Nicht nur für Cowboys

Pick-ups | Respektable Zuwächse auch in Deutschland erwarten sich die vier großen Hersteller der klassischen Eintonner-Pick-ups. Wir stellen die meistverkaufte Variante der geländegängigen Fahrzeuge vor: den fünfsitzigen Doppelkabiner mit kurzer Ladefläche.

Nicht nur für Cowboys

Der Markt in Deutschland ist mit rund 10000 Fahrzeugen pro Jahr bei den Pick-ups zwar nicht der allergrößte, aber offensichtlich einer mit Potenzial. Unisono behaupten die Hersteller, dass hier „noch viel Luft nach oben“ sei. So viel, dass sich zum Beispiel VW ab 2008 auf das Geschäft mit den Eintonner-Pick-ups einlassen will und auch Fiat in Ergänzung zum leichten Halbtonner Strada einen schweren 4 x 4-Pick-up ankündigt.

Betrachtet man die aktuellen Modelle, fällt es auf den ersten Blick schwer, wirklich grundlegende Unterscheidungsmerkmale zu finden. Die Konzepte ähneln sich: Angeboten werden in der Regel die drei Kabinenvarianten kurz, mittellang und Doppelkabine mit fünf vollwertigen Sitzplätzen. Letztere ist mit 78 Prozent Anteil die meistverkaufte, gefolgt von den mittellangen Kabinen mit Ladelängen um 1,8 Meter, die mit rund 20 Prozent vertreten sind. Der verschwindend geringe Rest sind die Einzelkabiner, die dafür als ein echtes Arbeitsgerät immerhin eine um 2,3 Meter lange Ladefläche bieten.

Antriebstechnisch ist der Allradantrieb mit zuschaltbarer Vorderachse die Regel. Automatische Freilaufnaben vorne sind bis auf wenige Ausnahmen (Toyota) ebenso Standard wie die Möglichkeit, die Vorderachse während der Fahrt zuzuschalten. Im Allradmodus meistern die Pick-ups problemlos alle in der Praxis vorkommenden Anfahr- und Steigungs-Situationen.

Ford Ranger: Der Arbeiter

Auch in seiner neuesten Auflage bleibt sich der Ford Ranger treu: Keine übertriebene Eleganz täuscht in den äußeren Linien über den wahren Charakter des Pick-up hinweg: Der Ranger war und ist weiterhin ein ehrlicher Arbeiter. Interieur und Armaturenbrett sind zeitgemäß aufgewertet. Der Ranger, übrigens weitgehend baugleich mit dem Mazda-Pick-up, bietet sogar brauchbaren Langstrecken-Komfort. Als Einziger in der Konkurrenz setzt er vorne weiterhin auf harmonisch abgestimmte Drehstabfedern. Sie sind zwar etwas schwerer als Schraubenfedern, beanspruchen aber deutlich weniger Bauraum und sorgen so für viel Platz im Fußraum. Auch die 143-PS-Maschine ist ein Muster an Ausgewogenheit und passt sehr gut zum Ranger. Einerseits erlaubt das drehmomentstarke und ausgesprochen elastische Aggregat schnelle Autobahnschnitte, andererseits sorgt der VTG-Lader für frühes Ansprechen des Turbos und damit für besten Durchzug „untenrum“.

Der Ranger ist zusammen mit dem Navara der schwerste der Eintonner-Pick-ups. Nach dem Gesamtgewicht wohlgemerkt, nicht nach dem Leergewicht. Über 3000 Kilo zulässiges Gesamtgewicht – das erlaubt bei der entsprechenden Übersetzung die enorme Anhängelast von 3000 Kilo. Und weil das Leergewicht sehr moderat ist, bietet der Ranger mit 1100 Kilo Nutzlast die Spitze bei den Doppelkabiner-Pick-ups. Zusammen mit dem Toyota verfügt er zudem über die mit 153 Zentimetern längste Ladefläche bei den Doppelkabinern.

Nissan Navara: Der Kräftige

Nissan läutete das prestigeträchtige Rennen nach Leistungswerten jenseits der 150 PS bereits vor zwei Jahren ein. 126 kW respektive 171 PS hält man bei Nissan für die einzig wahre Motorisierung – weniger Leistung will man gar nicht anbieten. Schade nur, dass man weder die mächtigen 403 Nm noch die 84 kW Leistungsangebot im mittleren Drehzahlbereich wirklich wahrnimmt. Der Navara wirkt im Anfahrbereich zugeschnürt, im mittleren Bereich für die Leistungswerte zu wenig elastisch, nur bei hohen Drehzahlen lässt er einen seine Leistung wirklich spüren. Deshalb machen auch Autobahnfahrten am meisten Spaß. Hat man dazu noch die Luxusausstattung und die Ledersitze des Navara „LE“ im Kreuz, vergisst man beinahe, in einem Pick-up zu sitzen. Selbst bei 170 km/h stört kein übermäßiger Lärm den Speed-Kick.

Ernüchterung macht sich dann eher an der Tanksäule breit: Von den 9,8 l/100 km Normverbrauch ist der Navara die meiste Zeit meilenweit entfernt. Die verhaltene Autobahnfahrt mit maximal 120 km/h lässt sich bei unseren Tests zwar mit 10,2 Litern meistern, auf Kurzstrecken konsumiert er jedoch bis zu 15,3 l/100 km. Werte um 13 l/100 km sind im gemischten Einsatz durchaus realistisch, die etwas leistungsschwächeren Wettbewerber dürften sich beim Verbrauch nur wenig darunter einpendeln.

