Stromeinkaufsgemeinschaften: Die Einkaufsmacht von nebenan

Die Energiepreise haben sich seit der Jahrtausendwende ungefähr verdoppelt. Doch Handwerker können durch clevere Einkaufsstrategien zumindest ein Stück weit gegensteuern. Zum Beispiel durch die Bildung von Einkaufsgemeinschaften. Wie sie funktionieren, erklären zwei Kenner der Materie.

Carmen Coupé von der Handwerkskammer Stuttgart ist seit 1999 Ansprechpartnerin für Mitglieder der Energieeinkaufsgemeinschaft des baden-württembergischen Handwerks. Die 1998 gestartete Initiative ist der größte Zusammenschluss seiner Art in Deutschland. Bernd Biedermann, Energieberater und Geschäftsführer der Service- und Vertriebsgesellschaft der Kreishandwerkerschaften im sächsischen Oschatz, steht Innungen und Verbänden bei der Gründung sowie dem Management von Einkaufsgemeinschaften mit Rat und Tat zur Seite.

Handwerk Magazin: Welche Vorteile bieten Einkaufsgemeinschaften ihren Mitgliedern?

Bernd Biedermann: Sie gleichen einen Nachteil aus, den kleine und mittelständische Betriebe naturgemäß haben: die vergleichsweise geringe Marktmacht. Indem sie ihre Bedarfe bündeln, werden Handwerksbetriebe für Lieferanten weitaus interessanter. Nicht nur der schieren Größe wegen. In Energiefragen bedeutet mehr Volumen in der Regel auch die Chance auf homogenere Lastprofile, besser verteilte Risiken, mehr Planbarkeit. Die so gewachsene Attraktivität zieht mehr Bieter an, führt damit zu mehr Wettbewerb – und alles zusammen zu niedrigeren Preisen.

Carmen Coupé: In Zahlen ausgedrückt: Mitglieder der Energieeinkaufsgemeinschaft Baden-Württemberg sparen bei Gas etwa 15 und bei Strom zehn bis 20 Prozent gegenüber ihren bisherigen Einzellieferverträgen. Die Marktmacht von inzwischen etwa 9.300 Handwerksbetrieben macht das möglich.

Seite 2: Wer Stromeinkaufsgemeinschaften beitreten kann und was diese kosten

Wer kann dieser Gemeinschaft beitreten?

Carmen Coupé: Unsere Energieeinkaufsgemeinschaft steht, wie ihr Name schon sagt, Mitgliedsunternehmen der Baden-Württembergischen Handwerkskammern offen.

Welche Möglichkeiten haben Firmen aus anderen Bundesländern?

Bernd Biedermann: Mein Tipp: Fragen Sie bei Ihrer Innung oder Kreishandwerkerschaft nach! Energieeinkaufsgemeinschaften gibt es in vielen Regionen und für viele Branchen. Wir als Unternehmen beraten und betreuen beispielsweise Energiepools von Landesinnungsverbänden der Lebensmittelhandwerke in Bayern, der Bäcker und Konditoren in Baden, sowie von Kreishandwerkerschaften in Reinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg.

Carmen Coupé: Auch die Ampere AG, die unsere Einkaufsgemeinschaft managt, organisiert daneben weitere Beschaffungspools. Hier gilt ebenso: Nachfragen kostet nichts!

Apropos Kosten: Wer bezahlt den Verwaltungsaufwand, den Einkaufsgemeinschaften notwendigerweise verursachen?

Carmen Coupé: Laut unserer Vereinbarung mit der Ampere AG dient einzig und allein die erreichte Einsparung als Berechnungsgrundlage für die Vergütung. Bei Strom können 22,5 Prozent, bei Gas 25 Prozent des erzielten Vorteils in Rechnung gestellt werden.

Bernd Biedermann: Wir finanzieren unsere Dienstleistung über Provisionen der Versorger. Die Mitglieder der Einkaufsgemeinschaften zahlen dafür nichts.

Was müssen Unternehmer tun, um Mitglied einer Einkaufsgemeinschaft zu werden?

Carmen Coupé: Bei uns nur zwei Dinge. Erstens: ein zweiseitiges Formular ausfüllen mit den üblichen Firmen- und Bankdaten auf der einen und einer Vereinbarung mit der Ampere AG auf der anderen Seite. Zweitens: Das Formular mit einer Kopie der letzten Strom- beziehungsweise Gasrechnung – je nach gewünschtem Vertrag – an die Einkaufsgemeinschaft beim Baden-Württembergischen Handwerkstag schicken. Das ist letztlich nicht komplizierter als der Abschluss eines Vertrages mit jedem anderen Anbieter. Auch Lieferung und Rechnungslegung laufen erfreulich reibungslos. Seit 1999 hatte ich lediglich vier Beschwerden auf meinem Tisch. Und das waren Missverständnisse, die sich ausräumen ließen.

Bernd Biedermann: Das deckt sich auffallend mit unseren Erfahrungen. Das Prozedere muss für die Kunden einfach sein, die Organisationsarbeit und Verhandlungen sind ja nicht ihre Aufgabe, sondern unsere, also die des Pool-Managements. Bei Fragen, sei es vor Vertragsabschluss oder zur laufenden Abwicklung, stehen wir den Mitgliedern der von uns betreuten Gemeinschaften natürlich als Ansprechpartner zur Verfügung.