Mehr Umsatz durch Urlauber

Regionalmarketing | Sie sind stolz auf Ihre Region und die besonderen Produkte? Eine neue Inititiave zeigt, dass sich Handwerk und Tourismus perfekt ergänzen. Nutzen Sie dieses Potenzial für Ihr eigenes Geschäft.

Mehr Umsatz durch Urlauber

Von der Anisbrezen bis zum Landbier die „Genussregion Oberfranken“ lockt mit zahlreichen Besonderheiten: „Das Pfund, mit dem wir wuchern können, sind unsere Spezialitäten“, bestätigt Thomas Zimmer von der Bäckerei Lang in Bayreuth. Er meint damit etwa Anisbrezen und Bratwurst, nicht zu vergessen das fränkische Landbier. Viele kleine Betriebe prägten das Nahrungsmittelhandwerk in Oberfranken, sie könnten traditionelle und vor allem auch saisonale Produkte flexibel herstellen.

Schon die Anzahl der Betriebe macht die Region zu etwas Besonderem, Oberfranken soll sogar weltweit die meisten Brauereien, Metzgereien und Bäckereien pro Fläche und Einwohner haben. „Das haben aber selbst die Oberfranken bis vor kurzem nicht gewusst“, sagt Zimmer, der auch Vizepräsident der Handwerkskammer Oberfranken ist.

Schilder an der Autobahn

Heute ist das anders: An allen Autobahnabfahrten nach Oberfranken locken große Schilder in die „Genussregion Oberfranken“. Betriebe des Nahrungsmittelhandwerks, Gastronomie, Hotellerie und Landwirtschaft haben sich zu dieser Marketinggemeinschaft zusammengeschlossen, mit dem Ziel die große Vielfalt an Spezialitäten für den Tourismus zu vermarkten: Bier, Brezen und Bratwürste als Synonym für Oberfranken und ein Grund die Region zu besuchen.

Besondere Marketingideen hat Thomas Zimmer schon umgesetzt, bevor es die Genussregion gab. Etwa als er die traditionellen Pfeffernüssle als nachgewiesenes Lieblingsgebäck von Jean Paul Richter vermarktet hat der Schriftsteller ist in Bayreuth fast genauso bekannt wie Richard Wagner. Trotzdem sagt er, dass ein Betrieb allein wenig erreichen kann. „Als Einzelkämpfer würde ich mich nicht auf den Marktplatz stellen. Aber wenn dort 100 Betriebe sind, die sich alle vom Feinsten präsentieren, dann funktioniert es.“

Die Handwerkskammer Oberfranken hat deshalb den Verein „Genussregion Oberfranken“ gegründet, die ersten Betriebe sind bereits nach strengen Kriterien zertifiziert: Wer mit dem Logo der Genussregion werben will, muss einen Qualitäts- und Hygienecheck absolvieren und sich verpflichten, die Spezialitäten seines Betriebs zur Aufnahme in ein Gesamtverzeichnis zu benennen.

Jeder der Mitgliedsbetriebe zahlt rund 100 Euro jährlich Teilnahmegebühr, dafür produziert der Verein einheitliches Werbematerial, wirbt auf Messen und organisiert gemeinsame Aktionen wie den Bierwettstreit in Forchheim. „Früher haben wir uns hier als Randgebiet ohne besondere Attraktionen definiert“, sagt Thomas Zimmer. Heute stärke die „Genussregion“ das Selbstverständnis vor Ort. „Die Betriebe erkennen, dass sie tolle Produkte haben, die sie vermarkten können.“ Das spreche Touristen an, überzeuge aber auch die Kunden vor Ort.

Neue Kunden locken

Den eigenen Betrieb für Touristen interessant zu machen gelingt auch in anderen Regionen. Das Handwerk sei oft sogar ein wichtiges Standbein für den Tourismus, sagt Otto Kentzler, Präsident des Zentralverbands des Deutschen Handwerks (ZDH). Umgekehrt profitierten die ansässigen Betriebe von der Nachfrage der Gäste, und auch einheimische Kunden würden den regionalen Qualitätsprodukten mehr Wert beimessen.

Um dieses Potenzial noch mehr Betrieben zu öffnen, haben Bundeswirtschaftsministerium und ZDH im März das Internetportal „Handwerk und Tourismus“ gestartet. Die Seiten sollen Betriebe, Kommunen und Tourismuspartner zu eigener Initiative vor Ort anregen. Die Idee sei, dass sich Handwerksbetriebe noch stärker mit ihren regionalen Qualitäten identifizierten und diese professionell vermarkten, um so zur Entwicklung der gesamten Region über den Tourismus beizutragen, sagt Carsten Benke vom ZDH, der das Projekt „Handwerk und Tourismus“ mitentwickelt hat. „Ausgangspunkt sind immer ortstypische Besonderheiten, die es fast überall gibt.“ (siehe Interview rechts).

Ein Projekt, das seit 2004 erfolgreich das traditionelle Handwerk mit dem Tourismus verknüpft, ist die Ferienstraße „Handwerk erleben“ in der Oberlausitz. „Anfangs haben wir einen Aufhänger gesucht, wie man die Touristenattraktion Umgebindehaus, eine europaweit einmalige Architektur der Oberlausitz, mit Leben füllen kann“, sagt Lars Neitzel von der Marketing-Gesellschaft Oberlausitz. Schnell war mit dem traditionellen Handwerk der Region, wie Weber- oder Blaudruckerbetrieben, ein idealer Partner gefunden.

Handwerk zum Mitmachen

Hauptwerbemittel der Ferienstraße ist ein Informationszentrum im gut besuchten Barockschloss Rammenau. Mitglieder der Ferienstraße sollten bestimmte Voraussetzungen erfüllen: Sie müssen ein traditionelles Handwerk ausüben und entweder die Produkte repräsentativ zum Kauf anbieten oder in Schauwerkstätten produzieren.

Das Haus Spinnwebe, ein Betrieb der Ferienstraße in Eibau in der Oberlausitz, zeigt, dass dieses Konzept aufgeht. Handwebmeisterin Karla Tröger hat sogar ihr ganzes Unternehmen auf den Tourismus ausgerichtet. „Wir verbinden Übernachtungsangebot, Webekurse und unsere ganz normale Produktion“, sagt Tröger.

Mitte der 90er Jahre hat sie ein historisches Umgebindehaus gekauft und restauriert. Heute klappern hier vier Webstühle, Tröger und ihre Mitarbeiter weben Stoffe und schneidern daraus Kleidung, Gardinen oder Dekorationstextilien. Besucher können ihnen dabei über die Schulter schauen oder in speziellen Kursen das Weben selbst probieren. „Zu uns kommen inzwischen Gäste aus ganz Deutschland“, sagt Karla Tröger, „die meisten übernachten im Haus und schauen dann auch in unsere Werkstatt und den Laden.“

Sandra Rauch

kerstin.meier@handwerk-magazin.de