Kunden im Kaufrausch

Konsum 2011 - Schluss mit Sparen, die Konsumstimmung der Verbraucher ist laut GfK-Marktforschung im Höhenflug. Ideal aus Sicht des Handwerks: Nicht der Preis, sondern die Qualität entscheidet.

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    Friseur Björn DonnerKeine Laufkundschaft, kein Schnitt-to-go und keine Rabatte: Friseurmeister Björn Donner in Oering setzt seit der Gründung des Salons 2007 konsequent auf Qualität und individuelle Beratung. Bei ihm zählt der Kunde als Mensch, nicht als Umsatzbringer.
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    Das Konsumklima ist so gut wie schon die letzten drei Jahre nicht mehr.
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    „Die Kunden suchen heute verstärkt den Reiz des Neuen und Besonderen.“Wolfgang Adlwarth, Konsumklima-Experte der GfK-Marktforschung in Nürnberg.
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    © Henning Angerer
    Heizungsbauer Ralph PuschMit seiner lebenslangen Garantie für Heizanlagen bedient der Sanitär- und Heizungsfachmann in Crivitz das Sicherheitsbedürfnis der Verbraucher so perfekt, dass heute über 95 Prozent der Kunden einen Garantievertrag für 15 Jahre unterschreiben.
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    Geiz ist nicht mehr geil, die Verbraucher achten beim Einkauf immer stärker auf die Qualität.

Kunden im Kaufrausch

Hereinkommen, hinsetzen, Umhang anlegen und losschneiden – für Friseurmeister Björn Donner ist das branchenübliche Ritual der absolute Servicekiller: „Beim Friseur geht es schließlich nicht nur ums Haareschneiden, sondern um den Kunden und seine Persönlichkeit.“ Im Jahr 2007 vom Kuhstall zum Salon umgebauten Bauernhof in Oering (Schleswig-Holstein) gehen deshalb alle Spiegel bis zum Fußboden, jeder Kunde erhält neben der üblichen Frisurempfehlung auch Tipps zum persönlichen Erscheinungsbild. Ziel ist es, so Donner, den Kunden ganzheitlich zu beraten und damit die Kompetenz seines Berufsstands zu unterstreichen: „Wir wollen unsere Leistung nicht mit Rabatten unter Wert verkaufen, ein Haarschnitt kostet bei uns immer zwischen 42 und 47 Euro.“

Obwohl der Tarif für eine knapp 1500 Einwohner zählende Gemeinde schon bei der Gründung vor vier Jahren außergewöhnlich war, entwickelte sich der abseits jeglicher Laufkundschaft liegende Salon prächtig. Stolze 15 Mitarbeiter verwöhnen heute die Kunden, die Wartezeiten für einen Termin betragen bis zu drei Wochen. Imagecoach Donner war von Beginn an vom Erfolg seiner Strategie überzeugt: „Ich habe bei der Gründung alles auf eine Karte gesetzt, denn das übliche Friseur-Discount-Geschäft war für mich nie eine akzeptable Alternative.“

„Geiz ist geil“ hat ausgedient

Zufälliger Erfolg eines wagemutigen Gründers oder logische Folge einer cleveren Marketingstrategie? Die Experten der Nürnberger „Gesellschaft für Konsumforschung“ (GfK) haben darauf eine klare Antwort: „Statt Geiz ist geil dominiert inzwischen Reiz ist geil, die Verbraucher suchen zunehmend den Reiz des Neuen und Besonderen“, bringt Konsumklima-Experte Wolfgang Adlwarth den sich seit Jahren abzeichnenden Trend in der Verbraucherstimmung auf den Punkt. So hat sich der während der Krise 2008 in den Keller gestürzte GfK-Konsumklima-Indikator wieder prächtig erholt (siehe Grafik), bei den Konsumausgaben erwarten die Marktforscher für 2011 ein Plus von 1,5 Prozent. Das klingt eher mager, ist aber gegenüber dem abgelaufenen Jahr 2010 eine Steigerung von 300 Prozent: „Deutschland befindet sich im Konsumrausch, die neue Konsumfreude entwickelt sich zu einer nachhaltigen Stütze der Binnenkonjunktur“, kommentiert der GfK-Vorsitzende Klaus L. Wübbenhorst die Ergebnisse.

