Preisabsprache wird teuer

Kartellschadenersatz Ein BGH-Urteil schützt Handwerksbetriebe vor Preisabsprachen der Lieferanten. Davon können viele Branchen profitieren.

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    Kartelle schaden auch Handwerkern. Sie können sich wehren.
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    „Der Aufwand für Schadenersatzklagen gegen Kartellsünder lohnt sich oft.“Robert Nentwich, Rechtsanwalt und Kartellexperte, Nürnberg.

Preisabsprache wird teuer

Kartellabsprachen, das klingt nach großer Wirtschaft und Industrie. Doch in zunehmend mehr Fällen sind auch Handwerksbetriebe betroffen, die sich gegen unerlaubte Preisabsprachen wehren können. So deckte die EU-Kommission 2011 ein Kartell der Hersteller von Durchschreibepapier auf. Unmittelbar betroffen war die Druckerei Orwi, Spezialist für selbstdurchschreibende Formulare, die 220000 Euro zu viel für das Papier gezahlt hatte. Dafür wollte die Druckerei Schadenersatz. Zu spät: 2003 ging der Zwanzig-Mann-Betrieb in die Insolvenz. „Dafür waren die Kartellpreise mitverantwortlich“, sagt der Nürnberger Anwalt Robert Nentwich, Kanzlei G & P Gloeckner, Fuhrman, Nentwich. Er ist mit der Durchsetzung der Schadenersatzforderungen gegen das Kartell beauftragt, die Orwi vor der Pleite noch abgetreten hatte.

BGH erweitert Schadenersatz

Wie Orwi so leiden einige Handwerksbetriebe unter Marktmacht und Preisabsprachen der Lieferanten. Doch Gegenwehr kann helfen, so Robert Nentwich: „Grundsätzlich müssen Kartellteilnehmer ihren Abnehmern den Schaden ersetzen, den diese durch überhöhte Kartellpreise haben.“

Trotzdem lehnte im Fall der Druckerei Orwi das Oberlandesgericht Karlsruhe den Schadenersatz ab. Begründung: Orwi habe sein Papier nicht direkt beim Kartell, sondern bei Großhändlern bezogen. Das sieht der Bundesgerichtshof (BGH) anders: Jeder Kartellgeschädigte könne Schadenersatz verlangen (Az. KZR 75/10).

Kartellschadenersatz, das war auch für Handwerker anderer Branchen bislang eher kein Thema. Denn auch sie beziehen Material und Rohstoffe wie die betroffene Druckerei in der Regel über den Großhandel, also gerade nicht direkt von den Kartellmitgliedern. Jetzt hat das BGH-Urteil eine neue Situation geschaffen, indem es den Direktzugriff auf die Produzenten erlaubt.

Gericht überzeugen

Kartelle, unter denen das Handwerk zu leiden hat, gibt es einige: 17 Sanitärhersteller haben von 1992 bis 2004 die Preise für Waschbecken und Badewannen „koordiniert“. 2011 hat das Bundeskartellamt 42 Millionen Euro Bußgeld wegen Preisabsprachen über Spanplatten verhängt und 24 Millionen gegen die Mühlenindustrie wegen Manipulation des Mehlmarktes.

In allen Fällen ergingen Bußgeldbescheide von Kartellbehörden. Mit diesen steht für die Gerichte im Schadenersatzprozess fest, dass es einen Kartellverstoß gab. Allerdings gilt eine Einschränkung: Ersatz bekommt nur, wer tatsächlich einen Schaden hat. Reicht ein Handweksbetrieb die kartellbedingten Preiserhöhungen einfach an seine Kunden durch, kann er nicht klagen. Zudem muss das Gericht überzeugt werden, dass ein bestimmter Teil des Preises gerade auf die Kartellabsprachen zurückgeht und nicht auf die allgemeine Marktentwicklung. Das macht Aufwand. „Doch der lohnt sich in vielen Fällen“, ermuntert Anwalt Nentwich Handwerker.

harald.klein@handwerk-magazin.de

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