Oldtimer Vom Schrott zum Schmuckstück

Oldtimer | Wem das windkanaloptimierte Einheitsdesign moderner Autos zu langweilig ist, der sollte sich nach einem älteren Modell umschauen. Angebote bei den Oldtimern, aber auch bei den sogenannten Youngtimern, gibt es für jeden Geldbeutel, und die Lust am Schrauben wird auch befriedigt.

Oldtimer

Vom Schrott zum Schmuckstück

E Wahre Schätze findet man auf der Internetseite von Klaus Kienle, der seit 1984 einen Restaurationsbetrieb für Oldtimer führt. Der Kraftfahrzeugmeister war von 1962 bis 1983 bei Mercedes-Benz in Stuttgart-Untertürkheim angestellt, zuletzt arbeitete er in der Spezialabteilung für Sportwagen und Staatskarossen. Heute beschäftigt er über 60 Angestellte in seinem Betrieb in Heimerdingen bei Stuttgart. Auch zwei seiner vier Söhne arbeiten mit, Marc und Alexander. „Unsere Spezialität sind alle Vorkriegsmodelle von Mercedes sowie die Typen 300 S, 300 SL und 600 – jene Modelle also, die Zeichen setzen und Maßstäbe definieren“, erläutert Kienle. An den Oldtimern reizt ihn gegenüber den heutigen Modellen besonders die Karosseriebauweise. Mit seiner Liebe zu alten Autos ist er nicht allein, das zeigt schon sein prall gefülltes Auftragsbuch. Vom Liebhaber mit einem Fahrzeug bis zum leidenschaftlichen Sammler, der 100 Oldtimer besitzt – alle zählen zu Kienles Kunden, denn bei der „Kienle Automobiltechnik“ gibt es für alle Gewerke eigene Abteilungen, die mit modernsten Werkzeugen arbeiten. Nur Lackierarbeiten werden an externe Spezialisten vergeben. „Fahrzeuge, die unsere Werkstatt verlassen, werden von mir gefahren, getestet und abgenommen“, betont Klaus Kienle. Außerdem bildet er sein Service-Personal fachmännisch aus.

Fast 1,5 Millionen aller in Deutschland zugelassenen Personenwagen sind älter als 20 Jahre. Die meisten davon sind noch unter 30 und gelten somit als „Youngtimer“. Ein Fahrzeugalter von mindestens 30 Jahren berechtigt den Halter, sein Fahrzeug mit einem steuerbegünstigten H-Kennzeichen anzumelden. Rund 260000 klassische Oldtimer haben ein solches Nummernschild.

„Alte Autos sind nicht nur erhaltenswerte Kulturgüter, die Mechanik erlebt seit geraumer Zeit eine Renaissance“, beobachtet Ingo Meyer, Geschäftsführer beim Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) in Bonn, wo er für Ausbildung zuständig ist. Meyer hält das „stark wachsende Geschäft mit Restaurierungen für lukrativer und weniger konjunkturabhängig als den Reparaturservice im Massenmarkt“. Der ZDK forciert daher derzeit einen neuen bundesweiten Ausbildungsgang im Kraftfahrzeuggewerbe: den Mechatroniker mit Schwerpunkt Fahrzeugrestaurierung.

Dass Kauf und Unterhalt von Klassikern nur etwas für Reiche sei, widerlegt Kraftfahrzeugmeister Kienle gerne. Ein rund 30 Jahre alter Mercedes der Typenreihe 200 bis 280 E in gutem Zustand koste 4000 bis 12000 Euro. Wobei die obere Summe für ein Sechszylinder-Coupé in absolutem Top-Zusand mit Vollausstattung stehe. Kienle besitzt selbst einen DB 500 E, einen 190er 2,5 Liter und einen 300 SE W 112, die von 1961 bis 1967 gebaute „S-Flosse“. Sein Geheimtipp ist der günstig zu habende SL-Typ W 129.

Ersatzteile kein Problem

Die Ersatzteilversorgung für ältere Fahrzeuge ist vergleichsweise gut. Kienle empfiehlt: „Ausstattungsteile für Fahrzeuge ab Baujahr 1980 sollte man kaufen und zwischenlagern, Teile der Technik zu beschaffen ist in der Regel kein Problem.“ Die Bayerischen Motorenwerke machten kürzlich anlässlich des vierzigsten Geburtstags der BMW 02er-Reihe von sich reden: Innerhalb von elf Monaten haben Kraftfahrzeugmeister Arthur Heimann und Klaus Kutscher, Leiter der Werkstatt der BMW Group Mobile Tradition, aus einer Rohkarosse aus den siebziger Jahren und aktuell verfügbaren Ersatzteilen einen BMW 2002 tii zusammengebaut. Die Klassikabteilung von BMW kann heute immer noch rund 90 Prozent aller Ersatzteile für den BMW 02 liefern.

Mario Schrank befasst sich schon seit rund 20 Jahren mit der Restauration hochwertiger Oldtimer, speziell von Vorkriegsklassikern. Der Dreifachmeister (Kfz-Mechaniker, Kfz-Elektriker, Karosseriebauer) ist mit seinem Handwerksbetrieb „Oldtimermanufaktur Mario Schrank GmbH“ für über ein Jahr ausgebucht, das Geschäft laufe „mehr als gut“. In Fischbach in der Rhön geben sich die Autoliebhaber – zu 90 Prozent Privatkunden – die Klinke in die Hand, denn Schrank bürgt für Qualität und vor allem für perfekte Originalität.

Ein Vorkriegsauto fachgerecht zu restaurieren und dann mit modernen Extras wie einer Sitzheizung auszustatten, kommt bei Schrank nicht infrage: „Die Fahrzeuge sollen so restauriert werden, wie sie ursprünglich waren“, lautet seine Devise. So wurde auch vor Kurzem in der Oldtimermanufaktur ein BMW- 327/28-Sportcabriolet, Baujahr 1939, in aufwendiger Kleinarbeit komplett restauriert. Das Fahrzeug gilt auch als historisch sehr wertvoll, nicht zuletzt deswegen, weil es sich um das Auto von Heinrich Himmler handelt.

Schrank beschäftigt 14 Mitarbeiter, davon sind bis auf einen alle Meister; geeignetes Personal zu finden, ist für ihn schwierig, der ganze Betrieb arbeitet auf sehr hohem Niveau. Das ist auch notwendig, denn die Ansprüche der Kunden sind ebenfalls sehr hoch. Und wer bis zu 300000 Euro für eine Komplettrestaurierung eines vormals „Schrotthaufens“ ausgibt, der will sicher gehen, dass er in besten Händen ist.

Reinhard Hoffmann

reinhold.mulatz@handwerk-magazin.de