Erfreulich für serviceorientierte Unternehmer wie Donner ist dabei die Tatsache, dass die wachsende Bereitschaft zum Geldausgeben mit einem klaren Trend zu höherwertigen Produkten und Leistungen einhergeht: Achteten 2003 nur 41 Prozent der Verbraucher beim Einkauf vor allem auf die Qualität, ist der Anteil der qualitätsorientierten Verbraucher 2010 auf stolze 49 Prozent angewachsen. GfK-Experte Adlwarth erklärt die Entwicklung am Beispiel der Lebensmittelbranche: „Der Marktanteil der Discounter stagniert seit Jahren, heute sind bei den Kunden wieder Bedienkonzepte und Service gefragt.“

Service als Wachstumsmotor

Friseurmeister Donner setzt mit seinem Konzept „des etwas anderen Friseursalons“ also auf einen Trend, der sich seit 2003 kontinuierlich verstärkt. Obwohl sein erstes Jahr als Unternehmer mitten in die Krise fiel, hat er es in nur vier Jahren vom Kleingründer mit zwei Vollzeitkräften zum überregional anerkannten Dienstleister mit Akademie, einem Show-Room in Big Apple und einer eigenen Pflegeserie „bd“ geschafft. Dabei legt er jedoch großen Wert darauf, keinen der bekannten Promi-Stylisten nachahmen zu wollen: „Bei mir erhält Lieschen Müller von nebenan die gleiche individuelle Beratung und Behandlung wie eine Hamburger Schauspielgröße.“

Es liegt wohl vor allem an dem für alle einheitlichen Servicekonzept, dass der nur 45 Autominuten von Hamburg entfernte Salon nicht zu den angesagten In-Friseuren der Hansestadt zählt. „Für die echten Promis“, schmunzelt Donner, „bin ich eindeutig zu preiswert.“

Statt in die Launen der High-Society investiert der engagierte Jungunternehmer und ausgebildete Imagecoach seine Zeit lieber in das Coaching von Jugendlichen, die für ihre ersten Bewerbungsgespräche noch tatkräftige Unterstützung in Sachen Erscheinungsbild brauchen. Das Engagement in Schulen bereitet ihm nicht nur Freude, sondern hilft natürlich auch dabei, „in der Region als kompetenter Berater und Dienstleister wahrgenommen zu werden“.

Erfolg mit lebenslanger Garantie

Ralph Pusch, Heizungsbauer im gerade mal 120 Kilometer entfernten Crivitz (bei Schwerin), hat einen anderen Weg gewählt, um die Kunden von der Qualität seiner Produkte und Leistungen zu überzeugen. „Als mich mehrere Kunden ansprachen, weil ihnen die Gewährleistung von zwei Jahren bei der Heizung nicht ausreicht, habe ich nach einer Lösung gesucht.“ Heraus kam das Konzept einer lebenslangen Garantie für Heizanlagen, die in seiner Branche nahezu einzigartig ist. Seitdem reißt die Nachfrage nicht ab, 95 Prozent der Heizungen verkauft er inzwischen mit Ga-rantievertrag: „Das ist ein tolles Alleinstellungsmerkmal und die Kunden sind wirklich begeis-tert“, freut sich der kreative Unternehmer.

