Umfrage Arbeitsrecht: Was machen Chefs falsch?

Was sind die häufigsten Fehler, die Arbeitgebern im Arbeitsrecht unterlaufen? Diese Frage stellte handwerk magazin den Rechtsexperten von 30 Kreishandwerkerschaften, die laufend Betriebe beraten und vor den Arbeitsgerichten vertreten. Wegen der teilweise ähnlichen Antworten hat die Redaktion hier die zehn wichtigsten gebündelt. Hier mit dabei: Der Mustertext für einen befristeten Arbeitsvertrag ohne Sachgrund, exklusiv für die Leserinnen und Leser von handwerk magazin.

Emotionen
Ulrich Meier, Kreishandwerkerschaft Essen:
Manche Arbeitgeber vergessen, sich im Vorfeld einer personellen Maßnahme zu erkundigen, ob ihre Vorgehensweise richtig ist. In der ersten Erregung zu kündigen und erst dann bei den Experten der Innung, Kreishandwerkerschaft oder Handwerkskammer zu fragen, ob man alles richtig gemacht habe, ist die falsche Reihenfolge. Es kann sehr schwer sein, die Sache dann noch in die richtigen Bahnen zu lenken.

Mündliche Absprachen
Holger Schmitz, Kreishandwerkerschaft Bergisch Gladbach:
Es ist wohl nur durch Arbeitsüberlastung zu erklären, dass immer wieder die wichtigste Grundregel des Arbeitsrechts außer Acht gelassen wird: Die Arbeitsbedingungen müssen schriftlich fixiert werden. Wenn schriftliche Arbeitsverträge fehlen, wird im Streitfall immer zu Ungunsten der Arbeitgeber entschieden.

Musterverträge
Torsten Spengler, Kreishandwerkerschaft Düsseldorf:
In den letzten Jahren hat sich die Rechtsprechung zu Arbeitsverträgen stark zu Lasten der Arbeitgeber verändert, weil durch eine Gesetzesänderung auch das „AGB- Gesetz“ (AGB =Allgemeine Geschäftsbedingung) im Arbeitsrecht angewendet wird. Dadurch bedingt sind viele Klauseln in Arbeitsverträgen vom Bundesarbeitsgericht für nichtig erklärt worden, weil sie beispielsweise für Laien nicht auffällig genug im Text platziert und plausibel sind. Viele Arbeitgeber passen ihre Arbeitsverträge aber nicht entsprechend an, obwohl dies dringend erforderlich wäre.

Befristete Arbeitsverträge
Rechtsanwalt Prof. Dr. Johannes Delheid, Kanzlei Delheid Soirin Hammer Rechtsanwälte in Aachen:
Die Möglichkeit, erleichtert befristete Verträge abzuschließen, hat sich bewährt und die Einstellungsbereitschaft von Arbeitgebern gefördert. Dass kleine und mittlere Betriebe teilweise nicht beachten, dass die Befristung oder die Verlängerung von befristeten Verträgen unbedingt immer vor Arbeitsaufnahme oder vor Antritt der Arbeit in der Verlängerungsphase in Schriftform abgeschlossen werden muss, ist seitens des Gesetzgebers oder der Rechtsprechung nicht zu vermeiden. Derartige Erfordernisse sind notwendig. Die Betriebe müssen sich rechtlichen Rat beim Verband oder bei einem Rechtsanwalt einholen.

Rechtsanwältin Stefanie Krahmer, Kfz-Landesverband Sachsen-Anhalt in Möckern:
Sinn und Zweck befristeter Arbeitsverhältnisse sind den Betrieben nicht immer geläufig. Beispiel: Ein Betrieb mit fünf Angestellten schließt mit einem weiteren Mitarbeiter einen auf ein Jahr befristeten Arbeitsvertrag ohne Kündigungsmöglichkeit. Nach der Probezeit stellt sich heraus, dass der Mitarbeiter nicht ins Unternehmen passt. Was dem Betrieb bei Abschluss eines unbefristeten Arbeitsvertrages mit entsprechender Kündigungsregelung ohne weiteres möglich wäre – nämlich die Kündigung des Mitarbeiters – ist ihm nun aufgrund der Befristungsabrede verwehrt. Andersherum werden in größeren Betrieben unbefristete Arbeitsverträge geschlossen, die aufgrund der Anwendung des Kündigungsschutzgesetzes nur schwer wieder lösbar sind.

Schlechte Leistung
Martin Ostheeren, Kreishandwerkerschaft Halle-Saalekreis:
Wenn Mitarbeiter ihre Leistung nicht bringen (Schlecht- oder Minderleistung) wissen Handwerksmeister oft nicht, wie sie reagieren sollen. Sollen sie den Mitarbeiter nur ermahnen oder ganz offiziell abmahnen? Zu selten gibt es ein Gespräch bereits zu Beginn der Ärgernisse. Der Chef muss dann das Fehlverhalten deutlich benennen und Lösungsvorschläge parat haben. Viele Arbeitnehmer wollen ihre Leistung erbringen, scheitern aber an unbestimmten Angaben und Verhältnissen auf der Baustelle oder in der Arbeitsaufgabe. Ein klärendes Gespräch kann viel Ärger und einen kostspieligen Rechtsstreit vermeiden.

Kündigung
Arne Hansen, Kreishandwerkerschaft Ostholstein/Plön:
Eines der Hauptprobleme bei arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen ist nach wie vor, dass viele Betriebe die vorgeschriebene Form zur Beendigung eines Arbeitsverhältnisses nicht oder nur unzureichend einhalten. Das beginnt häufig damit, dass Abmahnungen oder Kündigungen wegen eines Fehlverhaltens dem Beschäftigten nur mündlich mitgeteilt werden. Diese Aussagen sind natürlich im Gerichtsverfahren nicht verwertbar.

Wolf-Holger Hinsche, Metall-Innung Stuttgart:
Oft wird bei Fehlverhalten von Mitarbeitern – meist aus purer Gutmütigkeit – zu lange tatenlos zugeschaut. Dann platzt dem Chef plötzlich der Kragen, und es wird verhaltensbedingt gekündigt, ohne dass vorher abgemahnt worden ist. Das kann viel Geld kosten.

Joachim Susewind, Kreishandwerkerschaft Dortmund und Lünen:
Allgemein problematisch ist die Beweisführung bei Kündigungsverfahren. Beweissicherungen wie Aufzeichnungen, Fotos usw. sind in der Regel schlecht vorbereitet. Zeugenaussagen durch Arbeitskollegen, Kunden und sonstigen Vertragspartner sind oftmals problembehaftet, weil Kollegen als „parteiisch“ gelten und Kunden sowie Geschäftspartner nicht in streitbare Verfahren einbezogen werden sollen.

Petra Schenkluhn: Kreishandwerkerschaft Flensburg:
Es wird oft nicht berücksichtigt, dass nach der neuen Rechtslage bei den Kündigungsfristen auch die Betriebszugehörigkeit vor dem 25. Lebensjahr mitgezählt werden muss. Darüber hinaus machen die gestaffelten Kündigungsfristen in Paragraf 622 BGB nur für Großbetriebe Sinn; für kleine Handwerksbetriebe stellen sie ein unkalkulierbares Risiko dar. Wenn sie wegen eines Auftragseinbruchs Leute entlassen müssen, können sie die viele Monate betragenden Kündigungsfristen von länger Beschäftigten und die damit verbundenen Lohnzahlungen in den Ruin treiben.