Staat zapft ab

Stromsteuer Produzierende Betriebe mit hohem Stromverbrauch bekommen seit Anfang des Jahres weniger und später die Steuern vom Staat erstattet als bisher. Wie die Praxis darauf reagiert.

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    „Gleichen Sie die Nachteile bei der Stromsteuer soweit möglich wieder aus.“Tino Wunderlich, Steuerberater bei Deloitte in Berlin.
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    Die hochgerechneten Werte beziehen sich auf den Stromverbrauch in ganz Deutschland in der jeweiligen Branche.

Staat zapft ab

Tobias Menge aus Berlin hat die erhöhte Stromsteuer nicht aus der Fassung gebracht. „Ändern kann man so etwas ohnehin nicht“, sagt er als Geschäftsführer der Confiserie Reichert mit einem Hauptbetrieb, vier Filialen und 50 Mitarbeitern. „Wir versuchen, die höhere Steuer soweit wie möglich an die Kunden weiterzugeben, und haben das schon einkalkuliert. Bei 398000 Kilowattstunden jährlich macht bei ihm allein die Stromsteuererhöhung fast 3900 Euro mehr im Jahr aus. Insgesamt führt der Betrieb jetzt 8160 Euro Stromsteuer jährlich an den Staat ab.

Zudem erhält die Firma jetzt weniger Stromsteuererstattung als produzierendes Unternehmen und muss zunächst den vollen Steuersatz bezahlen. Bis Ende 2010 bekamen die begünstigten Betriebe ihren Strom schon vom Elektroversorger zu günstigeren Preisen. Jetzt wird zunächst immer die volle Stromsteuer in Höhe von 20,50 Euro je Megawattstunde fällig. „Ein Liquiditätsnachteil“, so Tino Wunderlich vom Prüfungs- und Beratungsunternehmen Deloitte in Berlin.

Erstattung früh beantragen

Viele Handwerksbetriebe mit hohem Stromverbrauch, wie etwa Bäcker, Metzger, Maschinenbauer und Schreiner müssen deshalb neu rechnen und nach Ausgleich suchen.

Zum Beispiel, indem sie den Antrag auf Stromsteuererstattung für produzierende Betriebe frühzeitig stellen. „Das geht vierteljährlich, aber auch monatlich“, so Wunderlich - die Erstattung kommt also auf Wunsch zeitig in die Firmenkasse.“ Zuständig ist das nächste Hauptzollamt.

Neben dem Antrag auf Stromsteuererstattung können Betriebe des produzierenden Gewerbes mit dem „Spitzenausgleich“ einen weiteren Steuervorteil erzielen. Je nach Zahl der Mitarbeiter und der Rentenbeiträge für sie, erhalten die Betriebe hier diesen zweiten Teil der Erstattung. Auch dieser Bonus ist Anfang des Jahres gesenkt worden (mehr in der Musterrechnung unten).
Vor allem wegen dieser Berechnung ist der Antrag auf Stromsteuererstattung nur etwas für
Rechenfreaks oder gleich für den Steuerberater, der sich mit dieser speziellen Materie bereits vertraut gemacht hat und kein überhöhtes Honorar wegen aufwendiger Recherche berechnet.

Energie sparen

Wer weitaus mehr sparen will als die möglichen Steuererstattungen, senkt seinen Energieverbrauch. Wie etwa Metzgermeister Frank Siegle aus Bietigheim-Bissingen. Sein Betrieb versucht, die höheren Stromkosten durch neue Maschinen zu kompensieren. Die Metzgerei mit Schlachthaus und Laden sowie 14 Mitarbeitern verbraucht 135Megawattstunden jährlich. Da sei Einsparpotenzial drin, so der Inhaber. „Im Frühjahr lasse ich die alten Kühlmaschinen austauschen, vielleicht danach die Backöfen“, sagt Siegle.

„Bei uns helfen besser aufeinander abgestimmte Produktionsabläufe und Wärmedämmmaßnahmen Strom zu sparen“, ergänzt Confiseri-Chef
Tobias Menge. „Wir sparen als Pilotbetrieb von Vattenfall, auch mit Hilfe des Umweltberaters der Handwerkskammer Martin Peters, bis zu sechs Prozent Strom im Jahr ein.“ Das gleicht die Stromsteuererhöhung längst wieder aus.

harald.klein@handwerk-magazin.de

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