Vorsicht Nachzahlung!

Werbung Bei immer mehr Unternehmen flattern horrende Beitragsnachforderungen der Künstlersozialkasse ins Haus, weil sie Agenturen eingeschaltet haben. Wo die Risiken lauern.

Vorsicht Nachzahlung!

Fotografenmeister Rainer Lebherz ist stinksauer: „Die Künstlersozialkasse kassiert von meinen gewerblichen Kunden jetzt Sozialabgaben.“ Seine Firma Fotostudio Lebherz mit sechs Mitarbeitern in Ofterdingen bei Tübingen ist in die Handwerksrolle eingetragen. Der Firmenchef sieht sich als Unternehmer, nicht als Künstler. Viele Auftraggeber haben ihn angerufen und sich bitter beschwert: „Mir sind die Hände gebunden. Gegen die Forderungen der Künstlersozialkasse habe ich keine Handhabe“.

Betroffen von der Abgabe ist jeder Firmenchef, der regelmäßig kreative Köpfe mit seiner Werbung beauftragt. Ob Flyer, Prospekte, Broschüren, Anzeigenmotive, Websites oder Fotos, in all diesen Fällen kann die Künstlersozialkasse vom Kunden Beiträge verlangen. Die Deutsche Rentenversicherung kontrolliert das in der Betriebsprüfung und fordert über Jahre zurück die Beiträge nach. Clevere Unternehmer informieren sich daher über die Abgabepflicht vor jedem Auftrag (Kästen nächste Seite) und sorgen vor, um Nachzahlungen möglichst zu vermeiden.

Bundessozialgericht stärkt Kasse

Wie Rainer Lebherz ärgert sich auch Daniel Zenker, Inhaber der Agentur Farbecht-Werbung in Dußlingen, über die Abgabe. Er gehört zu den Stammkunden des Fotostudios und wurde ebenfalls von der Künstlersozialkasse angeschrieben. Die Beitragsnachforderung: mehrere tausend Euro für alle Leistungen des Fotografen rückwirkend für die vergangenen Jahre. In letzter Instanz bestätigte das Bundessozialgericht den Abgabenbescheid (Az. B 3 KS 1/10 R).

Weshalb Werbekunden oft und unbewusst in die Beitragsfalle tappen, erklärt Ursula Mittelmann, Fachanwältin für Sozialrecht der Kanzlei Plagemann in Frankfurt am Main, mit der „Pauschalierung im Gesetz“. Jeder, der Kreative einschalte, könne von der Abgabepflicht betroffen sein. „Auch wer über mehrere Jahre einen Moderator für ein Firmenevent engagiert, muss die Pflichtabgabe zahlen“, warnt Gregor B. Sprißler, Fachanwalt für Steuerrecht der Kanzlei Korte und Partner in Recklinghausen.

Gefahr ab drei Anzeigen im Jahr

Wenn ein Grafiker mehr als drei Anzeigen im Jahr für die Firma gestaltet, fallen Beiträge an. Aktuell sind es 3,9 Prozent auf die Rechnungssumme aller Kreativen-Aufträge. Umsatzsteuer, Reisekosten oder steuerfreie Aufwandsentschädigungen dürfen herausgerechnet werden.

Die Deutsche Rentenversicherung hat schon angekündigt, in ihren alle vier Jahre angesetzten Betriebsprüfungen die Beitragspflicht lückenlos zu ermitteln. „Besonders die Position Werbung in der Finanzbuchhaltung kann den Prüfern einen Anhaltspunkt geben“, warnt Rechtsanwältin Mittelmann. Im ersten Schritt wurden bereits zahlreiche Firmen angeschrieben und aufgefordert, einen Erhebungsbogen auszufüllen.

Jetzt wollen die Sozialversicherungsträger noch mehr mittelständische Firmen ins Visier nehmen. Höchste Zeit, dass sich die Werbekunden darauf vorbereiten und die Künstlersozialabgabe vermeiden oder zumindest einkalkulieren.

harald.klein@handwerk-magazin.de

Mehr zum Thema: Sie wollen wissen, wie die Künstlersozialkasse Beitrag und Nachzahlungen berechnet? Hier ist die Musterrechnung: handwerk-magazin.de/werberecht