Kürzungen beim Gründungszuschuss: Interview mit Andreas Lutz

Mit dem „Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt“ hat die Bundesregierung Kürzungen beim Gründungszuschuss beschlossen. Andreas Lutz, Autor des Standardwerks "Gründungszuschuss und Einstiegsgeld" äußert sich im Interview über die Änderungen und deren Auswirkungen.

Dr. Andreas Lutz, Fachjournalist, Existenzgründungsberater und Autor des Standardwerks "Gründungszuschuss und Einstiegsgeld". - © Andreas Lutz

Herr Lutz, der Gesetzgeber hat Kürzungen beim Gründungszuschuss beschlossen. Was sind die wichtigsten Änderungen?

Lutz: Der Gründungszuschuss wird von einer Muss- zu einer Kannleistung. Gründer haben künftig keinen Rechtsanspruch mehr auf die Förderung, sondern erhalten sie nur im Rahmen des zur Verfügung stehenden Budgets. Zugleich wird dieses Budget um 74 Prozent gekürzt. Wer gefördert wird, erhält den Zuschuss nur noch sechs statt neun Monate in voller Höhe (Arbeitslosengeld I + 300 Euro monatlich). Zudem muß die Gründung früher erfolgen: Fünf statt bisher drei Monate Restanspruch auf Arbeitslosengeld I müssen mindestens noch vorhanden sein.

Ist die Regelung, den Gründungszuschuss als Ermessensentscheidung zu gewähren Ihrer Meinung nach sinnvoll?

Lutz: Nein. Angesichts des Umfangs der Einsparungen bleibt nicht viel an Ermessen übrig. Mit der Frage, wer denn künftig noch gefördert werden soll oder nicht, lässt der Gesetzgeber die Berater bei den Arbeitsagenturen allein. Das wird zu Willkür und zu regional sehr unterschiedlichem Entscheidungsverhalten führen. Davor hat die Bundesagentur selbst mehrfach gewarnt.

Denken Sie, dass Personen, die sich selbständig machen möchten, benachteiligt werden könnten?

Lutz: Bisher haben die Berater bei den Arbeitsagenturen die Gründer unterstützt und ermutigt, sich selbständig zu machen. Künftig müssen sie nach dem Haar in der Suppe suchen, um ihre Ablehnungsquote erfüllen zu können. Das wird viele abschrecken, überhaupt erst einen Antrag zu stellen. Viele Gründungsinteressierte ringen ohnehin mit sich, ob die Selbständigkeit die richtige Entscheidung ist, sie brauchen meist eher Ermutigung, um diesen Schritt zu gehen. Wer nicht andernorts Unterstützung erfährt, wird große Nachteile haben.

Welche Auswirkungen haben die Änderungen Ihrer Meinung nach auf die Gründer und auf die Nachfolger?

Lutz: Wer es richtig anstellt, hat auch künftig sehr gute Chancen auf den Gründungszuschuss. Die zeitliche Investition lohnt sich, denn immerhin geht es um bis zu 18.000 Euro. Wir raten unseren Kunden, zu uns zu kommen, noch bevor sie das erste Mal mit der Arbeitsagentur sprechen, denn gleich beim ersten Gespräch werden die entscheidenden Weichen gestellt.

Wer seine Karten nicht von Anfang an richtig ausspielt, wird von den Arbeitsagenturen gnadenlos darauf verwiesen werden, eine angestellte Tätigkeit anzunehmen, auch wenn sie einen völlig unterfordert, deutlich schlechter bezahlt ist oder weit vom Wohnort entfernt ist.