Antidiskriminierung: Mobbing beweisen

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Urteil des Monats

Bei Mobbing von Mit­arbeitern haftet der Chef. Wer was beweisen muss, sagt das LAG Düsseldorf.

Mobbing unter Mitarbeitern muss der Chef zügig unterbinden. - © PeskyMonkey/iStockphoto

Mitarbeiter nicht mobben

Der Fall

Mobbing im Betrieb kann hohe Forderungen auslösen. So geschehen bei einer 52-jährigen Diplom-Ökonomin aus Solingen, die 893 000 Euro Schmerzensgeld von ihrem Arbeitgeber forderte. Zwischen ihr und ihren Vorgesetzten waren über Jahre hinweg die Fetzen geflogen. Die Streitereien waren richtig in Fahrt gekommen,  nachdem sie einen Kündigungsschutzprozess wegen angeblichen Arbeitszeitbetrugs gewonnen hatte. Seither ging es um die Formulierung eines Zwischenzeugnisses, den Verbleib eines Buches oder um die Übernahme von Fortbildungskosten. Vor dem LAG behauptete die Klägerin, die Chefs hätten sie fortwährend beschimpft und die Ergebnisse ihrer Arbeit als „Null“ bezeichnet. Mitarbeiter hätten sich ungestraft über sie lustig machen dürfen. All dies sei in seiner Gesamtheit Mobbing gewesen, und da die bisher in Deutschland ausgesprochenen Geldstrafen deutlich zu niedrig ausgefallen seien, fordere sie eben die 893000 Euro.

Das Urteil

Die Düsseldorfer Richter jedoch wiesen die Klage ab, weil sich nach ihrer Gesamtabwägung weder eine eindeutige schikanöse Tendenz noch irgendwelche Belege für Persönlichkeitsverletzungen gezeigt hätten. Die Ökonomin habe kein jahrelanges systematisches Anfeinden, Schikanieren oder Diskriminieren nachweisen können. Auch mehrere einzelne Diskriminierungen seien noch kein Mobbing. Ein schlechtes Zwischenzeugnis zum Beispiel hätte sie gerichtlich überprüfen lassen können. Unwillige Äußerungen ihrer Chefs dürfe man nicht auf die Goldwaage legen. Die Arbeitnehmerin sei schließlich auch kein Kind von Traurigkeit gewesen und habe ihre Vorgesetzten ihrerseits mit Vorwürfen überzogen und eine angebotene Mediation, also eine außergerichtliche Konfliktlösung durch einen neutralen Dritten, abgelehnt. Zur horrenden Höhe des Schmerzensgelds musste sich das LAG nicht äußern, weil es die Klage abgwiesen hatte.

Die Praxisfolgen

Mobbingopfer können grundsätzlich nicht nur ihre Kollegen, sondern auch den Chef auf Schmerzensgeld verklagen, wenn er sie nicht ausreichend vor Anfeindungen schützt. Bisher wurden ihnen in der Regel zwischen 2000 und 5000 Euro, in Extremfällen aber auch schon bis zu 40000 Euro zugesprochen. Die Betroffenen müssen vor Gericht Details vortragen und beweisen, dass systematisches Mobbing stattfand. Das heißt, die Vergehen müssen über einen längeren Zeitraum immer wieder vorgekommen sein. Die Düsseldorfer Richter betonen jedoch, dass auch länger andauernde Konfliktsituationen zum Arbeitsleben gehören können und nicht jede taktlose oder unsensible Handlung oder Äußerung eines Vorgesetzten Mobbing ist.

Tipp: Das Urteil macht deutlich, dass die Hürde für rechtlich relevantes Mobbing sehr hoch liegt. Gerrit Naber aus Euskirchen bei Köln, Fachanwalt für Arbeitsrecht, rät daher: „Chefs sollten die Beschwerden von Betroffenen auch im eigenen Interesse ernst nehmen, Streithähne trennen und zur Not Ermahnungen oder Abmahnungen aussprechen.“