Urteil des Monats: Kfz-Werbung

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Urteil des Monats

Nackte Frauenbeine auf dem Firmenwagen sind für einen Vertriebsmitarbeiter kein Grund, die Arbeit zu verweigern.

Sexistische Werbung ­ ihres Arbeitgebers ­müssen Arbeitnehmer hinnehmen. - © Bovelett

Der Fall

Das Arbeitsgericht Mönchengladbach (Az.: 2 Ca 1765/15) hat entschieden, dass zwar die fristlose Kündigung des Arbeitgebers gegen einen Verkaufsreisenden unwirksam ist, der sich weigert, mit einem Firmenfahrzeug zu fahren, auf dem nackte Frauenbeine zu sehen sind. Die ordentliche Kündigung hält das Gericht dagegen für wirksam.

Eine Kaffeefirma gestaltete eines ihrer Verkaufsfahrzeuge um. Großflächig räkeln sich seither an beiden Seiten des Autos nackte, in roten High Heels steckende Frauenbeine in einem Berg Kaffeebohnen. Das Unternehmen wies einen homosexuellen Arbeitnehmer an, seiner Tätigkeit fortan mit diesem Fahrzeug nachzugehen. Das tat er zunächst auch.

Als die Firma aber auch noch die grauen gegen rote Radkappen austauschte, weigerte sich der Mitarbeiter, in solch einem „Puffauto“ seine Arbeit zu verrichten. Prompt erhielt er die fristlose und hilfsweise ordentliche Kündigung. Immerhin war er fast 20 Jahre in der Firma tätig, in der regelmäßig nicht mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt sind.

Das Urteil

Das Arbeitsgericht Mönchengladbach hat festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgrund der Kündigung nicht mit sofortiger Wirkung beendet worden ist, sondern erst ein halbes Jahr später sein Ende finden wird. Nach Auffassung des Gerichts kann der Arbeitgeber aber aufgrund seines Direktionsrechts einem Arbeitnehmer ein nach seinen Vorstellungen gestaltetes Fahrzeug zuweisen.

Die Praxisfolgen

Fristlos kündigen sollte der Arbeitgeber grundsätzlich nur, wenn er den Mitarbeiter vorher abgemahnt hat. Im vorliegenden Fall hielt das Gericht die außerordentliche Kündigung auch deshalb für unverhältnismäßig, weil sich der Mitarbeiter in fast 20 Jahren Betriebszugehörigkeit nichts hatte zuschulden kommen lassen.

Die ordentliche Kündigung erklärte das Gericht dagegen für wirksam. Sie war nicht auf ihre soziale Rechtfertigung hin zu überprüfen. Das Kündigungsschutzgesetz findet nämlich keine Anwendung, da der Arbeitgeber als Kleinbetrieb nicht die erforderliche Anzahl an Mitarbeitern beschäftigt.

Der Tipp

Ob die Entscheidung in der nächsten Instanz hält, bleibt abzuwarten. Dass die Homosexualität des Mitarbeiters das eigentliche Motiv des Arbeitgebers für die Zuweisung des Fahrzeugs war, konnte das Gericht zwar nicht feststellen. Dass ausgerechnet der homosexuelle Mitarbeiter das Firmenauto mit den Frauenbeinen zugewiesen bekam, könnte sich allerdings im weiteren Verfahrensgang als Bumerang für den Arbeitgeber erweisen.

Gerade weil in Kleinbetrieben im Grundsatz kein Kündigungsschutz gilt, sollten Arbeitgeber nicht spontan-emotional kündigen. Dadurch ermöglichen sie es nämlich gekündigten Beschäftigten unter Umständen, durch die Hintertür der Sittenwidrigkeit beziehungsweise des Maßregelungsverbots doch indirekt Kündigungsschutz zu erhalten.