Nach dem Geschäft ist vor dem Service

Zusatzaufträge Kaum ein Markt wächst weltweit so rasant wie die Wartung, Reparatur und Instandhaltung von Produkten. Profitieren können vor allem Handwerker mit Servicequalität und Spezialwissen.

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    Manfred Wörner, Elektromeister in Ehningen, repariert Geräte für namhafte Hersteller.
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    Bis 2012 wird der After-Sales-Markt weltweit noch mal um über zehn Prozent wachsen.

Nach dem Geschäft ist vor dem Service

Jeden zehnten Euro verdient Manfred Wörner mit der Wartung und Reparatur von Haushaltsgeräten. Seit rund zwölf Jahren arbeitet der Elektrohandwerker im schwäbischen Ehningen für Bosch, Siemens, Miele und andere große Hersteller. „Die Zahl der Aufträge steht und fällt mit der Qualität der Produkte“, bilanziert Wörner. Wenn Waschmaschinen, Kühlschränke und andere Geräte einwandfrei funktionieren, ist dies schön für den Endkunden, aber schlecht für den Handwerker. Egal ob der Service letztendlich mit dem Kunden oder Hersteller abgerechnet wird, für Wörner hat er einen strategischen Wert. „Mit Wartungen und Reparaturen kann ich dauerhafte Kundenbeziehungen aufbauen“, sagt der Chef von sieben Mitarbeitern.

Läuft eine Herstellergarantie nach der gesetzlich vorgeschriebenen Zwei-Jahres-Frist ab, bietet er gegen einen Pauschalbetrag eine Verlängerung auf bis zu fünf Jahre an. Lässt sich ein Gerät nicht mehr reparieren, wirbt er mit Herstellernachlässen: Der Kunde kauft dann das Nachfolgeprodukt beim Elektromeister und nicht bei den Discountern auf der grünen Wiese.

Trend zum Komplettanbieter

Damit profitiert Wörner von einem Trend, der sich aufgrund des harten Preiskampfs an der Endgerätefront seit einigen Jahren kontinuierlich verstärkt. Auf der Suche nach neuen Geschäftsfeldern haben viele Technologiehersteller den After-Sales-Service entdeckt und zum strategischen Wettbewerbsfaktor ausgebaut. Denn schließlich lässt sich nicht nur mit Produkten Geld verdienen, sondern auch mit den nach dem Kauf anfallenden Dienstleistungen. Weiterer Vorteil aus Sicht der Hersteller: Wenn der Verkäufer die Produkte regelmäßig wartet, vor Ablauf der Garantiefrist neuralgische Teile austauscht und Reparaturen schnell und preisgünstig erledigt, bleiben die Kunden auch bei künftigen Einkäufen der Marke treu. Unterstützt wird diese Strategie zudem durch den Gesetzgeber, der die Garantie- und Gewährleistungsfristen auf bis zu zwei Jahre nach dem Kaufdatum verlängert hat.

Obwohl die Hersteller ihr Servicenetz in den letzten Jahren kontinuierlich ausgebaut haben, bietet der After-Sales-Servie dem Handwerk gerade jetzt wieder lukrative Zusatzgeschäfte: „Während der Wirtschaftskrise haben die Hersteller zahlreiche Servicetechniker entlassen, die sie jetzt wegen des Fachkräftemangels nicht wieder ersetzt bekommen“, weiß Markus Czabon von der Münchner Unternehmensberatung Barkawi Management Consultants.

Wichtigste Anforderung: Flexibilität

Wer als Unternehmer in dieser Nische punkten will, muss nach seiner Einschätzung jedoch einige Einstiegshürden nehmen. Schließlich, so der Experte, treten die Handwerker im Namen des Herstellers auf: „Wichtig ist vor allem die Bereitschaft zu Soforteinsätzen sowie eine moderne IT, die nahtlos mit der des Herstellers kommuniziert“, bestätigt Ralf Weigl, Marketing- und Vertriebsleiter des Werkskundendiensts Profectis. Wer für den früheren Quelle-Kundendienst im After-Sales-Markt tätig sein möchte, muss zudem ein eigenes Handelsgeschäft haben, damit der Erstkontakt zum Kunden nicht erst während einer Reparatur erfolgt. Die einwandfreie Qualität der handwerklichen Leistung ist für Profectis natürlich selbstverständlich.

