Innungsleben aufgefrischt

Handwerksorganisation Vor allem jüngere Unternehmer halten Innungen oft für verstaubt. Die bayerischen Zimmerer wollen jetzt mit einer neuen Satzung „light“ für mehr Zulauf sorgen.

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    Immer weniger jüngere Unternehmer übernehmen eine Funktion in den Innungen der Handwerkskammerbezirke Halle und Erfurt.

Innungsleben aufgefrischt

Peter Aicher ist ein glühender Verfechter des Innungswesens im Handwerk. „Wo wären wir denn heute, wenn es die Innungsarbeit nicht gegeben hätte?“, fragt der Präsident des Landesinnungsverbandes des Bayerischen Zimmererhandwerks (siehe Interview). Aber auch Handwerksunternehmer Aicher muss erkennen, dass Innungen, die fachliche Basisorganisation im Handwerk, stark unter Mitgliederschwund leiden. In Westdeutschland sind noch 40 bis 45 Prozent der Handwerksbetriebe Innungsmitglied, im Osten sind es deutlich weniger.

Dass Innungen für das Handwerk wichtig sind, darüber besteht Einigkeit in der Handwerksorganisation. Bei den notwendigen Maßnahmen zum Erhalt der Nachfolgeeinrichtung der alten Zünfte gibt es durchaus unterschiedliche Ansätze. Die bayerischen Zimmerer haben jetzt einen neuen Reformvorschlag vorgestellt. Eine Innungssatzung „light“ soll vor allem jüngere Unternehmer wieder stärker zur Innungsarbeit motivieren.

Ein Teufelskreis

Der Mitgliederrückgang der letzten Jahre brachte den meisten Innungen schrumpfende Budgets ein, was wiederum Einschnitte beim Leistungsangebot erforderte. Das führte zur Unzufriedenheit der Mitglieder und in der Folge zu weiteren Austritten. „Ein Teufelskreis“, hat Markus Glasl vom Münchner Ludwig-Fröhler-Institut in seiner Untersuchung „Erfolgsfaktoren von Innungen“ festgestellt.

Diesen Teufelskreis durchbrechen wollen die bayerischen Zimmerer mit einer neuen Mustersatzung, die Basis für eine moderne Innungsarbeit sein soll und für Innungen aller Gewerke geeignet ist. „Die alte Mustersatzung hat 80 Paragrafen, wir kommen mit 35 Paragrafen aus und bieten eine praxisgerechte Grundlösung, die von jeder Innung noch individualisiert werden kann“, erläutert Alexander Habla, Hauptgeschäftsführer der bayerischen Zimmerer. Ein Beispiel seien die Vielzahl von Ehrenämtern, die in der Neufassung der Satzung wegfallen. Bei kleinen Innungen sei es durchaus denkbar, dass nach alter Satzung jedes zweite Mitglied ein Ehrenamt bekeidet, so Habla. Für ihn ist klar, dass das wachsende Desinteresse an Innungen wesentlich an der verstaubten Handhabung von Formalien begründet liegt, die durch die alte Mustersatzung vorgegeben sind.

Leistungen verbessern

Frank Hüpers glaubt dagegen nicht, dass Innungen wegen ihrer Satzung nicht mehr attraktiv sind. Der stellvertretende Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer für München und Oberbayern sieht den Reformbedarf bei den Leistungen der freiwilligen Handwerkseinrichtungen. Kooperationen oder auch Zusammenschlüsse kleinerer Innungen könnten das Angebot verbessern und damit mehr Zulauf bringen, so Hüpers. Zwar gebe es auch bei den Formalien wie der Satzung Verbesserungsmöglichkeiten, aber entscheidend für die Akzeptanz von Innungen speziell bei jungen Unternehmern sei das nicht.

Handwerksforscher Glasl argumentiert ähnlich: „Die Mitgliedschaft ist für die Handwerker eine einfache Kosten-Nutzen-Rechnung.“ Er hat in seiner Untersuchung herausgefunden, dass 73 Prozent der befragten Innungsmitglieder Beratung und Unterstützung von ihrer Innung erwarten, der Erfahrungsaustausch rangiert mit 65 Prozent an zweiter Stelle. Für kleinere Innungen empfiehlt Glasl als Strategie für ein besseres Angebot ebenfalls die Kooperation oder den Zusammenschluss mit anderen Innungen.

Ob die Satzung „light“ der Zimmerer den Abwärtstrend bei den Innungen stoppt, bleibt abzuwarten. Forscher Glasl hat in Sachen Satzung aber einen Tipp: Innungen sollten festlegen, dass mindestens ein Vorstandsmitglied jung sein muss.

reinhold.mulatz@handwerk-magazin.de

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Details zur Mustersatzung der bayerischen Zimmerer finden Sie im Internet:
handwerk-magazin.de/innung

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