Verstärkung auf Abruf

Leiharbeit Ein größerer Auftrag, zu wenig Leute diese Lücke kann Leiharbeit oder Kollegenhilfe schließen. Worauf Betriebe achten müssen, damit es keinen Ärger mit der Arbeitsagentur gibt.

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    Hermann Stolz (kariertes Hemd) mit seinen Mitarbeitern Hubert Stolz (Latzhose) und Markus Weiß.
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    Laufender Anstieg: Die Zahl der Zeitarbeitsplätze hat sich in den vergangenen neun Jahren fast verdoppelt.
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    „Die Arbeitsagentur einige Tage vor dem Einsatz des Leiharbeiters informieren.“Martin Gottsmann, Justiziar beim Landesinnungsverband des Bayerischen Maler- und Lackiererhandwerks.

Verstärkung auf Abruf

Vor ein paar Jahren dachte Hermann Stolz, von der Hermann Stolz Sanitär- und Heizungstechnik in Mühlheim an der Ruhr noch nicht daran, dass sein Betrieb einmal Zeitarbeiter brauchen würde. Zwar gab es in der Drei-Mann-Firma mit 280000 Euro Jahresumsatz auch Terminengpässe. Doch auf die Idee Leiharbeitnehmer kam Stolz nicht. Bis eines Tages ein Zeitarbeitsunternehmen sein Angebot bei ihm vorstellte. Jetzt füllt er Personallücken mit Zeitarbeit, „einmal im Jahr mit ein bis zwei Leuten für 14 Tage“ - so kann er seine Termine halten.

Diese Lösung ist für kleine Betriebe bislang nicht typisch. Doch nach dem elften Zeitarbeitsbericht der Bundesregierung von 2010 setzen immer mehr Firmen auf Zeitarbeit. Zudem können Kollegenhilfe und Subunternehmer helfen, Personalengpässe zu überbrücken, wenn der Betrieb ein paar einfache Regeln beachtet.

Integration wichtig

Doch viele Handwerksunternehmen wählen zunächst eine andere Lösung, wenn es eng wird. „Sie sagen einen zusätzlichen Auftrag lieber ab“, bedauert Ingrid Hofmann, Chefin des Zeitarbeitanbieters Personal I. K. Hofmann GmbH in Nürnberg. Ein Grund für diese Zurückhaltung: „Die Integration des Zeitmitarbeiters ist in kleineren Betrieben besonders wichtig, aber auch schwierig.“ Hermann Stolz löst das Problem pragmatisch. „Wir sind ein eingespieltes Team, unsere Leute haben den Leiharbeiter etwas unter Aufsicht, dann klappt das mit der Zusammenarbeit.“ Meistens jedenfalls. Einmal kam einer, der sich ständig nur mit seinem Handy beschäftigte. „Das war nicht tragbar, den habe ich sofort nach Hause geschickt.“ Damit solche Pannen möglichst nicht passieren, ist es wichtig, ein Zeitarbeitsunternehmen zu beauftragen, das Erfahrung mit der Vermittlung von Mitarbeitern im Handwerk hat. Stolz kennt seinen Anbieter seit Jahren: „Die Qualifikation der Leute passt zu uns.“

Doppelter Stundensatz

Doch die Flexibilität hat ihren Preis. Stolz zahlt pro Stunde knapp das Doppelte wie für seine Stammbelegschaft einschließlich Arbeitgeberanteil. Allerdings rechnet Ingrid Hofmann vor: „Der Betrieb zahlt nur die Stunden, die tatsächlich gearbeitet werden. Keinen Urlaub, keine Krankheit, keine Rekrutierungskosten.“ Deshalb sei Zeitarbeit unter dem Strich günstig, solange nicht sicher sei, dass ein neuer fester Mitarbeiter voll ausgelastet sei. Hermann Stolz rechnet anders: „Die Zeitarbeitspreise kann ich nicht auf unsere Stundensätze umlegen. Deshalb bleibt da nicht viel Spanne.“ Trotzdem rentiert es sich für ihn: „Ich kann termingerecht arbeiten, und meine Kunden sind sehr zufrieden.“

Es gibt eine preiswertere Alternative zur Leiharbeit, die Kollegenhilfe: Unternehmen mit weniger als 50 Mitarbeitern dürfen Personal an andere Betriebe verleihen, um so Entlassungen oder Kurzarbeit zu verhindern. Vorteil: So können sie ihr Stammpersonal bei einer vorübergehenden Flaute ohne Kostenbelastung halten. Und der Entleiher zahlt weniger als bei einer Zeitarbeitsfirma. Die Berliner Anwältin Christina Mitsch aus der Arbeitsrechtskanzlei Steinkühler: „Die Kollegenhilfe muss lediglich der Arbeitsagentur gemeldet werden, dies aber bevor er zu arbeiten beginnt.“

Jürgen Blessing nutzt das ein- bis zweimal pro Jahr für seine Zimmerei in Villingen-Schwenningen mit acht Mitarbeitern und 600000 Euro Jahresumsatz. „Bei Terminproblemen holen wir meist zwei Mitarbeiter aus einem befreundeten Betrieb, um den Engpass zu überbrücken.“

Ein Nachteil der Kollegenhilfe: „Dass sie nur bei der akuten Gefahr von Kurzarbeit oder Entlassung zulässig ist, macht dieses Instrument unflexibel und zufallsabhängig“, sagt Martin Gottsmann, Justiziar beim Landesinnungsverband des Bayerischen Maler- und Lackiererhandwerks, „das ist nicht planbar.“ Wenig Aufwand verursachen dagegen die Formalien. Trotzdem rät Anwältin Mitsch, sie ernst zu nehmen, „bei Verstößen gegen die Regeln der Leiharbeit drohen hohe Bußgelder“ (siehe Tabelle „Sanktionen“ Seite 49).

Alternative: Subunternehmer

Bei Subunternehmern, einer weiteren Variante der Kooperation, ist das einfacher. Keine Genehmigung oder Meldung. Das gilt jedoch nur, wenn es kein Etikettenschwindel ist. „Bei einem echten Subunternehmervertrag gibt es ein abgegrenztes Werk, „der Sub“ haftet als Unternehmer mit Gewährleistung für die Arbeit, seine Leute sind nicht in die Arbeitsabläufe des Auftraggebers integriert“, erklärt Michael Frikell, Geschäftsführer der Bauinnung München. Wann das nicht der Fall ist, zeigt Martin Gottsmann an einem Beispiel: „Die Mitarbeiter des angeblichen Subunternehmers streichen gemeinsam mit meinen Leuten dieselbe Wand.“ Rechtlich ist das nicht Schwarzarbeit, sondern Arbeitnehmerüberlassung ohne die notwendige Erlaubnis - und das ist kaum besser. Darauf stehen für beide beteiligten Unternehmen Bußgelder bis 25000 Euro.

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