Neuer Trend: Infrastruktur

Geldanlage | Infrastruktur ist eines der kommenden Investmentthemen der nächsten Jahre. Von diesem wichtigen Trend können jetzt auch Privatanleger in Deutschland profitieren.

Neuer Trend: Infrastruktur

Menschen brauchen Wasser, Gas und Strom. Ihr Abfall muss entsorgt werden. Und sie reisen von A nach B, nutzen dafür die Schienen, Autobahnen und den Flugverkehr. Eine gute oder auch bessere Infrastruktur kostet nicht nur ein Heidengeld, sie kann Investoren oft auch eine ansehnliche Rendite bringen. Sofern sie denn früh genug diesen Trend erkennen sowie ausreichend Geduld haben, um das eigene Kapital einige Jahre lang arbeiten zu lassen.

Für Christoph Berger, Portfolio-Manager bei der Fondsgesellschaft Cominvest in Frankfurt, ist „Infrastruktur ein sehr weites Feld“. Denn „Infrastruktur“ ist der Oberbegriff für – im weitesten Sinn – Verkehr, Energieversorgung sowie Telekommunikation. Sieht man genauer hin, sammeln sich da die Betreiber von Autobahnen und Flughäfen, Strom- und Gaslieferanten sowie mittlerweile auch Telekommunikationsunternehmen.

Die Top-Branchen

„Besonders profitieren Ausrüster und Servicefirmen, etwa aus den Bereichen Stromversorgung und -übertragung, sowie die Baustoffindustrie“, umreißt Berger die aus seiner Sicht wichtigsten Nutznießer des womöglich immer dynamischeren Trends Infrastruktur. Dieser ist mittlerweile ein mehrere hundert Milliarden Euro schwerer Markt, der zudem durch Übernahmen und Beteiligungen ordentlich in Bewegung geraten ist. Erst recht, wenn man dann auch noch die Peripherie dazuzählt – nämlich Firmen, die Kraftwerke und Turbinen bauen oder Zement für Autobahnen und Staudämme liefern.

Das große Interesse von Private-Equity-Gesellschaften, die Milliarden US-Dollar oder auch Euro Eigenkapital und ein Vielfaches davon an Fremdkapital zur Verfügung haben, hat die Aktienkurse von Infrastruktur-orientierten Unternehmen spürbar steigen lassen. Die Börsen werden nämlich erfahrungsgemäß nicht nur durch wachsende Unternehmensgewinne und gute Konjunkturdaten beflügelt, sondern auch durch Übernahme- und Fusionsfantasien. Die Beteiligungsgesellschaften wiederum sind in der Hauptsache interessiert an etablierten Unternehmen, die – wie etwa die Betreiber von Autobahnen, Flug- oder Seehäfen – hohe laufende Einnahmen, also einen üppigen Cash-Flow erzielen. Aufgrund der niedrigen Fremdkapital-Zinsen nämlich können mit vergleichsweise wenig eigenem Geld überdurchschnittliche Renditen auf das Eigenkapital erzielt werden.

Die Übernahmewelle im Bereich Infrastruktur hat im Übrigen mittlerweile auch Deutschland erreicht. Ins Visier der australischen Bank Macquarie geriet hierzulande als eines der ersten Unternehmen der Immobilien-Dienstleister Techem. Das Unternehmen ist Europas größter Heizungsableser mit vergleichsweise hohen Mittelzuflüssen sowie zwar nicht starken, aber stetigen Gewinnzuwächsen. Die Investmentbanker aus Down-Under wiederum zählen weltweit zu den profiliertesten Infrastruktur-Investoren, die sich nicht nur Unternehmen wie Techem einverleiben wollen, sondern in der Vergangenheit zig Milliarden Dollar in Autobahn- und Hafenbetreiber gesteckt haben.

Die Top-Regionen

Die Umsatz- und Gewinnfantasie, somit letztlich die Kurschancen Infrastruktur-orientierter Unternehmen, stammt vor allem aus den mittlerweile beinahe legendären Bric-Regionen. Gemeint mit dieser Abkürzung sind die boomenden Volkswirtschaften Brasiliens, Russlands, Indiens und Chinas. Trotz des enormen Wachstumstempos in den vergangenen Jahren haben diese Länder in puncto Straßenbau & Co längst noch nicht westliche Standards erreicht. Allein in den kommenden fünf Jahren werden sie einer Studie des US-amerikanischen Investmenthauses Goldman Sachs zufolge rund 8,5 Prozent ihrer Bruttoinlandsprodukte (BIP) hauptsächlich in Straßen, Stromversorgung und Telekommunikationsnetze investieren. Laut Cominvest-Portfolio-Manager Berger hat das Thema Infrastruktur unterschiedliche Facetten. Die übergeordnete ist gleichsam dreispurig: „Bei uns in Europa muss die an sich gute Infrastruktur durch weitere Investitionen auf ihrem hohen Niveau gehalten werden.“ In den USA indes sei lange nicht ausreichend Geld investiert worden, so dass die dortige Infrastruktur – etwa im Bereich der Stromnetze – erheblichen Verbesserungsbedarf habe. Und in den schnell wachsenden Erfolgswirtschaften wie China und Indien müsse erst einmal eine solide Infrastruktur geschaffen werden.

