Schnell reagieren nach VOB

Gewährleistung | Fehler macht selbst der beste Bauhandwerker. Wenn das passiert, dann sollte er nicht herumstreiten, sondern die Mängel zügig beseitigen und im Zweifel kulant handeln.

Schnell reagieren nach VOB

Große Verantwortung trägt Sabine Zenger, Bauleiterin der Pfaffinger Hochbau GmbH. Das Passauer Unternehmen errichtet im gesamten bayerischen Raum schlüsselfertige Wohn- und Geschäftshäuser. Von der Arbeitsvorbereitung bis zur Abnahme ist die 36-Jährige für Bauherren die Kontroll- und Ansprechpartnerin – einschließlich des Themas Mängel, und das auch noch nach der Übergabe. Wie lange, hängt vom Bauvertrag ab. Ist darin dazu nichts geregelt, sieht Paragraf 13 Nr. 4 VOB/B für Bauwerke vier Jahre vor. Bei wartungsbedürftigen Teilen maschineller und elektronischer Anlagen läuft die Verjährung seit 2002 nur zwei Jahre, sofern kein Wartungsvertrag vereinbart ist. Beim Wohnungsbau und besonders in Bauträgerverträgen wendet die Praxis jedoch die VOB meist nicht an. Hier gilt das BGB mit fünf Jahren Verjährung. Und wenn Sabine Zenger Subunternehmer beauftragt, verlangt sie von diesen meist eine um drei Monate längere Gewährleistungsdauer als die eigene. „Falls unser Auftraggeber kurz vor Ende der Gewährleistung Mängel geltend macht, muss ich ausreichend Spielraum haben, um den Subunternehmer zur Mangelbeseitigung aufzufordern“, erklärt die Diplom-Ingenieurin. „Und wenn das nicht funktioniert, brauche ich einen Zeitpuffer, um andere Handwerker zu beauftragen.“ Meist ist das Verhältnis zu den kooperierenden Betrieben aber harmonisch, geprägt von Fairness und Zuverlässigkeit. „Unsere Geschäftspartner wissen, dass sich die fristgerechte Beseitigung von Mängeln auszahlt.“

„Nach Ablauf der Frist stehen Auftraggebern nämlich sekundäre Mängelrechte wie Minderung der Vergütung oder Schadensersatz zu“, betont Cornelia Kiskalt, Dachdeckermeisterin sowie Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht in der Münchener Kanzlei Kainz & Partner (www.kainz-partner.de). Der Auftraggeber ist berechtigt, Mängel auf Kosten des Auftragnehmers durch eine andere Firma beseitigen zu lassen. Dies kommt oft viel teurer als beim ursprünglichen Auftragnehmer. Je nach den Umständen kann der Bauherr einen Anwalt oder Sachverständigen hinzuziehen, dessen Kosten hinzukommen. Werden durch den Mangel andere Güter beschädigt, muss der Unternehmer auch diese Mangelfolgeschäden erstatten, wofür in der Regel dessen Betriebshaftpflichtversicherung einzustehen hat. Folgende Punkte sind für Unternehmer bei der Gewährleistung besonders wichtig:

Mangel prüfen

Frist. „Die genannten Rechtsfolgen treten nur dann ein, wenn die Frist zur Mangelbeseitigung angemessen war“, erläutert Kiskalt. Es muss mindestens der Zeitraum gewährt werden, der unter normalen Umständen nötig ist. Allerdings: war die eingeräumte Frist zu kurz, ist sie nicht unwirksam. Vielmehr ist dann fiktiv das Datum anzunehmen, das sich bei einem angemessenen Zeitraum ergäbe.

Mangel. Genau prüfen sollte der Bauhandwerker beziehungsweise die Bauleitung auch, ab wann ein Mangel vorliegt. Eine Leistung ist nicht nur dann mangelhaft, wenn sie gegen die allgemeinen Regeln der Technik verstößt, sondern bereits dann, wenn sie nicht die vereinbarte Beschaffenheit hat. Deshalb ist die Leistungsbeschreibung zum Bauvertrag besonders wichtig. Vorschriften des Auftraggebers zu Maßen, Funktionswerten und Herstellern sind unbedingt einzuhalten. Abweichungen führen in der Regel zur Mängelrüge. Im Einzelfall kann diese aber unverhältnismäßig sein. Etwa, wenn ein anderes Produkt gleicher Qualität verwendet wurde und der Auftraggeber kein besonderes Interesse an seiner Vorgabe nachweisen kann. „Da sich der Handwerksunternehmer hier allerdings stets auf dünnem Eis bewegt, sollte besser die Leistungsbeschreibung genau eingehalten werden“, rät hm-Expertin Cornelia Kiskalt.

