Neue Geschäfte mit alten Bekannten

Kundenbindung Auftrag erfolgreich erledigt - und dann? Mit einem systematischen Kundenmanagement überzeugen Sie Einmalkäufer und können sich zudem bei Stammkunden unentbehrlich machen.

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    Oliver Hoffmann, Zimmermeister in Friedrichshafen, hat eine Software zum Kundenmanagement entwickelt.
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    „Die Arbeit mit der CRM-Software hat die Abläufe im Betrieb verändert.“Markus Benz (li.), Leiter des CRM-Projekts in der Zimmerei von Oliver Hoffmann.
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    Im Handwerk wollen nur acht Prozent der Chefs in eine CRM-Software investieren, im Mittelstand beträgt die Quote immerhin 20 Prozent.

Neue Geschäfte mit alten Bekannten

Was das Gedächtnis seiner Kunden angeht, gibt sich Oliver Hoffmann keinen Illusionen hin: „Nach dem Einbau eines Dachfensters denken viele Kunden vielleicht erst in zehn oder 15 Jahren wieder an uns, würden wir uns nicht in Erinnerung bringen“, erklärt der Zimmermeister in Friedrichshafen. Denn so ein Fenster, vom Profi eingebaut, verrichtet viele Jahre zuverlässig seinen Dienst. In der Zwischenzeit jedoch werkeln Wind und Wetter unerbittlich daran herum. „Ehe der Laie bemerkt, dass etwas nicht mehr funktioniert, hat sich ein Defekt bereits zum Problem gemausert“, weiß Hoffmann.

Um seinen Kunden aufwändige Reparaturen zu ersparen, empfiehlt der Chef von zehn Mitarbeiter jedem Besitzer eines neuen Dachfensters eine regelmäßige Wartung. Die große Mehrzahl der Kunden nimmt die Offerte dankend an. Erfreulicher Nebeneffekt: „So bleiben wir mit ihnen im Gespräch“, bekennt der Firmenchef. Ein nicht zu unterschätzender Erfolgsfaktor für den Friedrichshafener Familienbetrieb. Denn etwa jeder zweite Dachfensterkunde erteilt innerhalb von fünf Jahren weitere Aufträge.

Bonus durch Vertrauen

Die hohe Quote der Folgegeschäfte ist für Marketingexperten keinesfalls überraschend. Schließlich zeigen internationale Studien: Es kostet Unternehmen drei- bis sechsmal weniger, Folgegeschäfte mit Bestandskunden zu akquirieren, als Neukunden zu gewinnen. „Aus vorangegangenen Geschäften ist einfach schon eine Vertrauensbasis da“, nennt Norbert Speier vom Münsterländer Kompetenzzentrum für den Elektronischen Geschäftsverkehr (MÜKE) den wichtigsten Vorteil. Gerade wenn es um individuelle, hochpreisige Dienstleistungen gehe, wie sie viele Handwerker erbringen, sei dieser „Bonus“ besonders wertvoll. Denn in diesem Bereich ist laut Speier das „gefühlte Risiko“ für Kunden überdurchschnittlich groß, „mit der Wahl eines unbekannten Dienstleisters Geld in den Sand zu setzen“.

Nur jeder Zweite nutzt die Daten

Umso mehr erstaunt, dass nicht einmal jedes zweite deutsche Unternehmen (45 Prozent) die Geschäftspotenziale, die in seiner Kundendatenbank schlummern, systematisch erschließt, wie das Statistische Bundesamt feststellt. Diese Quote nimmt verschiedenen Studien zufolge mit der Firmengröße deutlich ab. So planen nach einer Befragung des Softwareherstellers Sage etwa 20 Prozent aller kleinen und mittelständischen Betriebe für 2012 Investitionen in Computerprogramme für Kundenbeziehungsmanagement (im Fachjargon: Customer Relationship Management, kurz: CRM), von den Handwerksunternehmen hingegen nur acht Prozent. „Um Kunden bei komplexen Produkten individuell bedienen zu können, ist Computerunterstützung unverzichtbar“, bekräftigt Dorothea Riedel vom Kompetenzzentrum für den Elektronischen Geschäftsverkehr in Ober- und Mittelfranken.

