Mit der Ente durch das Königreich der Khmer

Kambodscha-Reise | Im Citroen 2CV durch Südostasien? Handwerksjunioren aus Münster haben dieses Abenteuer auf vier Rädern gewagt und kamen mit überwältigenden Eindrücken wieder zurück.

Mit der Ente durch das Königreich der Khmer

Im Dschungel, in den Dörfern am Rand der Landstraßen, vor den Hotels in den wenigen Städten, am Strand – wo auch immer die sieben knallgelben „Enten“ auf ihrer Fahrt durch Kambodscha anhalten, da sind sie sofort umringt von staunend lächelnden Einheimischen. Da fahren doch tatsächlich Touristen in Kolonne mit merkwürdig aussehenden Gefährten durch das Königreich der Khmer. Mit dem 2CV, dem kleinen Citroën, der zwar längst nicht mehr gebaut wird, aber hierzulande unter der Bezeichnung „Ente“ Kultstatus erlangt hat.

Für die Reise in einem solchen Fahrzeug gab es natürlich einen Grund. Thomas Franz kennt nicht nur den Grund, er ist Initiator der Tour. Die Idee zur Reise mit dem 2CV entwickelte der Handwerksunternehmer aus dem westfälischen Senden bei einem „Ententreffen“ gemeinsam mit dem Wiener Reiseveranstalter Walter Tretenhahn. „Ente Franz“ ist bei 2CV-Besitzern in ganz Deutschland als Spezialist für Reparatur und Restaurierung dieser Fahrzeuge bekannt. Der Kraftfahrzeugmechaniker beschäftigt sich seit mehr als 25 Jahren mit dem Kultobjekt, das er schon zu Studentenzeiten fuhr. Seine Werkstatt heißt „Die Ente“ – damit ist alles gesagt. Und weil Thomas Franz auch gern verreist, diskutierte er mit Walter Tretenhahn über eine Tour irgendwo durch Indochina.

Tour für Handwerker

Die beiden machten Pläne, und Thomas Franz schickte neun Fahrzeuge auf die Seereise nach Kambodscha. Die „Raid Cambodia“ (Kambodscha-Tour) konnte starten. Im Spätherbst wurde die 12-tägige Reise speziell für die Handwerks-junioren aus dem Kammerbezirk Münster angeboten. Bei denen ist Thomas Franz als Vorsitzender des Freundeskreises aktiv. 13 Teilnehmer fanden sich schnell.

Dann startete das Abenteuer: Zwei Personen pro Auto, ein Begleitwagen mit dem einheimischen Mechaniker, Werkzeug für alle Fälle, weit über 1000 Kilometer auf zum Teil gut asphaltierten Straßen. Am ersten Tag sind die Hände noch am Lenkrad festgekrallt und nass geschwitzt, doch die Anpassung an das landesübliche Verhalten im Straßenverkehr ist schnell geschafft: Einfach losfahren, alle anderen machen das auch. Vor allem die Mopeds. Bis zu fünf Personen auf so einem Zweirad sind keine Seltenheit. 23 Mitreisende in einem Minibus auch nicht – dazu das Gepäck etwa einen Meter hoch auf dem Dach gestapelt, darauf noch ein paar Menschen, die sich irgendwo festhalten.

Auf dem Land ist das Fahren entspannter. Allerdings zwingen auf den Dschungelpisten schon mal Elefanten zum schnellen Abbremsen und in den Dörfern Kühe, die plötzlich über die staubige Fahrbahn trotten.

Die Enten-Tour startet in Siem Reap. Die quirlige Stadt mit vielen baulichen Erinnerungen an die französische Kolonialzeit des Landes ist Ausgangspunkt für die Besichtigung der Tempelanlagen von Angkor Vat. Dieses größte religiöse Bauwerk der Erde aus dem 12. Jahrhundert gehört zum Weltkulturerbe. Mit Hunderten von Tempeln und Palästen ist das gesamte Angkorgebiet der kulturelle Höhepunkt der Kambodscha-Reise. Hier gibt es auch die meisten Touristen, vorwiegend US-Amerikaner und Japaner, zunehmend auch Europäer. Die Zahl der Kambodscha-Besucher stieg seit 2004 von damals einer Million jährlich auf 1,7 Millionen.

Lotusgärten, bunte Märkte und Reisfelder säumen den Weg zu den schwimmenden Dörfern des Tonle Sap, einem riesigen See, dessen Fischbestand eine wichtige Ernährungsgrundlage für einen Teil der Bevölkerung ist.

Schwitzen hinterm Lenkrad

Bei der Fahrt durch Phnom Penh schwitzen noch einmal die Hände am Lenkrad des 2CV, doch das Hotel wird problemlos erreicht. Zu den Sehenswürdigkeiten in der Hauptstadt des Königreichs Kambodscha fährt dann aber das Tuk-Tuk, eine Art motorisierte Rikscha, in der bis zu vier Personen Platz haben.

Die Besichtigung des Königspalastes und des berüchtigten Gefängnisses S-21 (Tuol Sleng) könnte kaum gegensätzlicher sein. Die prunkvolle Anlage der Khmer-Könige und nur einen Stadtteil entfernt die steinerne Erinnerung an die Schreckensherrschaft der Roten Khmer, die Kommunisten, die einen Teil des eigenen Volkes umbrachten. Das war vor gerade 30 Jahren.

Die Fahrt zum Golf von Siam bringt einen wieder auf andere Gedanken. An den traumhaften Stränden von Sihanoukville haben auch die „Enten“ ein paar Tage Verschnaufpause. Fahrer und Beifahrer planschen im 28 Grad warmen Ozean, genießen in kleinen Lokalen direkt an der Wasserkante Fisch, der gerade erst gefangen wurde, und bestaunen bei einem Angkor-Bier den Sonnenuntergang. Kambodscha mit der „Ente“ – das ist Abenteuer auf vier Rädern.

Hubertus Kost

reinhold.mulatz@handwerk-magazin.de