Einspruch Steuerbescheid: Widerspruch einlegen

Jeder dritte Steuerbescheid ist falsch. Anlass genug für Betriebe und Chefs im Handwerk, Widerspruch einzulegen und notfalls beim Finanzgericht zu klagen. Wie Unternehmer richtig vorgehen.

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    Thomas Radermacher klagt wegen seines Dienstwagens nach vergeblichem Einspruch gegen das Finanzamt.
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    „Viele Finanzbeamte lassen mit sich reden und korrigieren Fehler im Bescheid.“ Albrecht Huber, Steuerberater aus Kappelrodeck.
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    Der Bundesfinanzhof lässt das Telefax als Kommunikationsmittel der steuerpflichtigen Bürger mit dem Finanzamt zu.
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    In 70000 Fällen jährlich klagen die Steuerzahler gegen ihr Finanzamt, weil es ihre Einsprüche abgelehnt hat.
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    „Legen Sie generell Einspruch ein und halten Ihren Steuerbescheid lange offen.“ Reiner Dürr, Wirtschaftsprüfer, Kanzlei dffk, Stuttgart.

Richtig wehren gegen den Fiskus

Thomas Radermacher legt auf Glanz und Glamour keinen besonderen Wert. Der Schreinermeister und Geschäftsführer der Radermacher GmbH mit 15 Mitarbeitern in Meckenheim bei Bonn hat seinen BMW-Geschäftswagen deshalb auch aus rein pragmatischen Gründen ausgesucht: „Das Auto ist kaum reparaturanfällig und bietet genügend Platz für Werkzeuge, wenn ich zu Kunden fahre.“ Radermacher nutzt den BMW ausschließlich geschäftlich. „So steht es in meinem Arbeitsvertrag. Ich halte mich strikt daran“, sagt der Firmenchef. Weil er kein Fahrtenbuch führt, sieht das Finanzamt dies allerdings anders: „Ich muss nach der Ein-Prozent-Methode einen Privatanteil versteuern“, schimpft Radermacher. Zwar hat er dagegen schon mehrfach Einspruch eingelegt. Doch seine Einwände wurden abgelehnt. Jetzt will er klagen: „Es kann doch nicht sein, dass der Fiskus mir private Fahrten unterstellt und ich den Gegenbeweis antreten muss.“ Bei seinem Vorhaben wird er von seinem Steuerberater unterstützt. Die Details haben die beiden schon abgesprochen.

Fünf Millionen Einsprüche

Kein Einzelfall: Jedes Jahr bearbeiten die Finanzämter rund fünf Millionen Einsprüche, die Steuerzahler gegen ihren Steuerbescheid eingelegt haben (Grafik Seite 48). Häufig mit Erfolg - vorausgesetzt, sie haben ihren Einspruch sorgfältig vorbereitet (siehe „Einspruch vorbereiten“, rechts).

Nur wenige müssen wie Radermacher weiter streiten und Klage einreichen. Doch auch hier stehen die Chancen für Unternehmer gut, ihre Interessen durchzusetzen. Beim Bundesfinanzhof gehen jedes Jahr rund 3000 neue Verfahren ein. Die meisten enden positiv für den Steuerzahler. Anlass genug also für Unternehmer, sich gegen überzogene Vorstellungen des Finanzamts und allzu rigide Auslegungen zu wehren.

Zunächst einfach anrufen

Im einfachsten Fall funktioniert das mit ein wenig diplomatischem Geschick auf informellem Weg. „Viele Finanzbeamte lassen mit sich reden“, weiß Steuerberater Albrecht Huber in Kappelrodeck. Ein kurzer Anruf kann schon genügen, um die Fiskaldiener zu überzeugen.

„Wer beim Sachbearbeiter nicht weiterkommt, wendet sich am besten direkt an den Sachgebietsleiter“, empfiehlt Reiner Dürr, Steuerberater und Partner der Kanzlei dffk kröller & partner in Stuttgart. Hintergrund: Die Sachgebietsleiter haben oft mehr Erfahrung und sind mitunter schneller bereit, einzulenken.

