Rettung in der Not

Prozesskostenfinanzierung Ums gute Recht streiten ganz ohne Kostenrisiko: Dafür gibt es Gesellschaften, die einem den Prozess finanzieren. Allerdings halten die Anbieter ordentlich die Hand auf.

„Viele Anwälte stehen der Prozessfinanzierung offen gegenüber.“Rolf Schwedhelm, Anwalt aus Köln und Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft Handels- und Gesellschaftsrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV) - © Schwedhelm

Rettung in der Not

Thomas Fischer (Name von der Redaktion geändert) aus dem Rheinland freute sich über den Auftrag. Sein kleines Elektroinstallationsunternehmen erhielt vom Generalunternehmer den Zuschlag für einen großen Bürokomplex. Der Einbau sämtlicher Elektroinstallationen hatte einen Wert von 300000 Euro. Doch der Generalunternehmer hatte sich offensichtlich verkalkuliert und weigerte sich nach der Fertigstellung unter fadenscheinigen Begründungen, die Schlussrechnung von über 120000 Euro zu zahlen. „Ich hatte einige schlaflose Nächte“, berichtet Fischer.

Ein Rechtsstreit mit dem bundesweit agierenden Großunternehmen schien Fischer aussichtslos. Sein Anwalt hatte die rettende Idee, den Fall, einem Prozessfinanzierer anzubieten. Der willigte ein, denn der Rechtsstreit schien aussichtsreich.

Kein Risiko für den Unternehmer

Prozessfinanzierer haben für Unternehmer den Vorteil, dass die erfahrenen Rechtsexperten alle Anwalts- und Gerichtskosten vorab auf eigenes Risiko finanzieren und so „Waffengleichheit“ mit dem Gegner herstellen. Außerdem prüfen sie vorab, ob beim Gegner überhaupt etwas zu holen ist. Auch wenn der Prozess dann verloren wird, trägt der Handwerker kein Kostenrisiko. Allerdings kassieren die Juristen im Erfolgsfall eine ordentliche Provision vom erstrittenen Geld. Je nach Anbieter, dem möglichen Erlös und Instanzenweg, nehmen die Helfer eine Erfolgsbeteiligung von fünf bis 50 Prozent (siehe Tabelle).

Die Höhe der Prämien der Prozessfinanzierer im Erfolgsfall unterscheiden sich stark. Mit bescheidenen fünf Prozent gibt sich beispielsweise die SLB-Prozessfinanz aus Hoppegarten bei Berlin zufrieden. „Das gilt aber nur, wenn wir den Streit außergerichtlich beilegen“, erläutert Geschäftsführer Jürgen Baer. Doch meist gehen solche Streitigkeiten nicht nur in die erste, sondern auch in die zweite Instanz. Und dann wird es teuer. Bis zu 50 Prozent der gewonnenen Summe müssen die Unternehmer dann bisweilen zahlen.

Nur hoher Streitwert lohnt sich

Für den Elektroinstallateur Fischer gab es ein gutes Ende. Nach der ersten Instanz erkannte das Großunternehmen, dass sich der Handwerksmeister mit einem starken Partner verbündet hatte. „Wir konnten für den Handwerker einen Vergleich von über 100000 Euro erzielen“, sagt Julia Vitale von der Roland ProzessFinanz aus Köln, die den Fall Fischer übernommen hatte.

Die Idee der Prozesskostenhilfe für Unternehmer ist in Deutschland immer noch neu. „Wir haben das Produkt 1998 eingeführt“, sagt Gerrit Meincke von der Foris AG aus Bonn. Inzwischen bieten es vor allem Rechtsschutzversichern wie D.A.S oder Roland an. Denn viele Rechtsgebiete können gar nicht rechtsschutzversichert werden, weil das Risiko den Assekuranzen zu hoch ist. Hier bieten die Gesellschaften Rechtschutz nur von Fall zu Fall an. Für Unternehmer interessant: Finanziert werden Ansprüche von Architekten und Bauhandwerkern, Provisionsansprüche von Handelsvertretern oder allgemeine Vertragsansprüche, Streitigkeiten aus Immobilien- oder Gesellschaftsrecht sowie Ansprüche aus Insolvenzverfahren. „Selbst wenn der Staat oder die Behörde patzt, können wir Schadenansprüche aus Amtshaftung durchsetzen“, sagt Meincke von Foris.

Drei Voraussetzungen sind notwendig, damit ein

Prozessfinanzierer die Kosten für einen Rechtsstreit übernimmt: Der Streitwert muss ausreichend hoch sein. Ab 10000 Euro steigt zum Beispiel Acivo aus Leipzig ein. Der Gegner sollte liquide sein, damit nach dem Sieg vor Gericht auch

was zu holen ist. Die Erfolgsaussichten müssen für den Prozesskostenfinanzierer überwiegen -also mehr als 50 Prozent betragen. Handwerksmeister sollten per Anwalt ihre Siegchancen beim Finanzierer ausloten. Ein „Ja“ vom Experten ist fast schon ein gewonnener Prozess.

cornelia.hefer@handwerk-magazin.de

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