Strom und Gas günstig einkaufen

Energie | Drastische Preiserhöhungen bei Strom und Gas, bei Öl und Benzin drücken zunehmend auf die Gewinne der meist energieintensiven Handwerksbetriebe. Was ist zu tun? Energie sparen, aber auch Energie günstiger einkaufen. handwerk magazin zeigt, wie Sie weniger für Strom und Gas bezahlen.

Strom und Gas günstig einkaufen

„Energiekosten sparen, etwas für die Umwelt tun und dabei noch Gewinn machen – das ist ein gutes Gefühl“, sagt Michael Schwarzmaier. Der Ökobäcker aus dem bayerischen Weilheim verfolgt ein einzigartiges Energiekonzept: Anstelle eines herkömmlichen Gas- oder Heizölbrenners sind die Etagen- und Stikkeöfen seiner Vollwertbäckerei mit modernen Holzpelletsbrennern ausgestattet, die der Bäckermeister selbst entwickelt hat.

Die Not machte Schwarzmaier erfinderisch. Wie alle Handwerksunternehmer litt auch er unter einer drastischen Verteuerung von Strom, Gas und Benzin. Millionen von Kunden mussten sich zum Jahreswechsel auf deutliche Strompreiserhöhungen einstellen. Verivox, deutschlandweit das größte unabhängige Verbraucherportal für Energie und Telekommunikation, hat herausgefunden: Mindestens 318 Grundversorger haben ihre Strompreise für 2008 um bis zu 25 Prozent erhöht oder planen demnächst eine Tarifanpassung nach oben.

Preise steigen immer schneller

Auch Gas wird teurer. Zur Jahreswende erhöhten rund 250 Versorger ihre Preise um durchschnittlich sechs Prozent. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) erwartet im Frühjahr einen weiteren Anstieg der Gaspreise um 20 Prozent.

Wie können Unternehmen der Preisspirale entkommen? Energiesparen ist sicher der beste Weg, aber auch beim Energiekauf lässt sich sparen, wie Experten in diesem Titelthema aufzeigen.

Nicht jeder ist schließlich so ein gewiefter Tüftler wie Bäckermeister Schwarzmaier. Gemeinsam mit seiner Frau machte sich der heute 38-Jährige 1992 mit einer Ökobäckerei selbständig. Wegen der branchenüblichen, hohen Energiekosten (bis zu 25000 Euro im Jahr) und der verheerenden Energiebilanz seiner gepachteten Backstube dachte er schnell über Alternativen nach. Im Blick hatte er dabei stets den Traum vom ganzheitlichen Konzept: ökologisch leben und arbeiten unter einem Dach. Er fand ein geeignetes Grundstück und einen Architekten, „der mit mir rumgesponnen hat“, sagt Schwarzmaier: „Wir wollten auf jeden Fall weg vom Erdöl.“ Die einzige echte Alternative: Holzpellets aus den Wäldern der Umgebung.

Jährlich verheizt Schwarzmaier 40 Tonnen Pellets in seinem Kessel und erzeugt damit 198000 Kilowattstunden. Gute 18 Prozent davon, 36000 Kilowattstunden, gewinnt er zurück. Mit der Abwärme beheizt er Wohnhaus und Brauchwasser. Auf diese Weise spart er jährlich bis zu 10000 Euro Energiekosten. Trotz steigender Pelletspreise amortisieren sich so die Anschaffungskosten je nach Größe der Bäckerei (Anzahl der Öfen) und Gestaltung der anliegenden Wohnräume in zwei bis sechs Jahren.

Durch die Konfrontation mit den Kinderkrankheiten des geschlossenen Systems ist der Pionier Schwarzmaier inzwischen zum Heiz-Profi geworden und stellt die Brenner selbst her. In Seminaren präsentiert er interessierten Bäckerkollegen aus ganz Deutschland sein innovatives Energiekonzept.

Gemeinsam einkaufen

Tatsache ist: Die Energiepreise werden in den kommenden Jahren weiter steigen. Daran können auch die von manchen Innungen oder Handwerkskammern gegründeten Einkaufsgemeinschaften wenig ändern. „Wir sind schon froh, wenn wir das gegenwärtige Preisniveau halten können“, so Hartmut Richter, Geschäftsführer des Baden-Württembergischen Handwerkstags in Stuttgart (BWHT). Das klingt ernüchternd, ermöglicht den Mitgliedsunternehmen angesichts der angekündigten Energiepreissteigerungen aber schon hohe Einsparungen. Derzeit läuft eine bundesweite Ausschreibung für die Kooperation mit knapp 9100 Betrieben, die der Handwerkstag bereits 1999 mit dem Berliner Energiebroker Ampere AG gegründet hat. Derzeit berechnet der Stuttgarter Energieriese EnBW, der die vorletzte Ausschreibung 2006 gewonnen hatte, im Monat zwischen 11,70 und 12,40 Cent netto pro Kilowattstunde. Eon Bayern bietet zum Beispiel für die Mitglieder der bayerischen Handwerkskammern eine Rahmenvereinbarung an und verlangt seit Anfang Januar 2008 Kilowattstunden-Tarife zwischen 11,83 und 12,50 Cent. 2007 waren es noch 11,25 Cent.