Während Profectis oder Firmen wie TechnikService24 mit dem Einkauf und der Vermarktung von Dienstleistungen groß geworden sind, ergänzen auch bislang kaum im Service engagierte Investitionsgüterhersteller jetzt ihre Vermark-tungskette. „Service und Produkt gehören zusammen“, betont Experte Markus Czabon. So sei die Betreuung nach dem Kauf vor allem für Geschäftskunden ein Kaufkriterium. Um diesen Service flächendeckend bieten zu können, vergeben die Hersteller deshalb diese Aufträge verstärkt an flexible Klein- und Mittelbetriebe.

Super Chancen für Spezialisten

Besonders gute Auftragschancen haben dabei Unternehmen mit Spezial-Know-how. So konnte die Kraus Oberflächentechnik GmbH in Ludwigsfelde fast ein halbes Dutzend Lufttechnikhersteller und -dienstleister für sich gewinnen. Das 1990 gegründete Unternehmen hat sich als Spezialist für Oberflächenbehandlung von reparaturbedürftigen Triebwerken und Fahrwerken einen Namen gemacht. Rund 35 Handwerker und Facharbeiter machen die Bauteile mit thermischen Spritzverfahren, elektrochemischen Anstrichen und anderen Beschichtungslösungen einsatzfähig. „Wir arbeiten mit ausdrücklicher Genehmigung des Luftfahrtbundesamts“, hebt Peter Krauss, Gründer und langjähriger Inhaber des Unternehmens hervor - in der Regel vergibt die Behörde in Braunschweig entsprechende Zulassungen nur an Hersteller. Das Geschäft floriert. Seit kurzem bietet Kraus auch für Industriegasturbinen Oberflächenbehandlungen an.

Wer keine Nische bedient, hat im After-Sales-Markt einen schwereren Stand. Weil viele Industrieunternehmen mit dem Outsourcing nicht nur gute Erfahrungen gesammelt haben, stellen sie hohe Anforderungen an Handwerker. Egal ob diese nun Service oder Ersatzteile bereitstellen - sie müssen nicht nur mit den einschlägigen Qualitätslabels überzeugen, sondern sich auch laufend weiterbilden, über Schnittstellen mit der IT des Auftraggebers kommunizieren und rund um die Uhr für Kundeneinsätze bereit sein. „Handwerksunternehmen dürfen nicht ausschließlich auf ihre technischen Kompetenzen vertrauen“, warnt Marktkenner Czabon.

Verträge nur mit Meisterbetrieben

Firmen wie Profectis entscheiden etwa von Fall zu Fall, ob sie im After-Sales-Geschäft mit Handwerksunternehmen zusammenarbeiten oder nicht. Andere unterscheiden streng zwischen Service vor und nach Ablauf der Garantiefristen. So schließt Bosch und Siemens Hausgeräte (BSH) GmbH in München Verträge zur Abrechnung von Garantieleistungen ausschließlich mit Meisterbetrieben ab. „Für die übrigen Dienstleistungen gibt es den freien Wettbewerb“, sagt eine Sprecherin. Auf gut Deutsch: Der Preis entscheidet. Wesentlich weiter geht Vaillant Deutschland in Remscheid. „Garantiearbeiten führt ausschließlich der Werkskundendienst aus“, erläutert Natascha Swientek, Leiterin Zielgruppenmarketing. „Darüber hinaus werden wir auch nach Beauftragung durch unsere Handwerkspartner tätig.“ Mit anderen Worten: Der SHK-Betrieb, der die Heizung installiert hat, tritt dann als Auftraggeber von After-Sales-Leistungen auf.

Da hat es Albrecht leichter. Seine Fertigungsteile müssen vor und nach Ablauf der Garantiefrist passen. Darüber hinaus wirbt er mit besonderen Dienstleistungen: Wenn der Kunde nicht ausreichend Kapazitäten frei hat, lagert der Handwerksunternehmer die georderten Produkte bis zum Abruf bei sich ein. Zwei Auftraggeber haben dieses Angebot bereits angenommen.

kerstin.meier@handwerk-magazin.de

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