Das US-Investmenthaus Goldman Sachs hat berechnet, dass 2006 weltweit mehr als 100000 Übernahmen im Infrastruktursektor abgewickelt wurden. Diese hatten einen Gegenwert von rund 500 Milliarden US-Dollar. Den deutschen Markt hat dieser Trend, sieht man von ein paar mittelgroßen Übernahmen ab, gemessen am Transaktionsvolumen noch nicht erfasst. Bis Mitte November vergangenen Jahres ermittelte man beim Analysehaus Dealogic nur gut 50 Firmenkäufe, fast alles kleinere Unternehmen aus dem Sektor Infrastruktur, im Gegenwert von rund 6,5 Milliarden Dollar.

Chancen für Privatanleger

Auch wenn die großen Geschäfte Hunderte von Millionen oder sogar etliche Milliarden Dollar beziehungsweise Euro schwer sind – auch Privatanleger können vom Trendthema Infrastruktur profitieren. Und das auf vielfältige Weise. Die einfachste und momentan sehr direkte Möglichkeit: Der Anleger kauft die Aktie der Macquarie Bank und setzt darauf, dass das australische Investmenthaus auch künftig mit seinen Infrastruktur-Anlagen gutes Geld verdient. Nachteil: Die Aktie wird nur an der australischen Heimatbörse und in den USA als ADR-Papier gehandelt (ISN: US55607P1057). Für deutsche Anleger sind Aktienkäufe an ausländischen Börsen zudem mit zusätzlichen Gebühren verbunden, die die Renditechancen schmälern. Außerdem rechnen hiesige Anleger in der europäischen Einheitswährung Euro, so dass Wechselkursverschiebungen zum australischen oder US-Dollar sich sowohl negativ als auch positiv auf die Wertentwicklung auswirken können.

Alternative ist die Beteiligung an einem Geschlossenen Investmentfonds. Die Macquarie Bank platzierte einen solchen vor ein paar Wochen unter deutschen Anlegern, hauptsächlich mit Vertriebsunterstützung des Heidelberger Finanzdienstleisters MLP. Die Vorgängerfonds, ebenfalls aufgelegt und gemanagt von den Australiern, brachten im Jahresschnitt deutlich mehr als zehn bis 15 Prozent Rendite. Nachteil eines solchen Investments: Das gibt es nicht für den kleinen Geldbeutel. So betrug die Mindestanlage beim von MLP vermittelten Macquarie-Fonds 50000 Euro. Zudem haben solche Beteiligungen den Nachteil, dass es dafür keinen Zweitmarkt gibt. Investoren müssen bei der Stange bleiben, denn bei plötzlichem Geldbedarf lässt sich eine solche Beteiligung nicht oder nur mit spürbarem Verlust verflüssigen.

Dass sich mit dem Thema Infrastruktur nicht allein über Geschlossene Fondsbeteiligungen, sondern auch durch den direkten Aktienkauf Geld verdienen lässt, zeigen die Kurszuwächse typischer Infrastruktur-Firmen in den vergangenen Jahren. Dazu zählen etwa das französische Bauunternehmen Vinci, der italienische Autobahnbetreiber Autostrada oder der britische Flughafenbetreiber BAA. Aber auch Unternehmen anderer typischer Infrastrukturbranchen billigen Analysten mittel- und längerfristig gute Kurschancen zu. „Die Zulieferindustrie im Bereich Stromübertragung profitiert von stark steigenden Umsätzen. In den USA kann die Zementindustrie ordentliche Preiserhöhungen durchsetzen. Vergleichbares gilt auch für die Dienstleister und Ausrüster des Öl- und Gassektors“, meint Cominvest-Stratege Berger.

Spezielle Fonds

Die Aktien solcher Unternehmen würden zunehmend in guten Aktienfonds berücksichtigt, so Berger. Die bei solchen Geldsammlern übliche breite Streuung des Kapitals auf unterschiedliche Regionen, Branchen und eine Vielzahl verschiedener Unternehmen bietet traditionell ein recht gutes Chance-Risiko-Verhältnis. Nachteil: Das Infrastruktur-Investment wird verwässert, weil in solchen Aktienfonds auch eine Fülle anderer Branchen stecken. In den nächsten Monaten sollen vermehrt auch Aktienfonds auf den Markt kommen, die sich speziell dem Infrastruktur-Thema widmen. Sie sind ein langfristig chancenreiches Investment. Die Menschen werden weiter telefonieren und reisen und sie brauchen Wasser, Gas und Strom.“

Heinz-Josef Simons

cornelia.hefer@handwerk-magazin.de