Tückische Doppelfirma

Betriebsaufspaltung | Immobilie in der einen, Handwerksbetrieb in der anderen Firma – dieses Modell hat seine Reize. Es kann aber auch zur riesigen Steuerfalle werden.

Tückische Doppelfirma

Alle Vorteile abgreifen , das wäre der Idealfall bei der Unternehmensteuerreform. Das ginge etwa, indem unter demselben Dach des Handwerksunternehmens eine GmbH und eine Personenfirma arbeiten. Die GmbH profitiert nach derzeitigem Stand der Reform am meisten, wenn das Gesetz Anfang 2008 in Kraft tritt. Aber auch das Personenunternehmen, etwa als Einzelfirma, GbR oder KG, bekommt zum Beispiel mit der verdoppelt auf die Einkommensteuer angerechneten Gewerbesteuer einen sehr beachtlichen Teil des Reformkuchens ab.

Theoretisch denkbar ist diese Kombination etwa in der GmbH & Co. KG. Das ist eine Kommanditgesellschaft, deren voll haftender Gesellschafter (Komplementär) die GmbH ist. Das hat allerdings in den meisten Fällen Haftungsgründe. Denn praktischerweise muss die GmbH ihrerseits nur mit ihrem Betriebsvermögen geradestehen, wenn die KG in Zahlungsschwierigkeiten kommt. Mit dem Stammkapital von mindestens 25000 Euro kann der Handwerksunternehmer als Kommanditist sein Privatvermögen dem allumfassenden Zugriff gieriger Gläubiger entziehen. Wenn dann nebenbei auch noch Steuervorteile zu ergattern sind, ist das ein durchaus angenehmer Nebeneffekt.

Haus vor Haftung schützen

So sieht das auch Metzgermeister Frank Widmayer (34) in Esslingen. Zusammen mit 35 Beschäftigten, darunter sein Vater, seine Mutter und seine Tante, setzt die Metzgerei Widmayer GmbH & Co. KG jährlich rund 2,3 Millionen Euro um. 82 Prozent des Verkaufs geht über die Läden, eine Hauptstelle und zwei Filialen, der Rest über den Großhandel. „Jeden Monat kommt doch bei der Steuerpolitik etwas anderes heraus“, seufzt Widmayer. Deshalb war dieses Thema auch nicht maßgeblich, als er Anfang 2006 nach der Übernahme des Einzelunternehmens seines Vaters Werner Widmayer zur jetzigen Rechtsform wechselte. „Ich wollte vor allem unser Firmengebäude aus der Haftung heraushalten“, erklärt der junge Chef. „Die Immobilie im Privateigentum von Frank Widmayer wird als Sonderbetriebsvermögen von der KG gemietet“, beschreibt sein Wirtschaftsprüfer und Steuerberater Winfried Jähn in Esslingen den Vorgang. Der Vater bekommt außer seinem Gehalt eine monatliche Rente.

Obwohl Frank Widmayer wenig von der Steuerpolitik hält, hat er sich schon jetzt einen wichtigen Steuervorteil gesichert: Auf einen Lkw für 50000 Euro, einen Fleischwolf für 30000 Euro, eine Räucheranlage und andere Wirtschaftsgüter kann die KG noch in der gesamten Nutzungsdauer die degressive Abschreibung anwenden. Für Anschaffungen ab 2008 fällt diese Methode weg. „Ich bin sehr investitionsfreudig“, sagt Widmayer junior. „Wenn es damit Chancen gibt, den Umsatz zu steigern, lohnt sich das allemal – schließlich will ich das Geschäft noch mindestens 30 Jahre betreiben.“

Ehefrau einschalten

Verkauft er es dann als Senior, müssen jedoch die stillen Reserven aus dem Haus versteuert werden. Im Wesentlichen ist das die Summe aus Wertzuwachs und Abschreibung. „Das ist einer der Gründe, weshalb die meisten Unternehmer eher versuchen, die Betriebsaufspaltung zu vermeiden“, weiß Franz Falk, Betriebsberater der Handwerkskammer Region Stuttgart. „Eher wird noch versucht, die Ehefrau und die Kinder mit ins Boot zu nehmen, denen die Immobilie zumindest überwiegend gehört und die sie dann an den Betrieb ihres Mannes vermieten, an dem sie nicht beteiligt sind“, ergänzt er. „Der Trick hierbei: Das Haus bleibt im Privatvermögen, es entsteht keine Betriebsaufspaltung, und die Firma hat später keine stillen Reserven zu versteuern“, erklärt Bernhard Leibfried, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater der Kanzlei KKLB in Fellbach bei Stuttgart (siehe Praxistipps). „Allerdings“, so Leibfried, „birgt das auch das Risiko von Streit und Scheidung.“ Kracht es in der Ehe, ist der Mietvertrag mit der Firma des Mannes schnell gekündigt.

Abgesehen von solchen menschlichen Querschlägern trägt aber auch die Rechtsprechung immer wieder zur Verunsicherung bei. „So hat der Bundesfinanzhof schon 2002 festgelegt, dass nahezu jedes betrieblich genutzte Gebäude oder Gebäudeteil eine wesentliche Betriebsgrundlage der Gesellschaft darstellt“, berichtet Winfried Eggers, Fachanwalt für Steuerrecht in Köln. Das bedeutet zum Beispiel: Wenn ein Handwerker aus seinem Privatvermögen „seiner“ GmbH eine Werkstatt oder eine Lagerhalle überlässt, entsteht praktisch immer eine Betriebsaufspaltung. Er nennt ein typisches Beispiel aus seiner Beratungspraxis:

Schreinermeister Friedrich Klein hat seit 1980 das Untergeschoss seines Privathauses mit Werkstatt und Büro an seine GmbH vermietet. Der Verkehrswert der vermieteten Räumlichkeiten betrug im Jahr 1980 umgerechnet 50000 Euro. Im Laufe der Jahre werden die Räume zu eng, der Betrieb zieht 2007 aus und wird an einem anderen Ort weitergeführt. Der Verkehrswert der nun frei werdenden Räume beträgt jetzt 100000 Euro. Der Wert ist also seit 1980 um 50000 Euro gestiegen.

Womit niemand gerechnet hat: Durch die Vermietung waren die betrieblich genutzten Räume im Erdgeschoß nicht mehr Privatvermögen von Klein, sondern wurden – durch Betriebsaufspaltung – zu dessen Betriebsvermögen. Mit dem Auszug der Firma kehrten die Erdgeschoß-Räume wieder in sein Privatvermögen zurück, wurden also aus seinem Betriebsvermögen entnommen. Steuerlich gesehen wurden damit stille Reserven aufgedeckt, die der Meister nunmehr als Entnahmegewinn versteuern muss. Er soll darauf 20000 Euro Einkommensteuer zahlen, obwohl sich dieser fiktive Gewinn mit keinem einzigen Euro in seiner Kasse niedergeschlagen hat.

Entsprechende Steuerfolgen treten immer ein, wenn eine bestehende Betriebsaufspaltung beendet wird. Nach der Rechtsprechung führt auch eine Insolvenz der GmbH zur Beendigung der Betriebsaufspaltung. „Man kann zwar hoffen, dass das Finanzamt im Einzelfall nicht dahinterkommt, dass eine Betriebsaufspaltung bestanden hatte“, sagt Winfried Eggers, „aber verlassen kann man sich darauf nicht.“

harald.klein@handwerk-magazin.de