fähigkeit zur Kundenorientierung gegenüber unabhängigen, neutralen Gutachtern unter Beweis stellen müssen. Während die Dienstleistungsinitiative voraussichtlich im Mai ausläuft, soll der „Service-Star“ zu einem bundesweiten Projekt ausgebaut werden. „Qualitäts- und Serviceversprechen sind in der Regel erst nach erbrachter Leistung überprüfbar. Ein Zertifikat von unabhängiger Seite bildet hier für die Kunden eine wichtige Entscheidungshilfe“, betont Martina Althaus von der Handwerkskammer in Dortmund:

Eine Erfahrung, die auch Orthopädietechniker Helmut Rubbert aus Hamm bestätigt. Das von ihm vor fünf Jahren mit gegründete Sanitätshaus Schiffer & Rubbert zählte 2007 zu den Ersten, die die Urkunde entgegennehmen konnten. Mindestens ebenso wichtig wie das Dokument aber waren für ihn und seinen Mitgesellschafter Franz Schiffer „die vielen Anregungen, die wir im Zertifizierungsprozess erhielten und meist kurzfristig in Verbesserungen für unsere Kunden ummünzen konnten: von der Gestaltung des Eingangsbereiches bis hin zur Beschilderung“, lobt der Unternehmer die Beratung.

Der etwa 100 Punkte umfassende Kriterienkatalog sei seitdem zu einem wichtigen Arbeitsmittel im Unternehmen geworden. „Kundenzufriedenheit entsteht nicht durch einzelne Hau-Ruck-Aktionen, sondern muss jeden Tag neu erarbeitet werden“, unterstreicht Betriebsberaterin Martina Althaus, denn auch die Ansprüche der Kunden entwickelten sich laufend weiter: „Was heute noch begeistert, wird in absehbarer Zeit als normal empfunden.“

Den Nerv treffen

Auch im Dresdner Autohaus Pattusch hat guter Service System, was die Höchstpunktzahl im ADAC-Werkstatt-Test 2004 ebenso beweist wie der zweite Platz bei Sachsens „Service-Champion 2008“. Die 45 Arbeitsstunden und rund 20000 Euro, mit denen der neue Service auf den Weg gebracht wurde, sieht Inhaber Jörg Pattusch als lohnende Investition in eines der wichtigsten Geschäftsfelder: das Fuhrparkmanagement. Die Liste der Firmenkunden des Autohauses liest sich wie das „Who is Who“ der Dresdner Wirtschaft. „Der mobile Räderservice wird inzwischen für rund 300 der 800 Firmenfahrzeuge, die wir betreuen, in Anspruch genommen“, zieht Pattusch eine Zwischenbilanz: „Das zeigt, dass wir den Nerv dieser besonders anspruchsvollen Kunden getroffen haben.“

Frank Pollack
kerstin.meier@handwerk-magazin.de