Strafanzeigen gegen Firmenchefs sind keine Seltenheit mehr. Handwerker können sich im Ernstfall mit einer Spezialstrafrechtsabsicherung schützen – was die Police leistet und was sie kostet.
Guter Schutz für Unternehmer
Die Liste der Vorwürfe ist lang: Steuern hinterzogen, Sozialabgaben nicht gezahlt, Arbeitssicherheit vernachlässigt. Solchen Anfeindungen sehen sich auch Handwerksunternehmer zunehmend ausgesetzt. Dann brauchen sie Unterstützung vom Strafrechtspezialisten. Ein angemessener Rechtschutz kann helfen, wenn der gute Ruf des Chefs und seine Existenz als Unternehmer auf dem Spiel stehen. Doch der Zusatzbaustein „Spezialstrafrechtsschutz“ fehlt in vielen Firmenrechtschutzpolicen.
Auch Bauunternehmer Dogan Kodas aus Hamburg war anfangs unsicher: „Wenn der Vermittler den Vertrag erklärt, denkt man: Das wird man nie in Anspruch nehmen.“
Den Ernstfall im Visier
Aus diesem Grund und wegen der zusätzlichen Kosten hat der Unternehmer gut überlegt, ob er die Zusatzabsicherung in der R+V-Firmenrechtschutzpolice abschließt. Ein Handwerksbetrieb mit zehn Mitarbeitern muss hier mit einem Aufschlag zwischen 24 bis über 800 Euro je nach Versicherer und Tarif im Firmenrechtschutzpaket kalkulieren (siehe Tabelle Seite 57). Kodas hat sich dafür entschieden. „Man weiß ja nie, was auf das Unternehmen oder einen selbst zukommen kann“, so der 41-Jährige, dessen Bauträgerfirma KIG Immobilien GmbH mit drei Mitarbeitern in Hamburg und im Speckgürtel der Hansestadt mit Wohnungsneubauprojekten befasst ist.
Unwissenheit schützt nicht vor Strafe
Unternehmer können heute, nicht zuletzt angesichts einer zunehmenden Gesetzesflut und schärferen Haftungsregelungen, unversehens ins Visier strafrechtlicher Ermittlungen geraten. „Davor ist keiner mehr sicher“, sagt Jesko Trahms, Fachanwalt für Strafrecht aus Düsseldorf. „Schon wenn die Mitarbeiter mit dem Fahrzeug des Handwerkers unterwegs sind, keinen Führerschein haben und dann erwischt werden, kann sich der Chef strafbar machen, weil er das nicht kontrolliert hat“, so der Strafrechtsexperte.
Jeder Unternehmer trägt nach seinen Worten Sorge dafür, dass Recht und Gesetz vom Chef und seinen Mitarbeitern eingehalten werden. Denn dafür sei der Unternehmer nach dem Gesetz verantwortlich. „Unwissenheit schützt keinen Handwerker vor der Strafe“, so Trahms. Auch bei Arbeitsunfällen der Mitarbeiter können Handwerksunternehmer dem Anwalt zufolge in ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren geraten.
Neben Ereignissen mit Personen- und Sachschäden sind zudem Steuerprüfungen dafür nicht selten Ausgangspunkt. „Gerade bei Handwerkern, die mit Subunternehmern zusammenarbeiten, haben wir viele aktuelle Verfahren auf dem Tisch“, sagt der Strafverteidiger. Dabei lautet der strafrechtliche Vorwurf an den Auftraggeber - oft erst Jahre später: Die Sozialabgaben wurden nicht ordnungsgemäß abgeführt. Der Einzelunternehmer sei in Wirklichkeit scheinselbständig.
Strafanzeige ist schnell gestellt
Neben berechtigten Vorwürfen gibt es Trahms zufolge hier einen großen Graubereich. „Da wird von den Sozialversicherungsträgern schnell etwas angenommen, was der rechtlichen Wirklichkeit nicht entspricht.“ Klassischer Ausgangspunkt für strafrechtliche Ermittlungen gegen Handwerksunternehmer ist die Strafanzeige: ob von Nachbarn, vermeintlich Geschädigten oder einem frustrierten ehemaligen Mitarbeiter und zunehmend durch einen wirtschaftlichen Konkurrenten, wie der Strafrechtsspezialist beobachtet. Mehrere Fälle dieser Art habe man in jüngster Zeit bearbeiten müssen.
„Mit anonymen Anzeigen von Mitbewerbern wird der Markt inzwischen hart bereinigt“, bestätigt Rechtsanwältin Ines Kilian aus Dresden. In anderen Fällen wird beispielsweise dem Handwerksunternehmer, der ausstehende Forderungen in einem Prozess einklagt, unterstellt, er hätte dort nicht die Wahrheit gesagt. „Das sind Kriegsschauplätze, mit denen man nicht rechnet: versuchter oder vollendeter Prozessbetrug. Das geht aus rechtlicher Sicht nur vorsätzlich“, sagt die Fachanwältin für Strafrecht.
Strafrechtschutz kaum bekannt
Bei der obligatorischen Frage nach einer Strafrechtschutzversicherung, die jeder Rechtsanwalt vor der Mandatsübernahme stellt, verneinen nach Trahms Erfahrung jedoch neun von zehn Unternehmern. Oft sei den Betroffenen gar nicht bekannt, dass es eine Möglichkeit gibt, ein solches Risiko über eine Versicherungsgesellschaft überhaupt abzusichern.
Andere Handwerksunternehmer fallen aus allen Wolken, wenn sie erst in einer brenzligen Situation erfahren, dass der Rechtsschutz für die Firma das Risiko einer strafrechtlichen Ermittlung nicht abdeckt. So erlebt es die Dresdener Strafverteidigerin des Öfteren. Denn bei einer Standard-Firmenrechtschutzversicherung handelt es sich nur um eine Grundabsicherung. Und die hilft nicht weiter, sobald der Handwerksunternehmer mit Vorwürfen der Ermittlungsbehörden konfrontiert wird, die nach dem Gesetz nur vorsätzlich begangen werden können. Dazu zählen vorsätzliche Straftaten wie Untreue, Kreditbetrug, wettbewerbsbeschränkende Absprachen bei Ausschreibungen sowie Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr.
„Auch wenn ein solcher Vorwurf nur als Verdacht im Raum steht, braucht der Unternehmer dann eine Spezial-Strafrechtschutzversicherung“, sagt Makler Bert Heidekamp aus Berlin. Wer diesen Schutz in Erwägung zieht, muss allerdings die Konditionen seines Versicherungsvertrags genau prüfen: „Entscheidend ist, dass im Strafrechtschutz nicht nur fahrlässige Delikte, sondern auch Vorsatztaten abgesichert sind“, so Strafverteidigerin Kilian. ◇
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