Was zunächst nach glücklichem Einzelfall aussieht, lässt sich nach Auskunft der Marktforscher vom GfK-Verein durchaus mit handfesten Fakten belegen. So zeigt eine auch bereits im vergangenen Jahr durchgeführte Studie zum „Bedeutungswandel von Werten“, dass für 70 Prozent der Deutschen das Thema Sicherheit nach wie vor an Bedeutung gewinnt. Das gilt für Männer und Frauen gleichermaßen, auch bei den verschiedenen Altersgruppen gibt es erstaunlicherweise kaum Unterschiede

Den Kunden die Angst nehmen

Heizungsbauer Pusch kennt zwar die Studie nicht, weiß aber aus vielen Gesprächen, „dass die Kunden eine Lösung wollen, die ihnen die nächs-ten 15 Jahre keine Sorgen bereitet.“ Dass sie dafür jährlich 100 bis 150 Euro Garantieaufschlag zahlen müssen, ist nach Puschs Einschätzung kein Problem, da sie dafür ein Rundum-sorglos-Paket erhalten. Das Geld „parkt“ der Unternehmer in einem Solidartopf, aus dem er etwaig anfallende Reparaturen finanziert. Bei jeder Wartung erhält der Kunde 50 Euro Treuebonus, so dass bei einer kalkulierten Lebensdauer von 15 Jahren schon 750 Euro Startkapital für eine neue Heizung im Gutscheinheft stehen. Obwohl das Garantieversprechen noch keine zehn Jahre läuft, geht die Rechnung laut Pusch für alle Beteiligten auf: „Bislang mussten zwei bis drei Kessel erneuert werden, da schrumpft zwar die Rücklage, aber es ist immer noch ein Überschuss da.“

Da Pusch und sein Team nicht nur Heizungen einbauen, sondern auch Solaranlagen und Bäder, hat er den Betrieb im Rahmen der „Uptodate-Offensive“ zum „Profi im Handwerk“ zertifizieren lassen. Das von den Unternehmern Rolf und Udo Steffen in Alsdorf entwickelte Management- und Qualifizierungsmodell für Handwerksbetriebe vermittelt den teilnehmenden Firmen innerhalb von zwei Jahren wertvolles Know-how aus den Bereichen Organisation, Controlling, Mitarbeiterführung und Kundenorientierung. Am Ende der zweijährigen Lern- und Umsetzungsphase steht die Zertifizierung durch den TÜV Hessen. „Die Lebenslang-Garantie deckt nur einen kleinen Teil unserer Leistung ab, das TÜV-Zertifikat bezieht sich auf das gesamte Unternehmen, die Abläufe und auch die Mitarbeiter“, erklärt Ralph Pusch den Unterschied.

Keine Aufträge um jeden Preis

Lohnt sich der Aufwand für einen Handwerker mit regionalem Einzugsgebiet? Ulrich C. Heckner, Unternehmensberater im bayerischen Kastl, kennt die Diskussionen um Preis und Qualität aus langjähriger Erfahrung: „Der Kunde setzt die Organisation der Arbeit über den Preis der Arbeit, das müssen die Betriebe endlich verstehen.“ Schließlich sorge die demografische Entwicklung kontinuierlich dafür, dass es die Betriebe verstärkt mit älteren Kunden zu tun haben. Da aber mit dem Alter die Bedeutung des Preises als Entscheidungskriterium abnimmt, müssen die Betriebe laut Heckner verstärkt in Service und Kundenorientierung investieren.

Während sich Friseurmeister Donner „einfach kein anderes Konzept vorstellen konnte“, sieht sich Heizungsbauer Pusch durch die Krise in seiner Philosophie bestätigt. „Wir haben auch 2008 auf Qualität gesetzt und seriös kalkuliert, dadurch haben wir zwar auf manchen Auftrag verzichten müssen, sind aber wirtschaftlich gut durch das Tief gekommen.“ Einige Wettbewerber, die nur über den Preis akquirierten, seien dagegen vom Markt verschwunden. „Wer zu billig verkauft, kann langfristig nicht überleben“, ist der Heizungsbauer überzeugt.

kerstin.meier@handwerk-magazin.de

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