Geländewagen Schwergewicht mit Zugkraft

Geländewagen | Mit der GL-Reihe ergänzt Mercedes sein Angebot an Allrad-Fahrzeugen nach oben. Der schwerste Mercedes ist eine Versuchung für jeden, der ein kompromissloses und komfortables Zugfahrzeug sucht. Vernünftiger sind allerdings andere SUVs.

Geländewagen

Schwergewicht mit Zugkraft

Wenn die Amis etwas können, dann komfortable Autos bauen. „Ultimatives Cruisen“ heißt das Stichwort – kaum ein anderes SUV kommt diesem Anspruch näher als die GL-Reihe von Mercedes. Der GL ist sozusagen der große Bruder des ML. Beide laufen von den Bändern des Mercedes-Werks in Tuscaloosa. Die etwas kompaktere Reiselimousine der R-Klasse ist auch verwandt mit dem GL, man teilt sich Bodengruppe und Allrad-Antriebstechnik.

Nun ist ein SUV wie der GL mit fast 2,5 Tonnen Leergewicht dieser Tage alles andere als ein Sparmobil mit politisch korrektem CO2-Ausstoß. Man muss sich schon entscheiden: Ordentliches Zugpotenzial mit Komfort-Faktor oder lieber doch den Smart? Für arbeitende Firmenchefs, die nicht selten die Baustellen mit Material versorgen, kommt wohl nur ein potentes Zugfahrzeug infrage. Mit dem GL kauft man neben einem sich selbst bedienenden Allradantrieb, jeder Menge Platz auch noch ein Komfortangebot ein, das seinesgleichen sucht und sich nur annähernd in den Konkurrenten Audi Q7, Toyota Landcruiser H 100 und Range Rover findet (siehe Tabelle).

Luftfederung mit Niveauausgleich ist beim GL Standard, ein siebenstufiges, seidenweich schaltendes Automatgetriebe ebenfalls, von Tempomat mit Begrenzer, adaptiven Dämpfern, Reifendruckwarnern und Klimaautomatik gar nicht zu reden.

Von den beiden verfügbaren Dieselaggregaten ist der Dreiliter-V6 mit 165 kW (224 PS) schon das Basis-Triebwerk. Seine 510 Nm Drehmoment garantieren bereits eine gewisse Souveränität im Antritt; mehr braucht man nicht, so viel schon vorneweg. Dennoch: Der Vierliter-Diesel-V8 ist noch mal eine Steigerung: 700 Nm Drehmoment und 225 kW (306 PS) lassen nun wirklich keine Wünsche mehr offen.

Der V6 CDI ist freilich der Vernunftmotor in diesem an sich unvernünftigen Geländewagen. Erstaunlich, wie vergleichsweise sparsam dieses Triebwerk mit dem Sprit haushaltet. Freilich ist es möglich, im Kurzstreckenverkehr mit kalter Maschine und zahlreichen Anfahrvorgängen bis zu 15 l/100 km durch die Einspritzdüsen zu jagen. Viel mehr Spaß macht aber das Cruisen. Auch bei Autobahngeschwindigkeiten um 120 bis 130 km/h: Nur 10,2 l/100 km konsumierte der GL auf derart moderat gefahrenen Langstrecken. Für ein SUV dieser Größe und Fahrleistung ist das ein fast schon sensationell niedriger Wert!

Der permanente Allradantrieb 4-Matic mit schaltbarer Gelände-Untersetzung arbeitet so unauffällig wie effizient. Selbst ein doppelt beladener Pferdeanhänger in einer nassen Wiese bleibt damit traktionstechnisch beherrschbar, die elektronische Anfahrhilfe 4ETS gleicht unterschiedliche Griffigkeiten als aktives Bremsdifferenzial aus. Tandemachsanhänger bis 2500 Kilo Gesamtgewicht sind für den GL nicht wirklich eine Herausforderung, denn er darf bis 3500 Kilo ziehen, dafür ist er gebaut und auch schwer genug.

Reichlich Platz

Die Frage im hausinternen Vergleich ist: Was kann ein GL besser als ein ML oder gar das kantige Ur-SUV der Baureihe „G“? Eines ist sicher: der GL ist die größte Variante im Mercedes-Allrad-Fuhrpark. Reichlich Platz herrscht auf allen Sesseln, sogar die beiden elektrisch versenkbaren Einzelsitze der dritten Reihe bieten noch ausreichend Knieraum für Erwachsene. Sind alle Sitze im Fond flachgelegt, bietet der GL eine weitgehend ebene Ladefläche mit über zwei Meter Länge. Die anderen müssen da bei 1,7 Meter passen, längentechnisch hält da nur der Audi Q7 noch mit.

Betrachtet man die Gewichte, wird schnell klar, dass der GL schon viel mit sich herumschleppt – die anderen aber teilweise noch mehr – siehe Range Rover. Der packt nur um 480 Kilo Zuladung – dagegen sind die 700 Kilo des GL direkt üppig. Am meisten Zuladung verträgt der Q7, hausintern ist es einmal mehr der Mercedes-Klassiker G, der hier Maßstäbe setzt.

Betrachtet man die Konkurrenten genauer, wird schnell klar: Der wahre Herausforderer des GL ist der Audi Q7. Er verträgt als Einziger noch mehr Zuladung und bietet ein ähnlich geschmeidiges V6-Triebwerk. Aufhorchen lässt hier übrigens der Preisunterschied von 9000 Euro zum GL. Gegen diese beiden Riesen erscheint der BMW X5 beinahe wie ein Kompakt-SUV – allerdings mit interessanten Verbrauchswerten. Der Range Rover mag etwas für den besonderen Geschmack sein, der Hauch Exklusivität ist aber teuer, und es steht kein wirtschaftlicher V6 zur Verfügung. Der Klassiker Toyota Landcruiser H 100 bietet mit seinem Vierliter-Reihen-Sechszylinder eine Alternative zum V6 – jedoch ohne wirkliche Vorteile: Antriebstechnisch in die Jahre gekommen, stimmen aber Qualität und Komfort.

Robert Domina

reinhold.mulatz@handwerk-magazin.de