„Handwerk ist umweltbewusst“

Interview Eine exklusive forsa-Studie zeichnet ein positives Selbstbild der Branche. Zu Recht? handwerk magazin sprach mit Karlheinz Kohl, Chef der ZDH-Zert GmbH.

k VitaKarlheinz Kohl ist seit 2007 Geschäftsführer von ZDH-Zert und stellvertretender Leiter der Zertifizierungsstelle.Zentrales Anliegen der ZDH-Zert GmbH ist die Unterstützung von Unternehmen und Organisationen aus Handwerk und Mittelstand in allen Fragen und Tätigkeiten zur Zertifizierung von Managementsystemen. Der Sitz ist Bonn.„Handwerksbetriebe sind sozial kompetenter als viele Industriefirmen.“ - © Jörn Wolter

„Handwerk ist umweltbewusst“

handwerk magazin: Auf welche Werte kann das Handwerk besonders stolz sein?

Karlheinz Kohl: Das Handwerk arbeitet in vielen Bereichen sehr professionell. Führung, Weiterbildung und Mitarbeiterförderung sind im Handwerk angekommen. Und natürlich stehen Produktqualität sowie Innovationen ganz vorne.

Nur ein Drittel der Handwerker arbeitet indes nach festen Regeln. Ist das nicht wichtig?

Das gilt meist für die kleinen Betriebe. Wer aber für die Industrie arbeitet, hat in der Regel - oft weil es verlangt wird - dokumentierte Abläufe und eine Zertifizierung. Ohne klare Vorgaben und Regeln wird es problematisch, wenn der Meister mal nicht da ist und niemand weiß, wie die Baustelle zu organisieren ist, welche Absprachen mit dem Kunden getroffen wurden.

Viele Betriebe kümmern sich intensiv um ihre Mitarbeiter. Ist das handwerkstypisch oder weiß die Branche, dass sie sich intensiv um die Fachkräfte bemühen muss?

Ja, das Thema Fachkräftemangel ist im Handwerk sehr stark angekommen. Dazu hat der ZDH auch schon viele Programme aufgelegt. Die Betriebe bemühen sich auf vielfältige Weise sowohl um Nachwuchs als auch um Fachkräfte.

Wenn die Betriebe Mitarbeiterförderungsprogramme auflegen, dann scheint das reibungslos zu laufen. Sind die Handwerker alle gute Chefs?

Das liegt an der meist engen Bindung zum Mitarbeiter und an den familiären Strukturen. Das macht es hier einfacher. Neuerungen sind aber wie überall nicht immer leicht einzuführen.

Über 80 Prozent der Firmen handeln umweltfreundlich. Überrascht Sie das?

Ja, selbst die kleinen Betriebe sind sehr umweltbewusst. Es liegt sicherlich auch an den Energiepreisen. Handwerk arbeitet kostenbewusst. Es setzt sich aber auch die Erkenntnis durch, dass man für eine lebenswerte Umwelt etwas tun muss. Und schließlich spielt die höhere Sozialkompetenz in den Familienbetrieben eine Rolle.

Hohe Werte zeigt die Studie beim Thema soziales Engagement. Wie erklären Sie das?

Lokal verankerte Betriebe leben von Mundpropaganda. Daher engagieren sie sich. Zudem halten sie Qualität, Service, Termintreue hoch. Geringes Engagement können sie sich kaum leisten.

Ist das Handwerk konservativer als andere Branchen?

Nein, die Technik geht weiter. Der Kunde erwartet innovative Produkte. Egal ob Industrie oder Handwerk, wer sich nicht weiterentwickelt wird abgehängt. In vielen praxisnahen Bereichen ist das Handwerk sogar innovativer als die Industrie.

Trotzdem haben erst 30 Prozent der Betriebe eine Zertifizierung. Warum?

Viele erkennen die Vorteile. Bessere Büroorganisation, perfekte Baustellenplanung, Zeit- und Kosteneinsparung. Doch die Einführung eines Managementsystems mit anschließender Zertifizierung bedeutet im ersten Schritt Arbeit und Zeit. Der Unternehmer will aber erst mal die Aufträge abarbeiten und seine Kunden bedienen. Zu Recht. Oft kommen die Betriebe erst, wenn die Konjunkturlage es zulässt, und nutzen dann die Zeit zur Weiterentwicklung ihres Betriebes.