Ausbildung Im Handwerk fehlen Auszubildende

Der Nachwuchsmangel im Handwerk wird immer größer. Mit pfiffigen Ideen und attraktiven Angeboten kämpfen die Betriebe um Bewerber. Wie Sie Ihren Betrieb für Jugendliche interessant machen.

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    Handwerksunternehmer Olaf (li.) und Daniela Schleich (re.) spendieren Azubis mit guten Noten ein Auto.
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    „Abiturienten interessieren sich inzwischen für nahezu alle Handwerksberufe.“ Otto Kentzler, Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks.
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    „Wir bezahlen unsere Auszubildenden über Tarif und übernehmen sie später.“ Olaf und Daniela Schleich, Inhaber einer Lackiererei in Marktheidenfeld.
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    Im Durchschnitt liegt die Vertragslösungsquote bei 20,5 Prozent. Im Handwerk werden die meisten Ausbildungsverträge vorzeitig aufgelöst.

Suche Lehrling, biete Auto

Ein Auto für gute Noten: In der Lackiererei Schleich in Marktheidenfeld erhalten Azubis mit einem Notendurchschnitt von 1,5 oder besser im Jahreszeugnis der Berufsschule für ein Jahr einen Kleinwagen gratis. Mit dieser Aktion erreicht Daniela Schleich, die mit ihrem Ehemann Olaf den Handwerksbetrieb führt, gleich drei Ziele: Der Betrieb ist in aller Munde, ein Ausbildungsplatz in der Lackiererei wird für Jugendliche attraktiver, und der in Aussicht gestellte Wagen spornt die Lehrlinge zu besseren Leistungen an.

Das Beispiel zeigt, dass Handwerksbetriebe inzwischen neue Wege einschlagen müssen, um sich die Mangelware Nachwuchs zu sichern. Zwar ist die Ausbildungsbereitschaft im Handwerk 2012 noch einmal gestiegen, aber zum Jahresende 2012 blieben 15000 Plätze unbesetzt.

Das klingt noch nicht dramatisch, zumal die Betriebe noch auf Nachvermittlungen hoffen, aber die Entwicklung zeigt, dass der demografische Wandel in vollem Gange ist. Dass es momentan noch ausreichend Azubis gibt, hat andere Gründe: Doppelte Abiturjahrgänge in mehreren Bundesländern und das Aussetzen der Wehrpflicht ermöglichen es momentan vielen jungen Menschen, vorzeitig eine Ausbildung zu beginnen. Ihre Anzahl kompensiert für kurze Zeit die immer kleineren Jahrgangsgrößen.

Das Handwerk reagiert auf die Entwicklung. Kammern und Verbände starten aufwendige Kampagnen, aber auch in vielen Betrieben weht ein anderer Wind. Wer heute keine passende Strategie hat, dem wird der Nachwuchs ausgehen.

„Vor sieben Jahren hatten wir noch über 100 Bewerbungen für eine Lehrstelle als Autolackierer, dann ging es rapide bergab und wir mussten uns etwas überlegen“, schildert Daniela Schleich die Lage. Ihre Strategie klingt einfach, aber sie ist erfolgreich. Sie zahlt ihre Azubis deutlich über Tarif, setzt neben dem Auto für Topnoten noch auf Zuverlässigkeitsprämien in Form von Tankgutscheinen und macht dies alles über Facebook und eine attraktive Homepage publik. Bei den Schulabgängern und auch bei den Eltern kommt das gut an, Bewerbungen für Praktikumsplätze - ein Praktikum ist Bedingung für eine Lehrstelle - haben die Schleichs ausreichend.

Gute Bezahlung

Dass die Höhe der Ausbildungsvergütung eine wichtige Rolle spielt, bestätigt auch Friedrich Hubert Esser, Präsident des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB), im Interview mit handwerk magazin (Seite 23). Immerhin sind die Löhne für Auszubildende im Handwerk im vergangenen Jahr bundesweit um mehr als vier Prozent gestiegen. Damit verdienten Azubis durchschnittlich 730 Euro brutto im Monat. Zu diesen Ergebnissen kommt das BIBB in der Auswertung der tariflichen Ausbildungsvergütungen für das Jahr 2012. Der Zentralverband des Deutschen Dachdeckerhandwerks zahlt Mitgliedsbetrieben über die Lohnausgleichskasse sogar fünf Monatsgehälter im ersten Lehrjahr, auch wenn sie über Tarif entlohnen. Für Felix Fink vom Zentralverband ist auch das ein Mittel, um Ausbildungsplätze attraktiver zu machen, sowohl für Betriebe als auch für potenzielle Lehrlinge.

Karrieremachen ist angesagt

Natürlich ist Geld nicht alles, Jugendliche wollen Perspektiven und Karrierewege in ihrem Beruf. Das sieht auch Handwerkspräsident Otto Kentzler so: „Wir sprechen auch die leistungsstarken Schul- und Hochschulabsolventen an, denn das Handwerk ist attraktiv für Abiturienten.“ Das zeige der Anstieg der Ausbildungsanfänger mit Hochschulreife von 4,9 Prozent im Jahr 2005 auf 8,1 Prozent im vergangenen Jahr. Kentzler hat selbst nach dem Abitur erst Klempner und Gas-Wasser-Installateur gelernt, dann Maschinenbau studiert und als Diplom-Ingenieur schließlich den Familienbetrieb übernommen.

Rund 120 duale Studiengänge verbinden inzwischen den Erwerb eines Gesellenbriefes mit einem akademischen Abschluss. Elf duale Studiengänge werden ausschließlich für Auszubildende des Handwerks angeboten.

Für Handwerksbetriebe, die in der Lage sind, eine Ausbildung auf höchstem Niveau anzubieten, ist die Zusammenarbeit mit einer dualen Hochschule ein sicherer Weg, sich auch für die nächsten Jahre ausreichend guten Nachwuchs zu sichern. Denn das duale Studium boomt. Allein 2011 gab es laut BIBB 20,6 Prozent mehr Studierende und 46,5 Prozent mehr Kooperationsunternehmen als im Vorjahr, Tendenz steigend.

Da passt das neue Motto der Imagekampagne des Zentralverbands des Deutschen Handwerks „Das Handwerk bringt dich überall hin“ – auch ganz nach oben auf der Karriereleiter. ◇

reinhold.mulatz@handwerk-magazin.de

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