Hier ist erstklassige Leistung willkommen

Bulgarien | Die EU-Osterweiterung bringt nicht nur großen Konzernen Vorteile, sondern auch Dienstleistern im Handwerk. Flexibilität und Offenheit sind dabei der Schlüssel zu neuen Märkten.

Hier ist erstklassige Leistung willkommen

Fünf Prozent Umsatz macht Hesselbach Heizung Klima Sanitär derzeit im Ausland. Für Geschäftsführer Johannes Berenz ist das ein Erfolg. Doch der Chef des Zwölf-Mann-Betriebs bleibt realistisch: „Wir haben noch nicht so viel verdient, wie wir investiert haben“, sagt der gebürtige Grieche.

Das Auslandsengagement des Remscheider Unternehmens sieht er perspektivisch: „Im Ausland sind die Leute froh, eine derart hochklassige Leistung zu bekommen, wie sie hier in Deutschland üblich ist.“ Auf jeden Fall nutzt er das Thema als Marketinginstrument. „Wer Leistung exportiert, wertet seinen Betrieb insgesamt auf“, ist er überzeugt.

Schon 1992 – also lange vor der EU-Osterweiterung – hat sich Berenz um neue Absatzmärkte für seinen Schwimmbadbau gekümmert. Dazu reiste er durch Europa und prüfte mehrere Alternativen. Unter anderem entschied er sich für Bulgarien. Für den Vertrieb suchte er jemanden vor Ort. Die Senior-Experten vermittelten ihm einen Vertriebsspezialisten mit sehr guten Kontakten nach Sofia. Dieser akquiriert für Berenz zahlungskräftige Privatkunden oder auch Hotels, die sich ein Schwimmbad leisten wollen.

Niedrigsteuerland

Anders als Polen oder die Tschechische Republik wird Bulgarien in deutschen Medien weniger wahrgenommen. Die einzige Schlagzeile der vergangenen Wochen lautete „Boom von Gebrauchtwagenimport“ in der Zeitschrift Auto Motor + Sport. Doch das Interesse an dem Land ist zumindest bei der Handwerkskammer in Regensburg seit dem EU-Beitritt im Januar 2007 deutlich gestiegen. Die relativ gute Verkehrsinfrastruktur und die Nähe zur Türkei locken Unternehmer an, so Ludwig Rechenmacher, der in Regensburg die Abteilung Außenwirtschaft leitet. „Viele hoffen auf ein Schnäppchen, wenn sie Immobilien günstig kaufen und sanieren können“, sagt er.

Attraktiv für Investoren ist das Land am Schwarzen Meer allemal. Denn in den vergangenen Jahren wuchs die Wirtschaft fast schon stabil jedes Jahr um fünf Prozent. Zudem lockt Bulgarien mit einem sensationell günstigen Körperschaftsteuersatz von zehn Prozent. Ludwig Rechenmacher rät allerdings zu Realismus. Denn selbstredend sucht Bulgarien in erster Linie Großinvestoren, für die es ab einer Summe von fünf Millionen Euro Fördermittel bereit hält. „Auch bei den Gewerbeflächen hoffen die dortigen Kommunen eher auf jemanden, der 25 000 Quadratmeter kauft statt nur 3000.“

Hürden für kleine Betriebe

Mitko Vassilev, Geschäftsführer der Deutsch-Bulgarischen Industrie- und Handelskammer in Sofia, bestätigt im Interview, dass sich sein Land zu sehr auf Großinvestoren konzentriert. Ebenfalls wenig positiv sei es um das Thema Rechtssicherheit sowie die Mühlen der Bürokratie bestellt.

Was das in der Praxis heißt? „Ohne die Unterstützung zum Beispiel des Bürgermeisters geht in Bulgarien nichts“, berichtet der Recklinghauser Unternehmer Berenz aus seiner Erfahrung. Von den Mentalitätsunterschieden ganz zu schweigen. „Gefeilscht wird grundsätzlich immer“, blickt er auf seine Geschäfte zurück. Seine Tipps für alle, die sich für den Standort Bulgarien interessieren: ein langer Atem, willige Mitarbeiter und lediglich per Vorauskasse arbeiten, was in Bulgarien üblich sei.

Anlaufstellen

Unterstützung beim Gang ins Ausland bieten neben den Außenhandelsberatungsstellen bei den Handwerkskammern auch Handwerk International oder Unternehmerreisen der Wirtschaftsministerien der Länder. „Zudem sollten Unternehmer nach Informationsmaterial zu den jeweiligen Ländern fragen“, sagt Bettina Hansmeier, Referentin für Außenwirtschaft bei der Landesgewerbeförderungsstelle des Handwerks in Düsseldorf. Diese Stellen unterstützen bei rechtlichen Fragen oder suchen auch erste Kontakte für Unternehmer. Schließlich hat nicht jedes Unternehmen die Möglichkeit, sich auf eigene Faust einen Vertrieb im Ausland aufzubauen. Was das Beispiel Schwimmbadbau im Ausland auf jeden Fall zeigt, ist die Tatsache, dass sich Osteuropa nicht nur als güns-tiger Produktionsstandort eignet, sondern ebenfalls als Markt für das deutsche Handwerk.

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