Umwelt hat Vorfahrt

Kfz-Steuer | Ab 1. Juli wird die Abgabe neu berechnet. Ein Vergleich vor dem Neuwagenkauf zum bisherigen Betrag lohnt sich.

© handwerk magazin

Umwelt hat Vorfahrt

Nicht PS und Farbe, sondern Verbrauch und CO2-Werte sind bei Autokäufern jetzt die entscheidenden Argumente. Denn die neue Kfz-Steuer, die seit Anfang dieses Monats gilt, stellt die Auswahlkriterien für Neufahrzeuge gehörig auf den Kopf. Ab sofort wird die Abgabe nicht nur nach dem Hubraum, sondern auch nach den Ökowerten berechnet.

Hintergrund für den nach einigem großkoalitionärem Streit gefundenen Kompromiss ist der Umweltschutz. Noch 15 Jahre bleiben, um die schlimmsten Folgen der Erderwärmung zu verhindern. Dieses vergleichsweise kleine Zeitfens-ter jedenfalls sieht der Zwischenstaatliche Ausschuss für Klimaänderungen (IPCC) in Genf: „Dafür ist allerdings stringentes Handeln in allen Bereichen erforderlich so auch im Verkehr, der ganz wesentlich zum Treibhauseffekt beiträgt.“

„Die Kfz-Steuer ist dabei ein bewährtes Instrument“, meint der Verkehrsclub Deutschland (VCD) in Berlin. So wurden strengere Grenzwerte für gesundheitsschädigende Schadstoffe bei Neufahrzeugen mit Hilfe einer gestaffelten Kfz-Steuer schnell zum Standard. Dabei wissen die 70000 Mitglieder dieses eher herstellerkritischen Vereins auch, dass die Bemessung der Steuer für bereits zugelassene Fahrzeuge zunächst noch bestehen bleibt. „Für Neufahrzeuge macht sie jedoch so lange als Anreizsystem Sinn, bis alle dem bereits verfügbaren Umweltstandard entsprechen.“

Milder Einstieg

Vor diesem Hintergrund ist die Reform der Kfz-Steuer zu sehen. Die wichtigsten Punkte sind:

Die reformierte Kfz-Steuer gilt für alle ab 1. Juli 2009 neu zugelassenen Autos. Maßgeblich dafür ist grundsätzlich, ob in Teil eins des Fahrzeugscheins „Pkw“ steht. Je nach Ausstattung und Nutzung gelten jedoch auch manche Fahrzeuge, bei denen dort nicht „Pkw“ steht bei der Kfz-Steuer als solche. Hierzu gehören einige Pickups sowie Trikes (dreirädrige-) und Quads, vierrädrige, offene Geländefahrzeuge. (Siehe dazu auch die Steuerurteile auf der nächsten Seite.)

Für bis Ende Juni 2009 zugelassene Pkws gilt grundsätzlich die bisherige Kfz-Steuer. Vorgesehen ist jedoch, auf sie ab 2013 ebenfalls das neue Steuersystem anzuwenden. Wenn der Halter mit der neuen Kfz-Steuer besser gestellt wäre sowie seinen Wagen zwischen dem 5. November 2008 und dem 30. Juni 2009 zugelassen hat, prüft das Finanzamt automatisch, ob er mit der Neuregelung besser gestellt wäre. Ist das der Fall, wird nach der neuen Kfz-Steuer berechnet und kassiert. Hintergrund: Wer sich im Vertrauen auf das Konjunkturpaket 1, in dem der Klimaschutz bereits enthalten ist, ein Fahrzeug mit geringerem CO2-Ausstoß zugelegt hat, soll von der Reform ebenfalls profitieren.

Ein an den Vorgaben der Europäischen Union orientierter CO2-Ausstoß für Pkw bleibt steuerfrei: Der CO2-Freibetrag bis 2011 gilt mit einem Ausstoß von 120 Gramm pro Kilometer, bis 2012/2013 bis 110 Gramm und ab dem Jahr 2014 bis 95 Gramm je Kilometer.

Zudem ist ein linearer Steuertarif eingeführt worden: Für jedes über die Zielvorgaben hinausgehende Gramm pro Kilometer fallen zwei Euro je Gramm an. Der Sockelbetrag ist abhängig von Antriebsart und Hubraumgröße: Zwei Euro je angefangene 100 Kubikzentimeter für Otto-Motoren, bei Diesel-Motoren sind es je 9,50 Euro.

Für Pkws mit Dieselmotor, die die Euro-6-Abgasvorschrift erfüllen, gibt es eine Steuerbefreiung in den Jahren 2011 bis 2013 von insgesamt 150 Euro. Bestandsfahrzeuge werden weiterhin nach derzeit geltendem Kraftfahrzeugsteuerrecht behandelt. „Sie werden nach einer Übergangszeit ab 2013 schonend in die CO2-orientierte Kraftfahrzeugsteuer übergeführt“, verspricht das Bundesfinanzministerium. Konkreteres ist dazu aus Berlin noch nicht zu erfahren. „Die Einzelheiten werden zu einem späteren Zeitpunkt festgelegt“, heißt es.

Elektrowagen steuerfrei

Der Bund übernimmt nicht nur die Verwaltung der Kraftfahrzeugsteuer, sondern ihm fließen auch die Einnahmen zu. Bisher erhielten die Länder die Einnahmen aus der Kraftfahrzeugsteuer direkt. Jetzt bekommen sie ihren Anteil aus dieser Abgabe vom Bund zugeteilt und überwiesen.

Auf die Fahrzeughalter hat dies keine Auswirkung. Für sie bleibt ihr Finanzamt Absender des Kfz-Steuerbescheids. In der Behörde wird der Ausstoß an CO2 pro Kilometer abgelesen und berechnet. Der Wert steht in Feld V.7 der Zulassungsbescheinigung.

Bei umweltfreundlichen Fahrzeugen, die mit Gas, Ethanol, Pflanzenöl oder Bio-Diesel betrieben werden, ist für die Kfz-Steuer zusätzlich zum Hubraum der CO2-Ausstoß relevant. Das gilt auch für Hybrid-Pkws.

Und wer seinen Pkw ausschließlich mit Strom fährt, ist wie bisher fünf Jahre lang nach der Zulassung von der Kfz-Steuer befreit. Danach wird das Fahrzeug mit dem günstigeren Lkw-Satz besteuert, davon aber wiederum nur die Hälfte.

Ob die Schritte zum Abbau der Abgasbelastung im Straßenverkehr wirklich reichen, den Treibhauseffekt innerhalb der verbleibenden 15 Jahre zu dämpfen, wird sich zeigen. Der VCD hofft: „Eine CO2-basierte Kfz-Steuer kann eine große Lenkungswirkung entfalten.“ Ein umweltpolitischer Hebel wäre im Idealfall nicht nur die Kfz-Steuer. Auch das Image, mit dem ein Fahrzeug heute und künftig als „Spritschlucker“ dasteht, wird Autokäufer und mit ihnen die Hersteller zunehmend beeinflussen.

harald.klein@handwerk-magazin.de