Großzügig regeln

Verschleiß. Schwierig ist oft die Abgrenzung von Gewährleistung und Wartung. Verschleißteile oder -leistungen haben üblicherweise eine kürzere Haltbarkeitsdauer als die vereinbarte Gewährleistung. Bei dauerelastischen Fugen etwa wird die Nacherfüllung deshalb oft abgelehnt. Dieser Einwand ist allerdings nur stichhaltig, wenn die für das Verschleißteil übliche Haltbarkeitsdauer wirklich überschritten ist. Die genaue Bestimmung dieses Zeitraums ist schwierig und funktioniert im Zweifel nur durch Herstellerangaben oder Erfahrungswerte. Für Sabine Zenger ist diese Abgrenzung selten ein Problem. „Da wir mit unseren Subunternehmern über Jahre zusammenarbeiten, sind solche Grundsatzfragen bei uns meist kein Thema. Wir wollen, dass unsere Kunden zufrieden sind, und dafür brauchen wir loyale Nachunternehmer. Am Ende zahlt sich diese eher großzügige Haltung für alle aus: Der Kunde begleicht unsere Rechnung zeitnah, und wir können auf Einbehalte gegenüber unseren Subunternehmern verzichten.“

Beweislast. Bis zur Abnahme muss grundsätzlich der Unternehmer beweisen, dass seine Leistung mangelfrei ist. Für Mängel, die danach auftreten, ist der Auftraggeber beweispflichtig. Schon aus diesem Grund sollte die Abnahme so schnell wie möglich laufen. Der Nachweis, dass eine Beschädigung und kein Mangel vorliegt, kann schwierig und kostenintensiv sein. Wird beispielsweise ein vom Dachdecker ordnungsgemäß abgedichtetes Flachdach beim Begehen oder Lagern von Gegenständen durch Dritte beschädigt, so ist es bis zur Abnahme Sache des Dachdeckers, diese Ursache nachzuweisen. „Bei unbegründeten Mangelvorwürfen, durch die hohe Kosten zu befürchten sind, sollte daher immer vorsorglich eine Dokumentation in Form von Fotos und Protokollen entweder durch einen Sachverständigen oder wenigstens durch einen qualifizierten Mitarbeiter oder Kollegen angefertigt werden“, rät Fachanwältin Kiskalt.

Bedenken. Ebenso sorgfältig sollten vom Auftragnehmer angemeldete Bedenken dokumentiert werden. Denn nach Paragraf 13 Nr. 3 VOB/B haftet der Handwerksunternehmer zunächst auch für Mängel, die auf die Leistungsbeschreibung, auf Anordnungen des Auftraggebers, auf die von diesem gelieferte oder vorgeschriebene Stoffe und Bauteile oder auf die Vorleistung eines anderen Unternehmers zurückzuführen sind. Ein Handwerker kann sich zwar entlasten, wenn er rechtzeitig und in ausreichender Form schriftlich Bedenken angemeldet hat. Die oft genutzte Standardformulierung, wonach gegen bestimmte Umstände oder Vorgaben „hiermit Bedenken angemeldet werden“, reicht entgegen verbreiteter Auffassung aber nicht aus.

Planungsfehler. Ist ein Mangel auf einen Planungsfehler zurückzuführen und hat der Unternehmer diesen erkannt, aber keine Bedenken angemeldet, so bleibt ihm noch der Einwand des Mitverschuldens: Da der planende Architekt im juristischen Sinne Erfüllungsgehilfe des Bauherrn ist, muss sich dieser sämtliche Planungsfehler seines Architekten wie eigenes Verschulden zurechnen lassen. Grobe Verstöße gegen die allgemeinen Regeln der Technik oder handwerkliche Spezialkenntnisse können dagegen auch angesichts eines Planungsfehlers zur alleinigen Haftung des Unternehmers führen. Sofern den Bauherrn ein anteiliges Mitverschulden trifft, ist der Unternehmer zur Mangelbeseitigung nur gegen
Sicherheitsleistung in Höhe der Beteiligungsquote verpflichtet.

Lieferantenhaftung. Ist für einen Mangel ein Materialfehler ursächlich, sollte der Bauhandwerker auch an eine Haftung des Lieferanten denken. Dieser haftet für von ihm geliefertes, verbautes Material seit Anfang 2002 ebenfalls fünf Jahre lang. Wie weit diese Haftung reicht, ist umstritten. Teilweise wird von den Gerichten die Ansicht vertreten, der Verkäufer habe im Wege des Schadensersatzes neben den Materialkosten auch die entsprechenden Kosten für den Ausbau des alten Materials und den Wiedereinbau des neuen zu ersetzen. Eine höchstrichterliche Entscheidung steht in dieser Frage jedoch aus.

Sabine Zenger versucht Mängelprozesse zu vermeiden. „Meist kosten sie allen Beteiligten Zeit, Geld und Nerven. Wenn im Einzelfall die Meinungen zu weit auseinandergehen, kann auch ein Schiedsgutachten zielführend sein.“ Primär verfolgt die engagierte und erfahrene Bauleiterin jedoch ihr ehrgeiziges Ziel: „Eine qualifizierte Leistung abliefern und Mängel erst gar nicht produzieren.“

harald.klein@handwerk-magazin.de