Experte Huber warnt allerdings: „Wer vor dem Finanzamt von einem Steuerberater vertreten wird, sollte besser nicht selbst aktiv werden.“ Denn die Finanzbeamten könnten die Parteien gegeneinander ausspielen. „Sie gehen dann davon aus, dass die eine Hand nicht weiß, was die andere unternimmt“, so Huber.

Führt der informelle Weg nicht zum Erfolg, bleibt nur noch der schriftliche Einspruch. Die Frist dafür beträgt einen Monat nach Erhalt des Steuerbescheides. Der Einspruch muss gut begründet sein. „Wer dafür gerade keine Zeit hat, reicht diese einfach nach“, sagt Experte Huber. Ein Risiko geht der Unternehmer nicht ein. Er kann den Einspruch später kommentarlos wieder zurücknehmen. „Für den Unternehmer bringt das keine Nachteile“, meint Huber. Niemand muss befürchten, dass die Finanzbeamten negativ reagieren und folgende Steuererklärungen besonders kritisch unter die Lupe nehmen.

Berater Dürr empfiehlt sogar prinzipiell, Einspruch wegen anhängiger Verfahren einzulegen. Denn der Steuerbescheid wird damit offen gehalten. Vorteil: Falls der Unternehmer zum Beispiel bestimmte Betriebsausgaben in der Erklärung vergessen hat, kann er diese nachträglich geltend machen und die Belege nachreichen. „Das akzeptiert das Finanzamt unabhängig davon, worum es sich beim Einspruch gehandelt hat“, so Dürr.

Nicht spontan klagen

Lehnt das Finanzamt den Einspruch ab, bleibt dem Unternehmer noch der Gang zum Finanzgericht. „Allein aus einem Ungerechtigkeitsgefühl heraus sollte allerdings niemand klagen“, rät Huber. Denn das kann richtig teuer werden, falls der Unternehmer den Prozess verliert (siehe „Richtig klagen“ und „Honorar nachrechnen“ rechts). Dann muss der Firmenchef die Kosten für das Verfahren plus die Zinsen auf den Streitwert aufbringen. „Um das Risiko und auch den mit einem Verfahren verbundenen Stress zu minimieren, schalten Unternehmer am besten einen kundigen Steuerexperten ein“, rät Huber. Hans-Christoph Seewald, Präsident des Deutschen Steuerberaterverbands bestätigt: „Zunächst sollte der Steuerberater die Klageaussichten prüfen. Nur dann wird er zur Klage raten“ (Interview unten).

Horrende Steuern abgewehrt

Das kann Helmut Berres in Offenburg bestätigen. Der Schreinermeister hat vor dem Finanzgericht einen Prozess gewonnen. Huber hat ihn vertreten. Der Schreinermeister wollte sich vor mehreren Jahren neue Märkte erschließen und gründete dafür in China eine Firma. „Zwar setzten wir vor Ort einen chinesischen Vertrauten ein, aber aufgrund der engen gesetzlichen Bestimmungen konnten wir uns am Markt nicht durchsetzen“, erinnert sich Berres. Das Projekt scheiterte. Der chinesische Betrieb wurde zu einem Buchwert von einem Euro an die Muttergesellschaft, die Firma Berres Fensterbau, verkauft. „Wir verzeichneten damit einen enormen Verlust, weil wir zuvor einen Kredit in Höhe von rund 700000 Euro für die Firmengründung aufgenommen hatten“, sagt Berres. Das Finanzamt ging von einer Gewinnminderung aus und setzte hohe Steuerzahlungen an. „Wir haben das Geld erst einmal überwiesen und dann geklagt“, erinnert sich Berres.

Das Verfahren zog sich über fast sechs Jahre. „Während dieser Zeit hatten wir immer wieder weitere Unterlagen beizubringen und detaillierte Erläuterungen, warum die Firma nicht gleich liquidiert wurde“, sagt Berres. Die Richter entschieden zu seinen Gunsten. Am Ende bekam er eine hohe Steuerrückerstattung plus Zinsen. Das Verfahren hat ihn kein Geld gekostet. „Aber doch viel Nervenkraft“, so Berres. ◇

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Für die Prüfung des Steuerbescheids hilft die Checkliste, für den Einspruch der Mustertext: handwerk-magazin.de/08_2012

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