Branchenkenner vermuten, die Energieversorger wollten noch schnell aus dem Markt herausholen, was möglich ist, ehe eines Tages ein verschärftes Kartellrecht und neue EU-Bestimmungen greifen. Bereits jetzt können die Kartellbehörden leichter Preise untersagen, die die Tarife von vergleichbaren Versorgern erheblich übersteigen. Diese Gesetzesänderung hat der Bundestag vor Weihnachten beschlossen. Als wirkungsvollste Maßnahme gegen Wucherpreise gilt aber weiter das Vorhaben der EU-Kommission, die Stromanbieter von ihren Netzen zu trennen: Erzeuger, die ihr Produkt in Leitungen der Konkurrenz einspeisen wollen, können dann nicht mehr mit überhöhten Netzentgelten und anderen Maßnahmen behindert werden. Bisher lehnt die Bundesregierung das EU-Vorhaben ab.

Jeder siebte Euro für Energie

Wie auch immer: Die hohen Stromkosten machen dem Handwerk erheblich zu schaffen. Auf sie entfällt ein Großteil der rund 10,7 Milliarden Euro, die die Betriebe nach Berechnungen des Deutschen Handwerksinstituts (DHI) in Göttingen bereits 2005 für Energie ausgeben mussten. Damals hatten sich die Aufwendungen gegenüber 1998, als die Liberalisierung des Strommarkts begann, verdoppelt. Heute dürften die Gesamtaufwendungen zwölf Milliarden Euro betragen und die Kostenanteile sich auf vier Prozent zubewegen. Am meisten mit permanent steigenden Strompreisen kämpfen müssen Bäcker, Keramiker, Textilreiniger und Metzger, die von jeher einen überdurchschnittlich hohen Energiebedarf haben. Mancher Textilreiniger gibt jeden siebten Euro für Energie aus.

Andererseits mag kein Energieversorger auf solche Großverbraucher verzichten. Für Betriebe, die über 30000 Kilowattstunden im Jahr konsumieren, gibt es fast überall Gewerbetarife, die in der Regel zehn Prozent günstiger sind als die Grundversorgungstarife. Großabnehmer, die pro Jahr über 100000 Kilowattstunden verbrauchen, profitieren von zusätzlichen Preisabschlägen, vor allem wenn sie zu betrieblichen Anpassungen bei der Stromnutzung bereit sind. „Viele Fleischer- und Bäckerbetriebe schaffen dieses Volumen problemlos“, weiß Michaela Eberlin, Sprecherin des Berliner Energiebrokers Ampere AG.

Preisvergleich im Internet
Egal wie hoch der Verbrauch ist: Kein Kunde muss seinen Strom beim lokalen Energieversorger kaufen. Auch Kleinbetrieben, etwa in der Friseurbranche, die jedes Jahr problemlos mit dem Volumen eines Mehrfamilienhaushalts auskommen, bieten Preisvergleiche auf Online-Plattformen wie www.verivox.de oder www.tarifvergleich.de alle Optionen. Ganz gleich für welche Gemeinde ein Überblick gewünscht wird, fast immer werden wenigstens zwei Dutzend Anbieter mit zuweilen beträchtlichen Preisunterschieden aufgelistet. An einzelnen Standorten beträgt die Differenz zwischen dem teuersten und billigsten Versorger 100 Prozent. Außer den lokalen Anbietern mit unterschiedlichen Tarifen für konventionellen oder regenerativen Strom sind fast überall die Billigtöchter der großen Energieversorger wie Eprímo (RWE) oder E wie Einfach (Eon) sowie bundesweite Discounter wie Flexstrom, 1-2-3 Energie (Pfalzwerke), Römerstrom (Stadtwerke Trier) oder Stromistbillig (Stadtwerke Pforzheim) präsent.

Viele fordern Vorauskasse nach dem Prepaid-Prinzip, andere geben Preisgarantien bis zu drei Jahren. Im Vergleich zu 2005 oder 2006, als in zahlreichen Städten ausschließlich die EnBW-Billigtochter Yello zum Wechsel einlud (die heute vielerorts zu den teureren Anbietern zählt), fällt der Strommarkt heute durch eine überraschende Vielfalt auf.

