Kein leichtes Schnäppchen

Gebrauchte Software | Mit dem Kauf von Programmen aus zweiter Hand können Handwerker auf den ersten Blick Kosten sparen. Allerdings: Der Teufel steckt im Detail, und auf den zweiten Blick offenbaren gerade die rechtlichen Rahmenbedingungen manch böse Überraschung.

Malermeister Michael Vogler hat sich eine neue Branchensoftware für sein Unternehmen gekauft. Secondhand-Programme kommen für Ihn nicht in Frage. - © Andreas Bröckel

Kein leichtes Schnäppchen

Für Michael Vogler ist die Sache klar: „Secondhand-Software stand für uns nie zur Debatte.“ Eine professionelle Handwerkersoftware mit einem Wartungsvertrag sei auch für Kleinbetriebe durchaus finanzierbar. „Und hat man mal ein Problem, so wird das von unserem Kundenberater über den Wartungsvertrag in 24 Stunden erledigt“, so der Handwerksmeister aus Hallbergmoos.

Doch die Einsicht von Maler Vogler teilt nicht jeder Chef. Obwohl der Markt undurchdringlich ist und viel Gebrauchtsoftware auf dem Graumarkt verschoben wird, gehen doch seriöse Schätzungen von einem Marktanteil hierzulande zwischen zwei und fünf Prozent aus. Zudem können Unternehmen, so schätzen Marktforscher, beim Zweithand-Kauf zwischen 20 und maximal 50 Prozent sparen. In Zeiten knapper Kassen ein verständliches Argument. Indes: Das ist nur die eine Seite der Medaille.

Das erste Problem ist die Rechtslage. Sie war beim Erwerb von gebrauchter Software noch nie eindeutig. Der Bundesgerichtshof hat im Jahr 2000 Grundprinzipien aufgestellt. Danach dürfen Anwender ihre Standardsoftware verkaufen, wenn sie die Software samt Originaldatenträgern weitergeben, der Verkäufer keine Kopien zurückbehält und der Käufer die Lizenzbedingungen anerkennt. Anderslautende Weiterverkaufsverbote in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Softwareherstellers stehen dem Weiterverkauf der Software in diesen Fällen nicht entgegen, da sie als unwirksam zu betrachten sind. Trotzdem bleibt die Rechtslage unsicher: „Bestimmte Nutzungsbeschränkungen können auch in AGB wirksam sein, so dass der Käufer prüfen muss, ob sie für ihn passen.

Hinzu kommt, dass andere Maßstäbe dann gelten, wenn die Software nicht verkauft, sondern zeitlich befristet überlassen, also vermietet wurde. Dann kann der Weiterverkauf auch in AGB wirksam untersagt werden.


Grauzone Lizenzmodelle

„Die Abgrenzung zwischen Kauf und Miete ist angesichts der vielfach sehr komplexen Lizenzmodelle oft eine Grauzone“, urteilen Florian Schmitz und Daniel Winteler, Rechtsanwälte der Frankfurter Kanzlei Clifford Chance (siehe Interview).

Ebenso können andere Maßstäbe gelten, wenn die Software nicht verkauft, sondern „zeitlich befristet überlassen“, also vermietet wird. Dann kann ein Weiterverkauf vom Hersteller wirksam untersagt werden. „Wird die Software nicht auf Basis von AGB, sondern mit einem individuell verhandelten Vertrag erworben, kann dem Lizenzinhaber der Weiterverkauf auch beim Kauf von Software wirksam untersagt werden“, urteilen Florian Schmitz und Daniel Winteler.

Um eben diese „individuell verhandelten“ Verträge geht es bei spezifischer Handwerkssoftware für größere Unternehmen oftmals. Das sind dann beispielsweise besonders rabattierte Angebote, weil der Handwerker gleich mehrere Lizenzen für die Anbindung seiner Filialbetriebe kauft. Diese Lizenzen lassen sich nicht ohne Weiteres auf einen anderen Betrieb übertragen.

Einige Anbieter von gebrauchter Software wissen von diesem Problem und zünden so manche Nebelkerze: Sie raten Handwerkern etwa dazu, sich die Legalität ihrer Lizenzrechte von einem Notar testieren zu lassen. Dieses Testat ist aber ein Papier ohne Wert, denn ein Notar kann die Rechtmäßigkeit der Übertragung nicht attestieren. Erst ein sogenanntes Audit, also eine Inventarisierung des Softwarebestands, etwa durch eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, bringt Klarheit.


Vorsicht bei Online-Auktionen

Ähnliches gilt bisweilen auch für Programmeinzelteile (etwa Excel-Software, die zu einem Office-Gesamtprogramm gehört). Wer etwa bei Online-Auktionen ein besonders günstiges Officepaket von Microsoft oder ein billiges Windows-Betriebssystem ersteht, muss vorsichtig sein. Spätestens dann, wenn das dubiose Angebot keine Originalverpackung, kein Handbuch und auch keine Original-CDs umfasst, sollten Unternehmen von diesem vermeintlichen „Schnäppchen“ Abstand nehmen. Schließlich kaufen Handwerker bei der Gebrauchtware keineswegs automatisch die Wartungsrechte mit.

So wird Malermeister Vogler mit seiner neuen Handwerkslösung die Möglichkeit des mobilen Aufmaßes integrieren. Alle Daten, die er für das Aufmaß benötigt, lassen sich vor Ort beim Kunden in einen handelsüblichen Taschencomputer eingeben. Etwas, das Firmenchef Vogler in Eigenregie sicher nicht hinbekommen hätte.

Fazit für Unternehmer, die gebrauchte Software kaufen wollen: Neben der Frage, ob ein Kauf- oder ein Mietvertrag vorliegt oder ob ein Standard- oder Individualvertrag dem ursprünglichen Erwerb des Verkäufers zu Grunde liegt, kann es auch auf den Vertriebsweg der Software ankommen.

„Es bleibt also nichts anderes übrig, als immer den Einzelfall zu prüfen“, lautet deshalb die Quintessenz von Florian Schmitz und Daniel Winteler. Und Händler, die sich beim Kauf oder Verkauf von gebrauchter Software allein auf das alte BGH-Urteil verlassen, können schnell verloren sein, denn die Softwareindustrie wacht mit Argusaugen darüber, wer ihre Lizenzen in welchem Umfang weiterverkauft.

Sven Hansel

reinhold.mulatz@handwerk-magazin.de