Teure Fehler absichern

Erweiterte Produkthaftpflichtversicherung | Die betriebliche Haftpflichtpolice deckt vieles ab, aber nicht alles. Wann und für welche Handwerksbetriebe ein Zusatzschutz in Frage kommt.

Teure Fehler absichern

E Qualität ist das beste Rezept. Schluderei dagegen das Letzte, was Handwerksunternehmen sich nachsagen lassen wollen. Trotzdem kann das schnell gehen: Eine Metallbaufirma, die sich auf Schweißarbeiten spezialisiert hatte, geriet so in die Bredouille. Die Schweißnähte ihrer Zulieferteile für einen großen Automobilbauer waren fehlerhaft. Für die Austauschkosten der reklamierten Teile stellte der Kfz-Hersteller am Ende einen sechsstelligen Betrag in Rechnung. Ein Fall für die erweiterte Produkthaftpflichtversicherung. „Sie ersetzt Mehraufwendungen des Abnehmers infolge fehlerhafter Produkte, wenn er zum Beispiel Material, Energie, Manpower vergeudet“, so der gerichtlich zugelassene Versicherungsberater Werner Fütterer aus Vienenburg (www.versicherungsberatung-wfuetterer.de).

Zulieferer sind betroffen

„Das, was die Versicherungswirtschaft unter erweiterter Produkthaftpflicht versteht, ist treffender erklärt als Kostenschäden der Abnehmer“, erläutert Fütterer. „Eine Spezialdeckung, die ausschließlich Zulieferer betrifft. Wer Enderzeugnisse herstellt, kann damit nichts anfangen“, stellt er klar. Bedarf sieht der Versicherungsberater vorrangig bei Handwerksunternehmen, die als Zulieferer Roh- oder Halbfertigfabrikate in großer Stückzahl an gewerbliche Abnehmer zum Beispiel der Kfz-Branche oder im Metall-/Elektrobereich liefern. Die Grenzen zwischen Handwerks- und Produktionsbetrieb sind dabei oft fließend. „Aus Sicht der Haftpflichtversicherung gehören viele Betriebe aufgrund ihrer Größenordnung zum produzierenden Gewerbe“, sagt Sascha Herwig von der DBV-Winterthur, dort zuständig für gewerbliche Haftpflicht, und ergänzt: „Insbesondere für produzierende Betriebe, deren Produkte von Abnehmern zum Beispiel in andere Produkte eingebaut oder damit vermischt beziehungsweise verarbeitet werden, kann eine erweiterte Produkthaftpflichtversicherung aufgrund der strengen Haftungsmaßstäbe notwendig werden.“

Allerdings ist hier auch Vorsicht angebracht. „So wird alles über diesen Baustein gezogen. Eine ganze Reihe ansonsten ganz normaler Betriebshaftpflichtschäden fällt damit in diesen Bereich. Und das hat seine Tücken“, meint Fütterer dazu. In Grenzfällen hat er seinen Klienten deshalb auch schon von einer erweiterten Produkthaftpflichtversicherung abgeraten. „Weil sie die Firma im Vergleich zum Standardschutz in der betrieblichen Haftpflichtpolice teilweise deutlich schlechter stellt“, erklärt der Versicherungsberater. „Da gibt es Ausschlussklauseln, die wir sonst nicht kennen. Zeitliche Begrenzungen, wo der Versicherer sonst bis zu 30 Jahre im Risiko steht. Da sind Produkte ausgenommen, die nicht den anerkannten Regeln der Technik entsprechen. Es gibt massive Einschränkungen in großer Zahl.“

Für klassische Handwerksunternehmen ist die erweiterte Produkthaftpflichtversicherung kein Thema. Bei Personen- und Sachschäden infolge fehlerhafter Produkte sind sie durch ihre Betriebshaftpflichtpolice hinreichend geschützt. „Das Normale ist hier für die meisten das Beste“, so der Haftpflichtexperte.

Ausnahmen

Fütterer kennt aber auch mögliche Ausnahmen. Er nennt einen Tischlerbetrieb, der Fenster herstellt und dabei hauptsächlich von Großaufträgen lebt. Das Unternehmen hatte mehrere hundert Fenster für ein Wohnungsbauunternehmen zu liefern. Doch das Holz war nicht ausreichend abgelagert. Die Folge waren Spalten und Risse. Die undichten Fenster mussten ausgetauscht werden. Die Kosten für den Austausch beliefen sich auf mehrere tausend Euro. „Wenn die Firma ihre Erzeugnisse selbst einbaut, ist die Deckung futsch“, sagt Fütterer. Die meisten Gesellschaften bieten erweiterten Produkthaftpflichtschutz nur für den Fall, dass der Zulieferer seine Produkte nicht selbst einbaut. „Pfusch will man nicht versichern“, so Fütterer. Genauso wenig taugt die Versicherung nach seinen Worten dazu, Kundenbeziehungen zu pflegen. Darauf weist er seine Klienten hin, die oft falsche Erwartungen hegen. „Bevor es ans Bezahlen geht, prüft der Versicherer genau, ob die Ansprüche tatsächlich berechtigt sind. Und lehnt sich auch ganz bewusst zurück nach dem Motto: Wenn der andere meint, wir sind im Unrecht, dann soll er doch klagen.“

Die Prämien für eine erweiterte Produkthaftpflichtversicherung richten sich nach der Betriebsart und dem Risiko. Der Umsatz des Unternehmens ist dabei nicht allein maßgebend. „Man muss sich auch ansehen, an wen der Betrieb und in welchen Mengen liefert. Und welche Haftungsrisiken können daraus resultieren?“, erklärt Sabine Friedrich von der Axa. „Auch ein geringer Umsatz kann sehr risikointensiv sein wie bei der Schraubenherstellung. Das sind zwar Ein-Cent-Artikel, aber die Kosten für den Ein- und Ausbau können enorm sein.“ Weitere Anbieter der Police sind unter anderem die Allianz, DBV-Winterthur, Gerling, Münchener Verein und Signal Iduna.

Betriebsbeschreibung prüfen

Für klassische Handwerksbetriebe, die überwiegend fremde Fertigprodukte montieren oder installieren, wird die erweiterte Produkthaftpflichtversicherung nicht angeboten. Trotzdem sollten Unternehmer darauf achten ihre Betriebsbeschreibung zu korrigieren, wenn sich die Gewichte vom Handwerk zum produktionstechnischen Bereich verschieben. Ein entsprechender Hinweis befindet sich im Versicherungsschein.

Carla Fritz

cornelia.hefer@handwerk-magazin.de