Branchencheck
Die Brauereien stehen vor Herausforderungen: Energie, Transport, Braugerste/Malz, Flaschen, Kronkorken – alles wird teurer. Für kleinere Betriebe ist das kaum zu stemmen.
Corona hat die Brauer voll erwischt. Geschlossene Restaurants und Bars, keine Großveranstaltungen, kein Oktoberfest – fast zwei Jahre Stillstand. Zwar stieg der private Konsum, doch das konnte die Verluste nicht auffangen. Dennoch ist Mario Schäfer, Geschäftsführer Private Brauereien Bayern e.V., grundsätzlich positiv gestimmt: „Trotz der derzeit schwierigen Lage für die deutsche Brauwirtschaft sehen wir die Branche gut für die Zukunft aufgestellt. Die Menschen freuen sich wieder auf Geselligkeit bei einem guten Glas Bier, sodass die Durststrecke vorerst überwunden scheint.“ Etwas weniger positiv beurteilt Holger Eichele Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauer-Bunds die Zukunftsaussichten der Branche. „Wir sehen zwar, dass sich das Gastgewerbe langsam aus der Corona-Krise herausarbeitet, aber von einer Normalisierung sind wir noch weit entfernt.“
Wirklich alles wird teurer
Tatsächlich machen die derzeit hohen Energiepreise den Brauereien massiv zu schaffen. Doch Schäfer bremst zu starken Pessimismus: „Generell befassen sich die Brauereien bereits seit mehreren Jahren damit, noch energieeffizienter und ressourcenschonender zu arbeiten.“ Dieses Bewusstsein sei notwendig im Kampf gegen den Klimawandel – der langfristig schwierigsten Herausforderung. Das Thema „Ressourcensparen“ sei für die Branche also nicht neu. Die bereits unternommenen Schritte helfen, mit reduziertem Ressourceneinsatz produzieren zu können.
Mit Vollgas durch den Nebel
Hinzugekommen sind die hohen Lebensmittel- und Personalkosten. Von den beschlossenen Corona-Lockerungen hatten sich Wirte und Brauer einen echten Schub erwartet – „doch jetzt steigen neben den Umsätzen in extremer Weise auch die Kosten“, informiert Eichele. Dies gelte in gleicher Weise für das Gastgewerbe wie die Betriebe der Brauwirtschaft, die zudem häufig von der Gastronomie abhängig seien: „Wir sehen auch bei Rohstoffen, Verpackungen und Logistik nie gekannte Preiserhöhungen. In den Brauereien laufen die Kosten völlig aus dem Ruder. Besonders bei Braumalz und Neuglas schießen die Einkaufspreise durch die Decke. Ein Ende dieser Entwicklung ist nicht in Sicht. Wir fahren gerade mit hohem Tempo durch eine Nebelwand“, so die düstere Einschätzung von Eichele.
Und auch Verbandschef Schäfer meint: „Nach über zwei Jahren Coronapandemie, in denen der Bierabsatz stark gelitten hat, gehen die derzeit hohen Preise für Energie, Transport sowie Roh- und Hilfsstoffe an die Substanz der Betriebe.“ Der Verband Private Brauereien setze sich hier auf politischer Ebene für eine Entlastung ein. Von zentraler Bedeutung sei dabei der Beibehalt der derzeit befristet bis Ende 2022 geltenden ermäßigten Steuersätze der Biersteuermengenstaffel, um kleine und mittelständische Brauereien auch weiterhin wirtschaftlich zu entlasten.
Branchentrends
- Regionalität
In den letzten Jahren zeigt sich deutlich, dass sich Konsumentinnen und Konsumenten auch beim Bier wieder vermehrt für regionale Produkte entscheiden. Davon profitieren die kleinen und mittleren Brauereien, die ihre Biere überwiegend regional vertreiben. Auch bei der Rohstoffauswahl setzen diese Betriebe auf die regionale Versorgung mit Braugerste und Hopfen. - Trendsorte „Helles“
Die Biersorte „Helles“ erlebt derzeit einen Nachfrage-Boom. In Bayern beheimatet, feiert Helles aber auch im Norden zunehmend Erfolge. - Schwierige Lage am Beschaffungsmarkt
Die gesamte Branche blickt derzeit mit Sorge auf die Preissteigerungen in mehreren Segmenten: Energie, Transport, Braugerste/Malz, Flaschen, Reinigungsmittel, Etiketten, Kronkorken. Kleine und mittlere Brauereien werden dadurch massiv unter Druck gesetzt. - Alkoholfreie Biere auf Wachstumskurs
Verbraucherinnen und Verbraucher interessieren sich immer mehr für alkoholfreie Biere (Marktanteil alkoholfreie Biere derzeit bei ca. acht Prozent). Auch viele mittelständische Brauereien setzen auf diesen Wachstumsmarkt und zeigen Kreativität bei der Entwicklung eigener alkoholfreier Sorten. - Trend: Spezialitätenbiere aus der Region
Neben Helles steigen auch Spezialitätenbiere wie Märzen, unfiltrierte Kellerbiere und Sauerbiere wie beispielsweise Berliner Weisse oft mit regionalem Bezug in der Gunst der Verbraucher. Auch Craftbiere werden stark nachgefragt. Kleine Brauereien haben als Sortimentsbrauereien oftmals die nötige Flexibilität, um solche Spezialitäten ganzjährig wie saisonal einzubrauen.
Umsatz (in Mrd. Euro)
Prognose: Die Corona-Einschränkungen sind Geschichte, die Brauer erwarten mehr Umsatz. Das Vor-Corona-Niveau von 2019 werde jedoch in 2022 noch nicht erreicht.
Jahr | private Brauereien | Deutscher Brauer-Bund |
---|---|---|
2018 | 1,31 | 8,30 |
2019 | 1,29 | 8,35 |
2020 | 1,04 | 7,61 |
2021 | 1,09 | 7,55 |
Beschäftigte (Brauer und Mälzer)
Prognose: Nach dem Stellenabbau in 2020 und 2021 erwarten die Brauer, dass sich mit steigendem Umsatz auch die Beschäftigtenzahl wieder nach oben bewegen wird.
Jahr | private Brauereien | Deutscher Brauer-Bund |
---|---|---|
2018 | 11.702 | 27.561 |
2019 | 11.719 | 28.133 |
2020 | 10.946 | 27.295 |
2021 | 10.595 | 27.242 |
Anzahl der Betriebe
Prognose: Corona und Kostensteigerungen dezimieren den Bestand der Brauereien.
Lichtblick: In den Handwerkskammern organisierte Brauereien werden mehr.
Jahr | Handwerksbetriebe laut ZDH |
---|---|
2018 | 1.142 |
2019 | 1.195 |
2020 | 1.251 |
2021(1.Hj) | 1.294 |
Auszubildende (zum Brauer und Mälzer)
Prognose: Die Branche erwartet, dass sich die Ausbildungszahl auf obigem Niveau weiterbewegen wird.
Trend: Der Anteil an Frauen in diesem Beruf wächst.
Jahr | private Brauereien | Deutscher Brauer-Bund |
---|---|---|
2018 | 262 | 1.083 |
2019 | 298 | 1.095 |
2020 | 280 | 1.053 |
2021 | 285 | Zahl liegt nicht vor |