Angebot vom Schreibtisch aus

Zimmermeister Oliver Hoffmann kann diese Erfahrung nur bestätigen. Der enge Kontakt zu seinen Kunden beschert dem 48-Jährigen pro Woche mehr als ein Dutzend Anfragen allein zu Dachflächenfenstern. Die überaus erfolgreiche Strategie brachte den Unternehmer auf die Frage: „Ist es noch zeitgemäß, wegen jedem Angebot zum Kunden zu fahren und Kosten zu verursachen?“

Seit rund fünf Jahren geht seine Firma den umgekehrten Weg: „Wenn wir sowieso vor Ort beim Kunden sind, zum Beispiel für eine Wartung oder Reparatur, erfassen wir mit dessen Einverständnis vorsorglich sämtliche Daten seiner Dachfenster“, verrät Hoffmann. Die Informationen werden mit entsprechenden Fotos in einer eigens dafür programmierten Datenbank abgelegt. „Ruft der Kunde später an, um zum Beispiel ein neues Fenster zu bestellen oder eine Reparatur anzumelden, kann ich fast immer vom Schreibtisch aus ein Angebot unterbreiten“, versichert der Zimmermeister. Denn neben den Kundendaten und den Stundensätzen sind auch die kompletten Kataloge der Hersteller im System hinterlegt. „Die Idee für diese computerbasierte Lösung entstand bereits vor mehr als zehn Jahren“, blickt Hoffmann zurück. Lange habe er nach einem Programm gesucht. Als er nicht fündig wurde, entschied er sich 2005 zur Eigenentwicklung.

50 Neukunden durch Sofortangebot

Die ersten Skizzen, die Hoffmann als Briefing für die Programmierer zu Papier brachte, füllten vier DIN-A2-Bögen. Das war nicht nur der Startschuss für die Entwicklung der CRM-Software „durchdacht!“, die im vergangenen Jahr vom Bundeswirtschaftsminister mit dem 2. Platz des IT-Innovationspreises ausgezeichnet wurde. „Die Arbeit an dem Modul hat das ganze Unternehmen verändert“, berichtet Markus Benz, der in der Zimmerei gelernt hat und während seines anschließenden Bauingenieur-Studiums die Leitung für das Serviceprojekt übernahm. So hätten die Mitarbeiter mit ihren Erfahrungen zur stetigen Optimierung der Abläufe beigetragen, lobt Benz: „Das mündete 2010 schließlich in die Qualitätszertifizierung nach DIN EN ISO 2001“.

Außerdem entstand, gewissermaßen als Nebenprodukt des Projektes, ein Onlinekonfigurator für Internet: Kunden können hier ihre Fensterdaten und Wünsche selbst eingeben und direkt übers Netz ein Sofortangebot anfordern. „Allein das bescherte uns etwa 50 Neukunden im vergangenen Jahr“, freut sich der Projektleiter.

Lob der Kunden motiviert

„Kundenbeziehungsmanagement ist eine Philosophie“, pflichtet ihm IT-Berater Norbert Speier von der Handwerkskammer Münster bei. Die verwendete Software sei zwar von zentraler Bedeutung, aber nicht mehr als ein Werkzeug: „Unverzichtbar für ein professionelles Ergebnis, aber nur so gut, wie die Nutzer damit umzugehen verstehen“ (siehe Interview Seite 31). Für die Zimmerei Hoffmann beginnen sich die jahrelangen Mühen und umfangreichen Investitionen auszuzahlen: „Rund 80 Prozent unserer Angebote an Bestandskunden münden in einen Auftrag“, bilanziert der Firmenchef, „und 97 Prozent der Auftragnehmer bewerten unsere Arbeit positiv.“ Das motiviere das gesamte Team ungemein.

Viel Lob erhält der Zimmermeister inzwischen auch von seinen Kollegen. Denn interessierten Firmen stellt er (bis Ende 2012 noch zu Testzwecken kostenlos) seine Entwicklung zur Verfügung. 15 Dachhandwerker nutzen den Onlinekonfigurator gegenwärtig auf ihrer Homepage, fünf sogar das komplette „durchdacht!“-Servicemodul. Michelino Capezzuto, Spengler- und Dachdeckermeister aus Vaterstetten, macht aus seiner Begeisterung kein Hehl: „Bislang habe ich meine Kundendaten notgedrungen in elektronischen Leitz-Ordnern gespeichert.“ Mit der „durchdacht!“-Software sei das ein für allemal vorbei: „Nach so einem Programm habe ich 15 Jahre lang gesucht!“

kerstin.meier@handwerk-magazin.de

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