Zehn Prozent niedrigere Tarife
Wer ebenso sichere wie günstige Preise wünscht, sollte den Beitritt zu einer Einkaufsgemeinschaft prüfen. Erfahrungsgemäß können die Zusammenschlüsse die marktüblichen Tarife um über zehn Prozent unterbieten. „Angesichts der erhöhten Anbieterzahl sind solche Kooperationen für die Versorger wieder interessant geworden“, glaubt BWHT-Geschäftsführer Hartmut Richter. Das allerdings gilt nur mit Einschränkungen: Anders als vor fünf oder sechs Jahren gibt es nur noch regionale Einkaufsgemeinschaften. Trotz gesunkener Netzentgelte zeigen sich die Energieversorger an Mitgliedsunternehmen außerhalb ihres Einzugsgebiets nicht interessiert – die Rendite der rabattierten Preise ist ihnen offenbar zu niedrig.

Außerhalb von Baden-Württemberg und Bayern sind derzeit nur Pools auf Stadt- oder Kreisebene bekannt. In einzelnen Bundesländern wie Nordrhein-Westfalen werden allerdings momentan neue landesweite Einkaufsgemeinschaften vorbereitet. Die Pool-Anbieter und ihre Vertragspartner werben über Kosteneinsparungen hinaus mit weiteren Vorteilen. „Wir bieten Know-how und Zeitersparnis“, betont Ampere-Sprecherin Eberlin. Mit der entsprechenden Vollmacht übernimmt der Energiebroker alle anfallenden Dienstleistungen wie die Kündigung des Altvertrags.

Mehrere Wege zum Sparen

Ganz unumstritten sind die Einkaufsgemeinschaften aber nicht. „Solche Pools müssen ständig neu ausgemessen und angepasst werden“, meint beispielsweise Betriebsberater Hans-Jörg Kramer von der Handwerkskammer Ostmecklenburg-Vorpommern. Das sei jedoch mit drei- oder gar vierstelligen Mitgliedszahlen kaum möglich. Auf Basis von individuellen Beratungen und Anpassungen könnten vor allem Großverbraucher mit über 100000 Kilowattstunden Jahresaufkommen deutlich mehr einsparen. „Ein mit allen Wassern gewaschener Berater erzielt Kostenreduktionen um 20 Prozent“, weiß Kramer aus Erfahrung.

Gasanbieter wechseln

Was bei Strom längst üblich ist, fängt bei Gas erst an. Doch zu einem funktionierenden Wettbewerb fehlt noch einiges. Stefanie Helm, Assistentin der Geschäftsleitung bei der Schilling Messebau- und Ausstellungsbau GmbH in Besigheim, hat trotzdem einen günstigeren Gasanbieter gefunden. Seit zwei Jahren bezieht der Handwerksbetrieb nicht nur Strom, sondern auch Gas über die Einkaufsgemeinschaft des baden-württembergischen Handwerks. Der Energiebroker Ampere hat für die Handwerksbetriebe einen Einkaufspool zusammengestellt. „Insgesamt ist das Interesse bei Gaskunden groß, aber die Möglichkeiten sind noch eingeschränkt“, sagt Ampere-Sprecherin Michaela Eberlin. Große Industriekunden könnten schon aus einem breiteren Angebot auswählen, bei den kleineren Gewerbekunden sei der Markt erst am Anfang. Vor allem in Ballungszentren wie Berlin oder Hamburg könnten Handwerker aber durchaus einen günstigeren Gaslieferanten finden. Mit Dumpingspreisen wie bei der Liberalisierung des Strommarktes rechnet Eberlin derzeit zwar nicht. Aber zehn bis 15 Prozent Ersparnis seien durchaus möglich, schätzen Experten.

Bei der Schilling Messebau- und Ausstellungsbau GmbH hat sich der Wechsel in jedem Fall gelohnt, auch wenn Stefanie Helm die Ersparnis nicht beziffern kann. „Als Handwerksbetrieb hat man nicht die Zeit, sich so detailliert mit Energiepreisen zu befassen, da ist eine Einkaufsgemeinschaft sehr hilfreich“, sagt sie. Schließlich ist das Unternehmen mit 27 Beschäftigten, das europaweit Messestände für Kunden aller Art erstellt, mit über 160000 Kilowattstunden Gasverbrauch ziemlich energieintensiv.

Abzuwarten bleibt, ob das vom Bundestag im November 2007 verabschiedete Gesetz zur Bekämpfung von Preismissbrauch im Bereich der Energieversorgung Wirkung zeigt. Der neue Paragraf 29 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) konkretisiert das geltende Missbrauchsverbot für marktbeherrschende Strom- und Gasanbieter. Er soll es den Kartellbehörden erleichtern, Preise zu untersagen, die die Kosten unangemessen überschreiten.

Stefan Bottler

Aaron Buck

reinhold.mulatz@handwerk-magazin.de