Der Navara bietet als Einziger in der Konkurrenz die Möglichkeit, die Vorderachse und die Geländeübersetzung ganz bequem über einen Drehschalter in der Mittelkonsole zu schalten. Die 100-Prozent-Quersperre der Hinterachse wird ebenfalls elektrisch über einen Kippschalter aktiviert. In der Summe erweist sich dieser Allrad-Triebstrang als äußerst effizient und sehr leicht zu bedienen.

Form und Funktion sind beim Navara stimmig: Die Außenhaut ist elegant gezeichnet, dennoch ist der Navara kein Schönling. Die imposanten, armdicken Rohre der Dachreling sehen nicht nur stabil aus, sie sind es auch.

Mit einem Einstandspreis für den Doppelkabiner von gut 24000 Euro liegt der Nissan, wohl auch wegen der einfachen Allrad-bedienung, deutlich über den Konkurrenten, die sich bei 22000 Euro einpreisen.

Mitsubishi L200: Der Elegante

Der Marktführer liegt nur noch knapp vor dem Nissan Navara und bedurfte dringend der Auffrischung. Die ist stilistisch auf jeden Fall gelungen: Zumindest von der Seite ist der L200 nun unverwechselbar, kein anderer hat diesen eleganten Schwung in der Karosse. Auch innen überwiegen klare Linien und Flächen: Ein Highlight sind die sich überschneidenden Rundinstrumente in Blau mit weißen Ziffern. Aber auch die inneren Werte sind auf dem neuesten Stand: So kann Mitsubishi als einziger Hersteller ein ESP anbieten – freilich nur ab den Luxusversionen der „Intense“-Reihe, die auch die versenkbare Heckscheibe als Extra beinhaltet.

Das Allradkonzept „Easy Select“ für die Standardvarianten umschreibt die manuell zuschaltbare Vorderachse mit automatischer Visko-Quersperre an der Hinterachse. Einen Schritt weiter geht der permanente Allradantrieb „Super Select“ – wiederum der „Intense“-Modelle. Hier verteilt ein Visko-Mitteldifferenzial im Normalfall die Antriebsmomente jeweils 50:50 auf Vorder- und Hinterachse. Bei stark unterschiedlichem Grip erhält jedoch die Achse mit der besten Traktion das größte Antriebsmoment.

Auch in Sachen Zubehör geht Mitsubishi neue Wege. So gibt es beispielsweise ab Händler diverse Hardtops, die die tropfenförmige Seitenlinie noch weiterführen, was freilich den Laderaum ziemlich einschnürt. Um die nur circa 1,5 Meter lange Ladefläche des Doppelkabiners optimal zu nutzen, gibt es nun eine Art Alu-Gatter, das mit der geöffneten Heckklappe die nutzbare Ladelänge auf rund 1,80 Meter erweitert. Mit dem Leistungsangebot von 100 kW/ 136 PS für den 2,5-Liter-Vierzylinder setzte Mitsubishi ein Zeichen der Vernunft – mehr Leistung braucht der Pick-up an sich nicht. Aber dann folgte man doch noch dem Ruf des Marktes und kündigt nun für Sommer 2007 eine 167-PS-Variante mit über 400 Nm Drehmoment an. Man darf gespannt sein, ob sich damit auch die Anhängelast von 2700 auf 3000 Kilo erhöht.

Aber auch in der Standardversion bietet der L200 mit das beste Preis-Leistungs-Verhältnis in der Konkurrenz. Für 25000 Euro gibt es die „Intense“-Ausstattung mit ESP, Klimaautomatik, Trittbrettern, Kotflügelverbreiterung und allerlei Annehmlichkeiten mehr. Für einen Partikelfilter sind zusätzlich 690 Euro hinzublättern.

Toyota Hilux: Der Leichte

Für noch mehr Zurückhaltung in Sachen Leistungsangebot hat sich Wettbewerber Toyota beim ebenfalls neu aufgelegten Hilux entschieden: Hier bilden 88 kW/ 120 PS die Basismotorisierung, und 126 kW/171 PS aus drei Liter Hubraum gibt es für die hochwertig ausgestatteten „Sol“-Varianten. Mit 2250 Kilo Anhängelast bietet der Hilux nur eine durchschnittliche Anhängelast – unabhängig von der Motorisierung übrigens.

Innen gibt sich der Toyota mit neu gezeichneten Uhren und einem glattflächigen Armaturenbrett recht elegant und geräumig in den Platzverhältnissen. Sehr praktisch: Die hintere Rückbank lässt sich hochklappen. Damit ist dann die zweite Reihe komplett als Stauraum nutzbar. Mit 1,81 Meter in der Höhe kommt er deutlich hochbeiniger daher als die Konkurrenten, mit 1,52 Meter Ladelänge bei der Doppelkabine liegt der Hilux nahe beim Ranger, ist aber zwischen den Radkästen mit nur 104,5 Zentimetern der schmalste in der Konkurrenz. Das Allradkonzept folgt dem Standard: per Hebel zuschaltbare Vorderachse plus Geländeübersetzung. Allerdings gibt es automatische Freilaufnaben, die den ganzen vorderen Triebstrang noch einmal vom Rad entkoppeln, nur ab der aufwendigeren „Sol“-Ausstattung.

Insgesamt ist der Hilux der leichteste Vertreter seiner Klasse: Magere 2700 Kilo Gesamtgewicht erlauben nur Nutzlasten bis knapp 900 Kilo. Damit ist er sozusagen die Leichtversion des ehrlichen Arbeiters. Für das, was er bietet, ist er allerdings etwas teuer.

Robert Domina

reinhold.mulatz@handwerk-magazin.de